René Rast: Das Loch nach der irren Aufholjagd
Am Ende Zweiter hinter Paffett: René Rast
Enttäuschung war bei René Rast kaum zu erkennen. Viele Beobachter glauben, dass zwei Runden mehr beim letzten Rennen in Hockenheim gereicht hätten. Dann wären seine Audi-Markenkollegen Nico Müller und Robin Frijns wohl an Gary Paffett vorbeigezogen und der Coup wäre perfekt gewesen.
Doch hätte, hätte...Am Ende wurde der Brite zum zweiten Mal nach 2005 Meister, weil die beiden Runden fehlten. Rast blieb der Vizetitel. Platz zwei – hätte man dem Deutschen das im Juni nach einem weiteren enttäuschenden Rennwochenende am Norisring erzählt, er hätte schallend gelacht. In Gesprächen betonte Rast während der Saison immer wieder, man schaue nur nach Einzelergebnissen. Mal ein Highlight setzen, das war die Devise.
Am Ende wurde die ganze zweite Saisonhälfte mit am Ende historischen sechs Siegen in Serie zu einem Highlight. Aber ohne Happy End.
«Keiner hat damit gerechnet, dass wir einen Rückstand von 100 Punkten aufholen werden. Das ist eine Geschichte, die gibt es im Motorsport so eigentlich gar nicht. So ein Comeback habe ich noch nie gesehen. Dass wir eine so überlegene Marke wie Mercedes einholen, ist der Wahnsinn. Selbst Gerhard Berger hat damals gesagt: Das ist uneinholbar. Zum Schluss sind wir ganz dicht rangekommen», sagte Rast.
Audis Aufholjagd lag nicht nur an Rast und seinem fahrerischen Können, sondern auch an anderen Komponenten. Zum Beispiel am Setup, das während der Saison zu einem wichtigen Teil verändert und neu justiert wurde. Audis Motorsportchef Dieter Gass verriet zudem, dass man nicht nur beim Setup etwas gefunden hat. Der angeblich schwächste Motor im Feld wurde einer Inspektion unterzogen, daneben auch eine Zündkerze ausgetauscht. «Wir haben alles ausgeschöpft, was technisch regelkonform war», so Gass.
Gass weiter: «Außerdem spielten uns die Rennverläufe in die Karten und auch die Luftdruckänderung (Reifenkaltluftdrücke waren keine Empfehlung mehr, sondern eine Vorgabe, Anm.d.Red.), die ich zuerst kritisch sah. Aber das war nicht zu unserem Nachteil. Dieser Mix hat uns unter dem Strich die drei Zehntel gebracht, die gefehlt haben.»
Vor allem die Luftdrücke waren für die Aufholjagd wichtig, da sie nicht nur Audi halfen, sondern auch Mercedes schadeten. Waren die Stuttgarter vorher hoch überlegen, wurden sie ab dem Nürburgring schlagbar, bekamen Probleme mit den Pneus, da sie die Empfehlung zuvor oft deutlich unterschritten hatten. Unter dem Strich kamen die Verbesserungen für Audi aber ein wenig zu spät.
Rasts Gefühlslage war unmittelbar nach dem Rennen gemischt. «Ich bin nicht super traurig, aber auch nicht mega happy. Es sind gemischte Gefühle. Auf der einen Seite bin ich glücklich wegen der Serie mit sechs Siegen, auf der anderen Seite habe ich auch ein weinendes Auge, weil ich die Meisterschaft so knapp verloren habe», sagte Rast.
Mit ein wenig Abstand zum Geschehen ändert sich manchmal die Sicht auf die Dinge. Gut möglich, dass bei dem 31-Jährigen die große Enttäuschung noch einmal durchschlagen wird. «Klar werde ich jetzt in ein kleines Loch fallen, das ist normal nach so einer Saison, weil man alles gibt, was man hat», sagte er. Rast weiter: «Ich merke schon, dass ich etwas ausgelaugt bin. Die Anspannung, die jetzt abfallen wird, zieht mich schon in ein kleines Loch rein. Das ist keine Frage. Aber wir können mit dem, was wir erreicht haben, ganz ganz zufrieden sein.»
Sein Plan für die erste Zeit nach der Saison ist klar: die Familie steht jetzt an erster Stelle. Rast weiß: «Zeit mit der Familie zu verbringen hilft am meisten. Auf dem Sofa liegen, ein paar Rennen aus dem vergangenen und diesem Jahr anschauen. Vielleicht das eine oder andere Eis essen. Einfach mal meinem Körper etwas Gutes tun. Einfach runterkommen.»