Bernd Schneider ist 60: Erinnerungen an frühe Jahre
Der Name Bernd Schneider taucht zum ersten Mal 1984 in der Formel Ford 1600 auf. Der 20 Jahre alte Saarländer gilt als erfolgreicher Kart-Pilot und verschafft sich sofort Respekt in der von Ford geförderten Formel-Nachwuchsklasse. Stets begleitet und behütet von seinen motorsportbegeisterten Eltern, die sich aber immer unauffällig im Hintergrund hielten.
Die guten Resultate gleich im ersten Monoposto-Jahr blieben auch dem damaligen Ford-Sportchef Lothar Pinske nicht verborgen. So erhielt Bernd ein «Ford-Förderpaket» für die höherwertige und schnellere Formel Ford 2000, wo er 1985 ebenfalls alle Erwartungen erfüllte.
Logische Konsequenz war der Aufstieg in die Formel 3. Und an diesem Punkt kommt sein Berater und Manager Werner Heinz ins Spiel.
Die Verbindung mit dem Sport-Manager aus Trier war aus meiner Sicht für Bernd ein wahrer Segen und auch entscheidend für seine weitere Karriere.
Unter der Regie von Werner Heinz wurde aus dem stillen und fast scheuen Saarländer ein selbstbewusst auftretender Rennfahrer mit klaren Zielen. Bernd war damals übrigens erst der zweite Kunde des späteren Super-Managers, der im Laufe der Jahre mehr als ein Dutzend Spitzensportler und Sponsoren vertrat. Als ersten Großsponsor besorgte er für Bernd den Autopflegemittel-Hersteller Sonax. Die Verbindung mit dem Manager sollte rund 20 Jahre halten.
Heinz schickte seinen neuen Schützling 1986 sogleich ins Fegefeuer des damals noch intakten und harten Titelkampfs der deutschen Formel 3.
Im Team des Holländers und späteren Bridgestone-Sportchefs Kees van der Grint verschaffte sich Bernd im Cockpit eines Reynard-VW schnell Respekt und gewann kurz vor Saisonschluss in Zolder sein erstes F3-Rennen.
Nun interessierten sich auch andere F3-Top-Teams für den Shooting-Star, Manager Heinz sondierte und wählte das fränkische Formel-3-Team von Horst Schübel für seinen Mandanten und die F3-DM-Saison 1987 aus.
Gleichzeitig konzentrierte Ford seine Junior-Förderung nun auf die DTM und präsentierte für 1987 die «Ford Youngsters». Zusammen mit seinen früheren Formel-Ford-Kollegen Manuel Reuter und Frank Biela trat Bernd nun in einem 350 PS starken Ford Sierra XR4TI Turbo in der DTM an.
Das Doppelprogramm DTM/Formel 3 steckte er genauso locker weg wie Frank Biela. Reuter hatte seine Formel-Ambitionen nach einem schweren Unfall 1986 in Erding bereits beendet und konzentrierte sich nur noch auf Rennautos mit Dach.
Dass ich von Ford offiziell beauftragt wurde, die drei Junioren 1987 zu begleiten und mit ihnen hinsichtlich Auftritt und Außenwirkung zu arbeiten, war sicher eine meiner schönsten und erlebnisreichsten Aufgaben.
Mir war sofort klar, dass ich mit dem Trio echte Fighter vor mir hatte, denen die Zukunft gehört. Was die Drei in der DTM 1987 abgeliefert haben, war schon gewaltig. Ich denke da zum Beispiel an die Avus in Berlin, wo alle drei Ford-Boys die erste Startreihe bevölkerten. Und Kollege Schneider allen auf und davon fuhr – bis er mit gut 250 Sachen in die Leitschiene krachte und einen sicheren ersten DTM-Sieg wegwarf. Wenn schon, denn schon: An diesem Tag hat Bernd gleich zwei Mal ganze Arbeit geleistet, denn auch die Formel 3-Führung endete abseits der Piste …
Dafür sprang er für den Rest der F3-Saison mit seinen Gegnern gnadenlos um und gewann im Schübel-Dallara-VW sieben von neun Rennen, womit er als einer der Rekord-Sieger in die deutsche F3-Geschichte einging.
Das Doppelprogramm überstand er mit Bravour, zeigte keine Schwächen beim schnellen Wechsel vom Formel-Rennwagen in den Sierra oder umgekehrt. Und genau diese Gabe des schnellen und problemlosen Umschaltens von einem Fahrzeug-Konzept zum anderen hat gezeigt, was für ein Potential in Bernd steckt.
So wurde 1987 zum Schlüsseljahr für ihn und seine weitere Karriere, die ich ab 1988 mal als hinreichend bekannt voraussetzen möchte. Viel wichtiger ist mir an dieser Stelle nochmal zu schildern, wie ich Bernd in diesem so wichtigen DTM- und Formel 3-Jahr 1987 als Mensch, als Typ erlebt habe.
Er ist mir als ein stiller, fast scheuer Typ in Erinnerung, dem man jedes Wort erst mühsam entlocken musste. Dafür festigte Bernd seinen Ruf als ultimatives Fahrtier mit jedem weiteren Rennen, aber die Journalisten-Kollegen hatten zunächst ein Problem mit ihm, weil aus ihm kaum was rauszuholen war.
Im Verbund mit Manager Heinz verbesserte sich die Gesprächskultur auf dieser Ebene dann aber Schritt für Schritt. Aus dem großen Schweiger wurde mehr und mehr ein flott parlierender, sicher und bestimmend auftretender Profi.
Unsere Wege trennten sich, als Bernd von Zakspeed in die Formel 1 berufen wurde und erst Mitte 1991 wieder mit Mercedes in die DTM zurückkehrte.
Ab diesem Zeitpunkt rückte er durch die DTM-Übertragungen bei 3sat und ZDF wieder in mein Blickfeld. Ich hatte das Vergnügen, einen Teil seiner Siege und Meistertitel als TV-Kommentator zu begleiten. Und eines muss sicher noch angemerkt werden – erst in seinen Mercedes-Jahren ist Bernd zum Superstar gereift, bevor er seine einzigartige Laufbahn 2008 im Alter von 44 Jahren beendet hat.
Wenn ich Bernd heute mal zu einem persönlichen Gespräch treffe, habe ich einen in sich ruhenden, souveränen und zufriedenen Menschen als überzeugten Mercedes-Marken-Botschafter vor mir. Wohl wissend, dass er diesem Unternehmen letztlich seine größten Erfolge und seine andauernde Popularität verdankt.
Und überhaupt – es ist geradezu unglaublich, was aus den drei ehemaligen Ford-Youngsters von 1987 im Laufe der Zeit geworden ist. Der «Schneidermeister» ist der absoluter DTM-König mit insgesamt fünf Titelgewinnen, seine Kumpels Reuter und Biela haben wenigstens je einmal als DTM-Champions abgeschlossen.
Dafür haben beide bei den 24h von Le Mans ordentlich zugeschlagen, Biela mit gleich fünf Gesamtsiegen mit Audi, Reuter mit deren zwei (Porsche und Mercedes).
Zum Schluss bleibt mir nur noch dies zu sagen: Lieber Bernd, happy 60, alles Gute und viel Gesundheit für dich und deine wunderbare Familie. Und danke für die Zeit, die wir zusammen an den Rennstrecken verbringen konnten. Ich habe das alles sehr genossen und werde all die Erlebnisse mit dir und den beiden anderen Ford-Buben in eurem ersten DTM-Jahr 1987 nie vergessen.