Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Audi-Pilot Jamie Green: Das verkannte F1-Talent

Von Andreas Reiners
Trauriger Blick zurück: Jamie Green

Trauriger Blick zurück: Jamie Green

Zur Formel 1 hat es für DTM-Pilot Jamie Green nicht gereicht. Auch wenn der Brite das Zeug dazu wohl gehabt hätte.

Als Jamie Green darüber sprechen soll, warum es mit der Formel 1 nicht geklappt hat, wird der Brite nachdenklich. Er überlegt lange, ehe er mit einem Lächeln fragt: «Hast du den ganzen Nachmittag Zeit, um dir alle Gründe anzuhören?» Dann holt der Audi-Pilot aus und erzählt seine Geschichte. Einen Nachmittag hat es zwar nicht gedauert, aber es wird sicher länger gedauert haben, bis Green selbst seine verpasste Chance abgehakt hat. «Vom Talent her könnte ich ein guter Formel-1-Fahrer sein. Man bekommt im Leben aber nicht immer das, was man verdient», sagt Green. Wenn man sich anschaue, wen er in der Formel 3 besiegt habe, dann sehe man, dass er es schaffen könne. «Dann kann ich aber auch DTM-Meister werden», sagt Green. Geschafft hat er auch das bislang nicht.

Aber von vorne: Dank seiner Sponsoren fand Green traditionell über den Kartsport den Weg in die höheren Klassen. 2002 trat er in der britischen Formel Renault an, wurde Gesamtzweiter und ließ dabei auch einen gewissen Lewis Hamilton hinter sich. Es ging munter weiter: 2003 fuhr er in der britischen Formel 3, ein Jahr später in der damaligen Formel-3-Euroserie, die traditionell Sprungbrett in die GP2 oder auch in die Formel 1 war. Green holte den Gesamtsieg, die Tür schien zumindest ein Stück weit offen zu sein. «Ich hätte zuerst in die GP2 wechseln sollen, nachdem ich in der Formel 3 war. Wir hatten zudem einen Vertrag mit Mercedes während meiner Formel-3-Karriere. Und nachdem ich die Formel 3 gewonnen hatte, wollte Mercedes mich für die DTM», erklärt Green.

Das Geld fehlte

Was fehlte, war das, was Talenten fast immer fehlt: Geld. Seine Sponsoren wollten etwas zurück, und in der DTM konnte Green für ein festes Gehalt fahren. «Sie hatten ja dafür gesorgt, dass ich überhaupt so weit gekommen bin. Die andere Möglichkeit war, dass sie ein wenig mehr Geld ausgeben und ich in die GP2 wechseln kann. Es war aber das erste Jahr der GP2, die Autos waren noch nicht so verlässlich», sagte Green. Er und sein Manager entschieden sich zunächst für den sichereren Weg – in die DTM.

Da war der Formel-1-Zug aber noch nicht abgefahren. Da Green den McLaren Autosport Award für junge Fahrer gewonnen hatte, durfte er 2004 eine McLaren-Testfahrt absolvieren. «In Silverstone durfte ich zwei Mal zehn Runden fahren. Am selben Tag wie Lewis Hamilton. Ich war wirklich schnell, aber mir wurde nie ein richtiger Test angeboten und ich habe die Chance als richtiger Testfahrer nie bekommen», sagt Green. Er arbeitete 2005 und 2006 parallel zu seinem DTM-Engagement für Mercedes aber weiter als Simulator-Testfahrer für McLaren.

In der DTM machte sich Green schnell einen Namen. Vor allem als Mister Pole Position. Sechs Mal der Schnellste im Qualifying in zwei Jahren, aber kein einziger Sieg: «Meine Technik beim Start ist einfach falsch gewesen. Das war dann psychologisch schwierig und es war eine harte Zeit», sagt Green. Damals hatte sich die Formel-1-Karriere dann endgültig erledigt, denn Green musste sich entscheiden: Ganz oder gar nicht. Er entschied sich für die DTM und beendete die Testerei bei McLaren. «Ein DTM-Auto zu fahren ist anders als ein Formel-1-Auto oder einen Simulator zu fahren. Und das so oft zu machen hat sicher auch nicht geholfen. Ich wollte erst in der DTM gewinnen. Außerdem wollte wohl auch das DTM-Team 100 Prozent von mir.»

Erster Sieg Ende 2007

Die Probleme beim Start legte er ab und die Siege kamen dann Ende 2007, obwohl er kein konkurrenzfähiges Auto hatte. Es sei ein hartes Jahr gewesen, gibt Green zu. Zumindest bis Barcelona 2007, wo ihm sein erster Sieg in der DTM gelang. «Von da an ging es wieder bergauf, ich hatte wieder das Gefühl, gewinnen zu können. Die ersten beiden Jahre habe ich immer nur allen zeigen wollen, dass ich gewinnen kann.» Trotzdem weiß er: «Wenn ich in der DTM am Anfang gewonnen hätte, dann hätte ich vielleicht die Chance in der Formel 1 bekommen. Einfach, weil ich den guten Eindruck aus der Formel 3 bestätigt hätte. Aber weil ich die ersten zweieinhalb Jahre nicht gewonnen habe, habe ich den Eindruck verblassen lassen.»

Bei ihm selbst sind die Erinnerungen allerdings noch sehr frisch. Ob er denn traurig über die verpasste Chance sei? «Ja, natürlich. Da hilft es ja auch nichts, zu heulen. Wenn ich so talentiert bin, dann muss ich in der DTM gewinnen. Bisher habe ich die Meisterschaft noch nicht gewonnen, aber das Potential ist auf jeden Fall da, auch mit Audi», sagt Green, der nach acht Jahren bei Mercedes nun bei Audi eine neue Herausforderung sucht. Und einen neuen Weg, endlich den Titel zu holen. «Aber wie ich gesagt habe, das muss nicht dieses Jahr sein.»

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