Braun-Kritik an BMW und VW: Dumm, stillos, schändlich
Rainer Braun
Volkswagen und BMW haben im Dezember für ein Beben im deutschen Motorsport gesorgt. Zunächst kündigte BMW den Ausstieg aus der Formel E nach der kommenden Saison an und trennte sich dann auch noch von den Werksteams RBM und Schnitzer.
Vor allem die Trennung vom Traditionsteam Schnitzer sorgte für Fassungslosigkeit, Fans und Fahrer sparten nicht mit Kritik an BMW.
Und VW? Stampft gleich die ganze Motorsport-Abteilung ein. Auch das ist für viele Beobachter nicht nachvollziehbar. DTM-Legende Rainer Braun nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er auf Facebook in einem Kommentar schreibt: «Was sich in den letzten Tagen und Wochen rund um diese beiden Unternehmen in Sachen Motorsport abgespielt hat, ist nicht nur dumm und stillos, sondern geradezu schändlich.»
Der Kommentar von Rainer Braun im Wortlaut:
Was haben sich VW und BMW bei ihren aktuellen Entscheidungen in Sachen Motorsport eigentlich gedacht? Sind die jetzt dem Elektrowahn völlig erlegen oder haben die beiden Welt-Unternehmen in einem Panik-Anfall ihre eigene Motorsport-Tradition gekillt? Etwa nach dem alten Filmtitel «Denn sie wissen nicht, was sie tun?» Was sich in den letzten Tagen und Wochen rund um diese beiden Unternehmen in Sachen Motorsport abgespielt hat, ist nicht nur dumm und stillos, sondern geradezu schändlich.
Da trennt sich die BMW AG nach mehr als 50 Jahren Zusammenarbeit ausgerechnet von seinem Erfolgs-Team Schnitzer in Freilassing. Und der Volkswagen-Konzern entsorgt ebenfalls nach mehr als 50 Jahren seine Motorsport-Tochter in Hannover. Auch der Zeitpunkt so kurz vor Weihnachten ist in beiden Fällen ideal gewählt – sagt mal, verehrte Vorstände in München und Wolfsburg, geht's noch?
«Volkswagen Motorsport» hat vor exakt 55 Jahren damit begonnen, aus der einst biederen Wolfsburger Marke einen ebenso ernsthaften wie höchst erfolgreichen Wettbewerber zu machen. Zuerst auf nationalem und dann auch auf internationalem Parkett. Was 1966 mit der Nachwuchs-Rennserie Formel V auf VW-Basis begann, wurde über die Marken-Cups Scirocco, Golf und Polo, die dominante Motoren-Ära in der Formel 3 bis hin zu vier Rallye-WM-Titeln und mehreren Dakar-Siegen fortgesetzt. Und mit dem ID.R-Elektro-Sportwagen hat man in jüngster Zeit sogar der Zeitenwende im Motorsport Rechnung getragen.
Das alles ist jetzt mit einem Federstrich beendet worden. Alles was die bisherigen VW-Motorsportchefs Klaus Peter Rosorius, Andre van der Watt, Kris Nissen, Jost Capito und zuletzt Sven Smeets mühsam aufgebaut hatten, wird jetzt Zug um Zug abgewickelt. Die PS-Schmiede Volkswagen Motorsport in Hannover, Ikarusalle 7a, wird es in einigen Monaten nicht mehr geben. Was für ein Armutszeugnis für das Mutterhaus in Wolfsburg.
Und dann der Fall Schnitzer. BMW schmückte sich über 50 Jahre lang mit den Erfolgen des Rennstalls und dann entzieht man dem Partner kurzerhand den Status eines Werksteams. Etwa nach dem Motto «Danke, war nett mit Euch, aber jetzt brauchen wir Euch nicht mehr.» Ist das der Dank für viele Titelgewinne und Siege in der Tourenwagen- EM, -WM, ALMS, DTM sowie den berühmten 24 h-Langstrecken-Klassikern in Spa, Le Mans und am Ring? Schämt Euch in der Münchener BMW Motorsport-Zentrale.
Dabei musste das Schnitzer-Team in letzter Zeit schon mit dem Tod von Dieter und Charly Lamm einen schrecklichen Doppel-Verlust hinnehmen. Zumindest um die Personalie Charly Lamm hatte es vor dessen Tod bereits im Zusammenhang mit der BMW-Sportführung in München fragwürdige Vorgänge gegeben, die ich hier nicht auch noch näher ausbreiten will.
Wer nun geglaubt hat, dass der fast 80-jährige Senior-Chef Herbert Schnitzer und sein Sohn Herbert Junior (39) aufgeben würden, hat sich getäuscht. Statt zu resignieren und den Rennstall zuzusperren, suchen Senior und Junior zunächst erst mal nach einem neuen Betätigungsfeld im Rennsport. Herbert Schnitzer, seinem Sohn und seiner ganzen Mannschaft würde ich so sehr wünschen, dass sie einen neuen Partner finden, mit dem sie BMW so richtig um die Ohren fahren können.
Das wäre dann auch die passende Antwort auf den Fußtritt aus München. «Zugesperrt wird erst, wenn gar nix mehr geht», meinte der kämpferische Senior-Chef.