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DTM zu weichgespült? «Lasst die Typen Typen sein»

Von Andreas Reiners
Hat die DTM nicht selbst genug Typen?

Hat die DTM nicht selbst genug Typen?

Der Ruf nach Typen ist fast so alt wie die DTM selbst. Doch warum in die Ferne schweifen? SPEEDWEEK.COM hat sich mit aktuellen Typen der DTM darüber unterhalten.

Der DTM fehlen Charisma und Typen, die aktuellen Fahrer kennt doch eh keiner oder die komplette Serie ist zu weichgespült: Diese Vorwürfe an die DTM sind nicht neu und werden immer mal wieder herausgekramt oder von Ex-Fahrern neu aufgewärmt. Woran liegt es, dass die Rufe nach Stars oder Typen nie ganz verhallen? SPEEDWEEK.COM hat sich mit den aktuellen Typen der DTM über das Thema unterhalten.

Timo Scheider ist so ein Typ: Immer eine klare Meinung, auch bei sportlichen Seuchen stets freundlich und dazu erfolgreich. Der zweimalige Champion sieht vor allem die DTM selbst als das größte Problem. «Wenn man sich mit dem System ein wenig beschäftigt, erkennt man, dass es vielleicht auch nicht so gewünscht ist, dass man Mega-Stars hat. Denn wenn man sich aus Fahrersicht kritisch mit dem Marketing-Tool DTM beschäftigt, dann muss man sagen, dass es ums Marketing der Marke und nicht ums Marketing der Fahrer geht.»

Austauschbare Nummern

Scheider selbst ist genervt von den ganzen Forderungen, die DTM brauche mehr Stars. Die Hersteller betonen immer wieder, man wolle eigene Stars kreieren. Doch letztendlich sind es offenbar BMW, Audi und Mercedes selbst, die das verhindern. «Ich denke wir hätten in der DTM eine ganze Menge Typen, wenn man die Typen Typen sein lassen würde. Wenn man den Hersteller-Gedanken nicht so hervorheben würde. Krass ausgedrückt möchte man eigentlich nur Nummern haben, die man ohne viel Aufwand und Aufsehen austauschen kann», sagt Scheider und ergänzt: «Ich würde die Typen, die wir haben - und wir haben ein paar wirklich coole Typen in der DTM - rausposaunen und zu Stars machen. Aber am Ende sind die Hersteller diejenigen, die die Richtung vorgeben, um das Ganze in der Hand zu haben.»

Letztendlich geht es natürlich auch um die Definition des Begriffs Star oder Typ. Ist derjenige automatisch ein Star, der vorne mitfährt? Oder eher derjenige, der schlicht in der Öffentlichkeit präsenter ist? Ist ein Typ derjenige, der verrückte Dinge tut? Letzten Endes also ein Kimi Räikkönen, der dann auch noch vorne mitfährt? «Das wäre natürlich der Oberwahnsinn, aber wir haben ja in der Vergangenheit gesehen, dass so etwas nicht planbar ist. Um die Fans zu generieren brauche ich eine gute Marke und einen geilen Typen dazu, so wie Räikkönen. Aber die Hersteller probieren schon auch die Marke in den Vordergrund zu rücken und nicht den Fahrer zu groß werden zu lassen, um nicht den Fokus von der Marke wegzuziehen.»

Ähnlich sieht es auch Scheiders Audi-Teamkollege Mattias Ekström. Und auch der Schwede nennt den Finnen aus der Formel 1 als passendes Beispiel. «Schau dir Kimi Räikkönen an, wie er sich benimmt. Das ist schon außergewöhnlich. Und dieses Extreme ist das, was Otto Normalverbraucher will. Die DTM ist nicht extrem genug, um dagegen anzukämpfen. Die DTM muss extremer werden, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen», so der 35-Jährige, wie Scheider zweimaliger DTM-Champion. Und auch ein Typ, der normalerweise redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist.

