DTM kurios: Gibt es keinen offiziellen Meister?
Der Titelkampf wird kurios
Das hat es in der langen Geschichte der DTM so noch nicht gegeben: Es ist nicht auszuschließen, dass die Traditions-Rennserie am Sonntag nach dem letzten Rennen keinen Meister hat. Zumindest keinen offiziellen. Dafür sorgt die Tatsache, dass das Team Winward Berufung gegen eine Entscheidung der Sportkommissare angekündigt hat.
Was war passiert? In der 22. Runde des Samstags-Rennens hatte der Gesamtführende Liam Lawson den Mercedes von Philip Ellis im Schöller-S nach einer Berührung gedreht. Die Rennleitung hatte den Vorfall untersucht, entschied dann aber, nichts zu unternehmen. Lawson wurde Dritter und steht jetzt bei 224 Punkten.
Aufnahme aus der Totale
Die Rennleitung hatte eine Aufnahme von einem Hubschrauber zur Verfügung und damit eine Totale von oben. «Da sah es für mich so aus, dass Ellis nicht gesehen hat, dass Lawson neben ihm war und seine normale Linie gewählt hat und ihm vor‘s Auto gefahren ist. Deshalb hatte er mehr Schuld an dem Dreher», erklärte Rennleiter Niels Wittich in Sat.1.
Das hatte Titelkonkurrent Kelvin van der Linde, der Vierter wurde und 206 Zähler hat, auf die Palme gebracht, da der Südafrikaner vergangene Woche in Hockenheim für eine Berührung von Lawsons Ferrari (durch die sich Lawson aber nicht drehte), eine Fünf-Sekunden-Strafe erhalten hatte. Daraus wurde, weil van der Linde sie nicht beim Stopp absaß, eine Zehn-Sekunden-Strafe, durch die er Zehnter statt Sechster wurde.
Die Situation in Hockenheim sei anders gewesen, da van der Linde zum einen großen Schaden am Ferrari angerichtet und zudem einen Platz gutgemacht habe, so Wittich.
«Wir als Promoter akzeptieren voll und ganz die Entscheidung der Sportorganisation, auf deren Kompetenz wir uns voll umfänglich verlassen», ließ wiederum DTM-Manager Frederic Elsner auf Nachfrage verlauten.
Keine Frage: Nicht nur bei Abt und van der Linde war der Ärger groß, sondern auch bei Mercedes-AMG, die mit Maximilian Götz als Gesamtdritten (205 Punkte) noch ein heißes Eisen im Feuer haben. Das Ellis-Team Winward legte nach dem Rennen Protest ein, der aber am frühen Abend als «nicht zulässig» abgelehnt wurde.
Der Grund: ebenfalls kurios, denn Formfehler führten zur Ablehnung. So war das Event (Norisring) falsch benannt, auch Ort und Datum waren teilweise falsch.
Winward hat anschließend fristgerecht Berufung angekündigt. Bedeutet: Wenn innerhalb von 96 Stunden (also innerhalb von vier Tagen) die Berufung vom Team schriftlich bestätigt und die Berufungsgebühr entrichtet wird, geht der Vorgang an das DMSB-Berufungsgericht. Der Status Quo bedeutet bereits, dass das Ergebnis vom Samstag nicht offiziell und die Angelegenheit ein schwebendes Verfahren ist.
Heißt: Lawson geht vorerst mit 18 Punkten Vorsprung vor van der Linde und 19 Punkten vor Maximilian Götz in das finale Rennen am Sonntag. Der Idealfall: Der Champion hat am Ende so viele Punkte Vorsprung, dass mögliche Änderungen beim Ergebnis vom Samstag unerheblich sind.
Aber: Ist das nicht der Fall und sollte das Verfahren schwebend bleiben, weil die Ankündigung der Berufung nicht zurückgezogen wird beziehungsweise sollte tatsächlich Berufung eingelegt werden, wäre die Titelentscheidung am Sonntag noch nicht final. Die Meisterschaft müsste dann möglicherweise am Grünen Tisch entschieden werden. Der gesamte Prozess würde Wochen dauern. Ungewiss, wann die DTM dann einen offiziellen Meister hätte.