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Kulturschock: DTM-Einladungsrennen Kyalami 1990

Von Friedbert Holz
Geschichten aus einer anderen Zeit: Unser Autor Friedbert Holz war lange Jahre BMW-Pressesprecher fürs schnelle Fach. Diesmal erinnert er sich an einen exotischen Trip nach Südafrika.

November 1990, die DTM-Saison war bereits gelaufen. Doch die Veranstalter-Organisation ITR hatte mit einem Gegenpart in Südafrika einen spannenden Deal abgeschlossen: ein Rennen auf der immerhin 1 800 Meter hoch gelegenen Formel-1-Piste von Kyalami. Das «Yellow Pages 200»-Rennen, benannt nach einem Wochenblatt- und Telefonbuch-Verlag dort, hatte als Sponsor die deutsche Renn-Truppe zu sich eingeladen. Und so reisten zwei Dutzend DTM-Boliden, jeder säuberlich verpackt in einen Container, per Schiffstransport an die südlichste Spitze Afrikas.

Auch wir, eine Gruppe deutscher Medienvertreter und ich, wollten uns dieses Spektakel nicht entgehen lassen, flogen nach Johannesburg. Während die Journalisten per Bus in ihre Hotels gebracht wurden, hatte mich unser dortiger Pressemann mit seinem Dienstwagen abgeholt. Denn BMW hatte schon damals ein eigenes Werk in der Nähe der Hauptstadt Pretoria, sowie eine dazu gehörende Verwaltung. Als wir in Richtung der Innenstadt von Johannesburg fuhren, hörten wir im Radio von einem Mord auf offener Straße. Für mich ein Schock, doch mein Kollege klang eher gelangweilt, versuchte mich zu beruhigen: So etwas geschehe hier sehr oft!

Angekommen im Hotel, einem Prachtbau mit riesigem, echtem Wasserfall in der Lobby, gabs an der Rezeption die zweite Warnung: Wenn ich das Hotel in die City verlassen wolle, solle ich doch aus Sicherheitsgründen etwaigen Schmuck und Armbanduhr abgeben. Zudem sei es nicht ratsam, viel Bargeld mit sich zu führen, die Kriminalität sei halt hoch. Wie wahr: Kaum saß ich zwei Stunden später mit unseren Pressegästen in einem Straßen-Café, waren plötzlich Schüsse und lautes Geschrei zu hören – nur etwa 100 Meter entfernt von uns hatten Räuber gerade einen Juwelier überfallen, am hellen Tag!

Auch auf dem Weg von Johannesburg zur malerisch gelegenen Rennstrecke ein Kulturschock: Während wir in unserem schicken Wohlstandsauto auf der gut asphaltierten Autobahn dahinfuhren, gingen rechts und links der Fahrbahn einheimische Frauen mit ihren Kindern entlang, voll gepackte Taschen auf dem Kopf, aber barfuß. Manche zogen eine Ziege hinter sich her oder einen kleinen Handwagen, im Abstand von nur wenigen Metern zu Lkws, Bussen und Autos.

Die Strecke von Kyalami machte einen gepflegten, wenn auch etwas in die Jahre gekommenen Eindruck. Der einstige Glanz der Formel-1-Ära war verblichen, trotzdem hatten die Fahrer viel Spaß. Am Ende des Trainingstages gabs einen Empfang in der schicken Racing Lounge, einem großen, weiß getünchten Haus mit Reet-Dach, innen herrlich gekühlt. Hier traf sich die ganze Renn-Szene, wir unterhielten uns bei leckeren Snacks und feinen Drinks. Wir – das waren ausschließlich weiße Menschen, das gesamte Personal aber bestand aus Farbigen: Für uns Gäste schien Rassentrennung in Südafrika immer noch zu existieren.

technische Revolution bei Mercedes

Am Renntag standen immerhin 42.000 begeisterte Zuschauer rund um die Strecke, bejubelten sehr enthusiastisch die bunten Rennautos, vor allem ein knallgelbes mit blauer Camel-Schrift. Es handelte sich um den Mercedes 190 Evo II von Roland Asch. Das Besondere an diesem Auto war einerseits sein Transportweg, denn es hatte, weil es in Stuttgart sehr spät fertig geworden war, per Jumbo-Jet eingeflogen werden müssen. Der Grund dafür lag in seiner zweiten Besonderheit – es hatte als erstes DTM-Rennauto ein ABS-System installiert. Dies erlaubt ein spätes Bremsen auch in eine enge Kurve hinein problemlos – ein riesiger Vorteil in einem Rennen mit hoher Leistungsdichte.

Schwabe Asch ließ damit auch nichts anbrennen: Im ersten der beiden Rennen wurde er zwar noch Zweiter hinter Markenkollege Klaus Ludwig, doch das zweite Rennen gewann er souverän vor dem Zakspeed-BMW M3 von Armin Hahne und Ludwig, war damit also in der Addition Gesamtsieger. Ein Jahr später, beim zweiten der beiden Gastrennen in Kyalami, aber drehte Johnny Cecotto den Spieß um und ließ sich im Bigazzi-M3 als Sieger vor den Mercedes-Fahrern Kurt Thiim und Klaus Ludwig feiern.

Unsere Gäste und ich freilich genossen 1990 noch einen Spaß ganz anderer Art. Über eine Agentur hatten wir, quasi zur Abrundung eines besonderen Renn-Wochenendes, einen Kurz-Aufenthalt im Krüger-Park buchen lassen. In einer kleinen Propeller-Maschine flogen wir von Johannesburg zu einem winzigen Flugplatz mitten im Outback, zum Camp Sabi-Sabi. Als der Flieger gut auf der Rumpel-Piste gelandet war, genossen wir eine Übernachtung hier im Buschland, wurden von Löwen auf der Terrasse vor unserer Schlafzimmer-Tür geweckt. Wir bestaunten in der Dämmerung der afrikanischen Nacht vorbei ziehende Giraffen und wild galoppierende Nashörner, gut bewacht von unserem Ranger im Jeep, der sein Gewehr immer schussbereit im Anschlag hatte.

Auf dem Rückflug kam ich ungewollt sogar noch in eine Nebenrolle als Bonbon-Girl: Weil es ein paar Journalisten nicht ganz so gut ging, verteilte ich auf den Rat unserer Stewardess Süßigkeiten im Flieger, stilecht «verkleidet» mit einem provisorischen Handtuch-Häubchen.

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