Deshalb findet auch Ekström, dass sich die DTM selbst im Weg steht. «Wenn man eine Premium-Meisterschaft mit Premium-Herstellern hat, wie viel Charaktere will man, darf man und braucht man? Die DTM hätte natürlich gerne Typen wie Kimi Räikkönen. Aber ob das von den ganzen Hauptfinanzierern und vom ganzen Zirkus gewollt ist? Ich glaube nicht», so der Schwede, den die Dauerrufe nicht stören. «Ob mich jemand als Star sieht oder nicht – das geht mir sonstwo vorbei. Das Wichtigste ist und bleibt der Sport. Wenn es nicht reicht mit meinen Erfolgen, um ein Star zu werden, sondern ich dafür eine große Klappe haben muss, dann akzeptiere ich das voll und ganz.»

Auch Mercedes-Pilot Gary Paffett nimmt selten ein Blatt vor den Mund. Und der wird ihm auch nicht verboten. «Die DTM war schon immer eine Hersteller-Serie. Aus meiner Sicht sind wir aber frei darin, was wir sagen. Ich selbst bin geradeheraus und ich glaube nicht, dass ich so langweilig bin», sagte der Brite, der die ganze Diskussion nicht verstehen kann. «Wir brauchen keine Stars, sondern gute Fahrer. Es bringt nichts, wenn diese vermeintlichen Stars am Ende des Feldes fahren. Das führt zu den falschen Schlagzeilen. Wir sind ja nicht in einem Kinofilm», erklärt der Champion von 2005.

Mehr Publicity

Paffett sieht das Problem woanders. «Die Serie kreiert ihre eigenen Schlagzeilen mit der Tatsache, dass sie zu den härtesten Serien der Welt gehört. Stars braucht die DTM nicht, sondern schlicht mehr Publicity. Man will ja keine Leute in der Serie nur aufgrund ihrer Persönlichkeit. Aber die Frage ist: Lesen die Leute das? Das ist aber nicht die Aufgabe der Fahrer», meint Paffett. Sondern der DTM: «Wenn sie mehr Aufmerksamkeit wollen, müssen sie dafür sorgen, dass sie populärer wird.»

Ob nun Robert Kubica, Valentino Rossi oder jüngst Juan Pablo Montoya: Immer wieder tauchen dann aber namhafte Fahrer auf, die mit einem Engagement in der DTM in Verbindung gebracht werden. Und mit ihrem Namen die Tourenwagen-Serie bereichern sollen. Ob sie als Persönlichkeit ebenfalls eine Bereicherung sein würden, sei zunächst einmal dahin gestellt. Denn ein Ex-F1-Pilot ist nicht automatisch eine Persönlichkeit. Auf jeden Fall würden sie die Schlagzeilen generieren, die der DTM hin und wieder fehlen. Ob sie nun vorne mitfahren oder wie die meisten ihrer prominenten Vorgänger letztendlich in erster Linie nur für die mediale Vermarktung der Serie geeignet sind.

«Ich glaube, die DTM braucht keinen Star von außen. Die DTM hat einige Stars, die aus der DTM kommen. Wenn Stars von außen kommen, ist das natürlich super, aber ich glaube nicht dass die DTM das braucht», sagt Titelverteidiger Bruno Spengler. «Jeder in der DTM hat Charisma. Es gab immer Dinge die interessant waren. Ich glaube, dass die DTM über die Jahre immer besser geworden ist mit Überholmanövern, Boxenstopps, Berührungen und Emotionen», sagt der Kanadier.

Das Gesamtpaket muss stimmen

«Ich glaube, das Gesamtpaket muss einfach passen», sagt Timo Glock. «Da kommt es nicht auf eine Person, sondern auf mehrere an. Es gibt Timo Scheider, er ist zweifacher DTM-Champion. Mattias Ekström ist Champion, Bruno Spengler ist Champion und auch Gary Paffet. Das sind alles Leute, die hier schon wer weiß was gerissen haben. Die muss man in den Vordergrund rücken», so der frühere Formel-1-Pilot, der sich im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht im Herbst seiner Karriere befindet.

Dafür aber sowohl sportlich mit Platz drei in Spielberg, aber auch mit deutlichen Ansagen («Merhi gehört in die Fahrschule») für Schlagzeilen sorgte. Geschichten, die Aufmerksamkeit erregen. Und zugleich aber auch ein Problem sind. «Die Hersteller sind dann diejenigen die sagen, es ist zu viel negativ und Schlachterei wollen wir jetzt auch nicht haben. Man muss da die goldene Mitte finden und das ist das Schwierige.»

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