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DTM-Chef Aufrecht: Es muss auch polarisiert werden

Von Andreas Reiners
DTM-Chef Hans Werner Aufrecht

DTM-Chef Hans Werner Aufrecht

DTM-Chef Hans Werner Aufrecht im exklusiven SPEEDWEEK.com-Interview über die Bilanz der abgelaufenen Saison, die Erweiterung des Kalenders und die Kritik von DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck.
Herr Aufrecht, wie fällt Ihre Bilanz der abgelaufenen Saison mit ein wenig Abstand aus?

Meine Bilanz ist grundsätzlich positiv. Denn das, was wir eingeführt haben, hat funktioniert: Der verstellbare Heckflügel, der Options-Reifen und die Ausgeglichenheit des Feldes, denn wir haben im Qualifying 22 Autos, die nur acht Zehntel auseinander sind. Ich sehe zwei Dinge etwas negativ, die man allerdings im Gesamtzusammenhang sehen muss: Den Zuschauerrückgang von knapp neun Prozent und den Quotenrückgang von vier Prozent. Wir denken deshalb intensiv darüber nach, ob wir irgendwo Fehler gemacht haben. Das analysieren wir und haben wir zum Teil auch bereits analysiert. Ein Beispiel: Für unsere Zuschauer waren die Rennen nicht mehr so lesbar, wie sie es eigentlich sein müssten. Die Konsequenz daraus ist, dass wir wieder mehr Rennen gegeneinander fahren müssen und nicht den Ingenieur überlegen lassen, wo er das Auto am besten platziert, damit der Pilot ungestört auf Sieg fahren kann. Den Punkt diskutieren wir und nehmen ihn in Angriff. Wir wollen nicht den besten Strategie-Ingenieur küren, sondern den besten Fahrer ehren.

Können Sie die Pläne schon verraten?

Das möchte ich noch nicht. Denn diese ganzen Dinge müssen noch durch bestimmte Kommissionen gehen. Dem möchte ich noch nicht vorgreifen. Wir sind aber so weit, dass wir im Beirat und Vorstand im Prinzip fertig sind und die geplanten Änderungen in die Gremien geben können. Dazu gehört eine Vielzahl von Reglementsänderungen, die wir enger gefasst haben, außerhalb der bereits angesprochenen Strategiethemen.

Was sind Ihre Top 3 der Saison?

Die Premiere der DTM in Moskau gehört ganz nach oben. Viele wollten zunächst nach Moskau, aber kaum war die Entscheidung gefallen, gab es viele Pessimisten, die gesagt haben, dass alles schief gehen werde: Der Transport, womöglich keine Zuschauer, dazu ist die Strecke auch noch 60 Kilometer außerhalb von Moskau und nicht in der Stadt, wie wir es eigentlich vorhatten. Doch alle Kritiker sind Lügen gestraft worden. Es war ein super Rennen und ein super Auftritt. Punkt zwei sind DRS und die Options-Reifen, die funktioniert haben. Punkt drei sind die ganzen jungen Fahrer, die so gut eingeschlagen haben.

Und die Flop 3?

Dass wir mit manchen Veranstaltern reden und reden und reden und nichts besser wird. Damit meine ich bestimmte Sicherheits- oder Streckenthemen. Dinge, die uns nicht gefallen. Da werden wir von Jahr zu Jahr vertröstet. Deshalb mussten wir in diesem Jahr ein Exempel statuieren und sagen: ‚Jetzt ist Schluss mit den Faxen, da fahren wir nicht mehr‘. Das ist der einzige Flop für mich.

Der neue Kalender umfasst zehn Rennen. Wie wollen Sie es schaffen, dass das Programm in Zukunft ausgebaut wird?

Ich bin der erste, der sich mehr Rennen wünscht. Im Moment ist die Situation aber so, dass bei den Herstellern das Geld für mehr Rennen nicht vorhanden ist. Das müssen wir akzeptieren. Wir müssen also die Kosten weiter reduzieren, damit wir mit dem gleichen Budget mehr Rennen fahren können. Das müssen wir schaffen. Wir sind aber in Gesprächen, denn auch die Hersteller wollen eigentlich mehr Rennen fahren. Und wenn es uns gelingt, mit dem gleichen Budget mehr Rennen zu fahren, werden sie mehr Rennen fahren. Die Hersteller können die Grenzen, die sie haben, nicht sprengen.

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie von der Kritik des DMSB-Präsidenten Hans-Joachim Stuck hörten?

Es steht mir nicht zu, einen so erfahrenen Rennfahrer wie Hans-Joachim Stuck zu kritisieren. Deshalb sage ich jetzt mal, dass ich sehr überrascht war, dass er als DMSB-Präsident solche Äußerungen tätigt. Wir haben es zur Kenntnis genommen.

Darf denn ein DMSB-Präsident auf diese Art und Weise Kritik üben?

Dürfen möglicherweise ja. Ein DMSB-Präsident muss sich aber schon überlegen, was konstruktiv ist und wie wir gemeinsam vorwärts kommen. Das ist meiner Meinung nach nicht beachtet worden.

Stuck meinte unter anderem, Piloten wie Spengler oder Rockenfeller würden zu wenige Leute kennen…

Die Kritik kommt ja immer wieder. Ich finde es unberechtigt, auch diesen Menschen gegenüber. Hier ist es die Aufgabe aller Beteiligten, also von TV, Herstellern und Veranstalter, dafür zu sorgen, dass eine bessere Öffentlichkeitsarbeit für die Jungs gemacht wird. Wir haben das ausgeglichenste und beste Feld überhaupt. Wir haben die besten Fahrer, die es gibt. Sonst wäre es auch nicht möglich, dass die Piloten gerade einmal acht Zehntel auseinander liegen. Schauen Sie sich die Formel 1 an: Beim sechsten oder siebten Platz fängt das Elend schon an - mit eineinhalb bis zwei Sekunden Rückstand. Wie viele bezahlte Fahrer gibt es denn da noch?

Im Grunde die Topfahrer…

Wie viele sind das? Vielleicht zehn. Bei uns werden alle Fahrer bezahlt. Jetzt fehlt es nur noch an Kleinigkeiten. Doch jeder schiebt die Schuld auf andere, weil er ja nie selbst schuld ist. Die ARD sagt, die Fahrer seien schuld. Andere wiederum sagen, die Hersteller seien schuld. Auch da gibt es Beispiele: Früher hat Mercedes-Benz im Fernsehen tolle Spots mit Mika Häkkinen geschaltet. Davon habe ich in diesem Jahr nichts gesehen, weder von Audi, noch von Mercedes oder von BMW. Da sollen die Hersteller auch mal etwas tun. Das Fernsehen muss auch etwas unternehmen und die Fahrer sind sicher auch selbst gefragt. Mehr in der Öffentlichkeit stehen, mehr Fanclubs haben – alle müssen noch mehr ihre Hausaufgaben machen. Denn Typen sind genügend vorhanden. Wir müssen sie nur mehr zeigen.

Typen ist das Stichwort. Die ARD sagt, es fehlen die Typen. Eigentlich wäre es aber auch die Aufgabe der ARD, daran etwas zu ändern. Wäre es dann nicht auch sinnvoll, etwas an dem TV-Format zu ändern?

Das ist genau das Problem, dass jeder dem anderen die Schuld gibt. Wenn jeder einmal vor der eigenen Haustür kehren und seiner Verantwortung gerecht werden würde, kämen wir ein Stück weiter. Es reicht nicht, dass man nett ist. Es muss auch polarisiert werden. Dass Bruno Spengler beispielsweise auf dem Lausitzring Mattias Ekström zurecht den Stinkefinger zeigt und dafür auch noch bestraft wird, halte ich für falsch. Wenn wir alle nett lächeln und jeder seine Emotionen zurückhalten muss – das kann es nicht sein. Wir müssen den Fahrern die Freiheit geben, zu sagen, was Sache ist.

Stuck kritisierte auch, man müsse mehr auf die Fans hören. Wie nah ist die DTM an der Fanbasis dran?

Wir machen Befragungen und laden Fans ein, um mit ihnen zu reden und ihnen die DTM vorzustellen. Wir müssen uns öffnen, damit wir wissen, was die Leute denken. Wir analysieren auch, was in den Foren diskutiert wird. Jeder Fan, der will, bekommt bei uns ein offenes Ohr. Wir gehen aktiv auf die Fans zu, um zu hören, was los ist. Wer sagt die DTM müsse mehr auf die Fans hören, der kennt die DTM nicht.

Was kann die DTM im Umgang mit den Fans noch verbessern?

Dass wir die Konzepte professionalisieren, damit wir das Feedback noch deutlicher und schneller bekommen.

Die Fans hatten auch den Wegfall des Freitagstrainings kritisiert. Ist die Rückkehr zum Freitag eine Option?

Nein. Ich glaube, dass es unheimlich wichtig ist, dass wir das Programm konzentrieren. Beim Fußball gehen die Leute für zwei Stunden hin und haben ihren Spaß. Bei uns muss jemand zwei Tage kommen, und das kostet einen Haufen Geld. Anfangs war es sicher ein Kritikpunkt, heute haben die Menschen Verständnis dafür.

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