DTM-Chef Aufrecht: Stellen Marken in den Vordergrund
Toto Wolff, Hans Werner Aufrecht, Dr. Wolfgang Ullrich und Jens Marquardt
Hans Werner Aufrecht, zuletzt kamen viele Vorschläge, wie man die Serie attraktiver machen kann. Wie viele Veränderungen verträgt die DTM?
Das diskutieren wir auch intern sehr kontrovers: Wie radikal kann man ändern oder wie sensibel kann man schrauben? Wir sind zu der Auffassung gelangt, dass wir vorsichtig sein müssen, weil es der Zuschauer ansonsten nicht akzeptiert.
Wären denn zum Beispiel ein Abendrennen oder ein zweiter Lauf bei solch traditionellen Veranstaltungen wie am Norisring eine Möglichkeit?
Das ist denkbar. Es ist sogar denkbar, dass wir samstags und auch sonntags deutlich später fahren als heute. In dieser Saison waren wir um 15.15 Uhr fertig. Da war der Sonntagnachmittag der Leute kaputt. Darüber denken wir nach und versuchen, den Zeitplan an die Sehgewohnheiten der Menschen anzupassen. Allerdings gibt es auch andere Bedürfnisse, zum Beispiel die der Medien, Stichwort Redaktionsschluss.
Wann wird das konkret?
Ich denke, dass wir im Februar konkret werden können. Und das gilt dann auch schon für die kommende Saison. Das ist einer der vielen Punkte, über die wir reden.
Ist denn auch eine Wiederbelebung solcher Veranstaltungen wie in Wiesbaden oder im Münchner Olympiastadion eine Option?
Die Veranstaltung, die wir in Hockenheim vor der Saison machen, ist genau richtig. Da bin ich eher der Meinung, dass wir da noch eine weitere machen und das mit Testfahrten verbinden. Im Prinzip einen Tag der offenen Tür. Ich denke, dass das der bessere Weg ist.
Das große Problem bleibt die ewig lange Winterpause. Wie kann man dem entgegenwirken?
Wir hoffen, dass wir durch die Testfahrten wie vor zwei Wochen ein Thema bleiben. Da hat sich die DTM in der Vergangenheit verschlossen, jeder Hersteller hat für sich sein Programm gefahren. Heute sind die Tests öffentlich.
Die Zuschauerzahlen sind im Gegensatz zum vergangenen Jahr gesunken. Im Gegensatz zu 2010 und 2011 aber höher. Prompt heißt es, der DTM laufen die Fans weg. Wie sehr ärgert Sie das?
Ich glaube nicht, dass es uns groß schadet. Es ärgert mich aber, weil es falsch ist. Man muss sich dem aber stellen, dass es Neider gibt, wenn man erfolgreich ist. Und wenn es einen Punkt gibt, dann wird der herausgezogen. Das beste Beispiel ist im Moment die Frage, ob die DTM genügend Typen hat. Das ist unglaublich. Wie sind Typen messbar?
In dieser Diskussion wird gerne immer wieder Kimi Räikkönen als Beispiel für einen Typen angeführt…
Kimi Räikkönen ist vielleicht ein Revoluzzer. Aber wer von unseren 22 Fahrern ist kein Typ? Diejenigen, die dauernd solche Kritik üben, sollen mir mal sagen, wer von denen kein Typ ist, und sagen: ‚Der, der und der ist kein Typ, schmeißt sie raus.‘
Ich denke, was damit vor allem gemeint ist, sind wie schon angesprochen die Leute, die sich nicht den Mund verbieten lassen und das sagen, was sie denken. Die nicht nur nett sind, sondern auch polarisieren.
Ich glaube, dass sich von unseren Fahren niemand den Mund verbieten lässt. Es ist eine andere Aufgabenstellung: Wir müssen die Typen mehr zeigen, die wir haben. Wir müssen diese 22 Fahrer mehr in den Mittelpunkt stellen und nicht die Hersteller. Deshalb kann ich aber nicht sagen, dass es keine Typen sind. Wir stellen unsere Typen nicht in den Vordergrund. Wir stellen die Marken in den Vordergrund. Wir alle sind verantwortlich. Aber am Ende ist immer der andere schuld …
Timo Scheider hatte im Interview erklärt, dass die Hersteller es nicht so gerne sehen, wenn die Fahrer im Mittelpunkt stehen…
Timo Scheider sagt es wenigstens. Dann müssen solche Leute gestützt werden, indem man sagt, dass das Problem nicht die fehlenden Typen sind, sondern dass sich andere Leute in den Vordergrund spielen. Und nicht jammern, dass die Typen fehlen.
Es ist dann aber doch ein generelles Problem der DTM, denn die Premium-Hersteller wollen ja in erster Linie Autos verkaufen…
Das kann ich auch nur unterstützen. Wenn ich aber an der Beliebtheitsskala einer Serie mit partizipieren kann, ist das doch besser, als wenn jeder über die Dominanz der Hersteller spricht. Ich weiß nicht, wie ich besser Autos verkaufen kann: Wenn mein Markenbotschafter xy bekannt ist, oder wenn ein Sportchef da steht und sagt: ‚Meine Marke ist die erfolgreichste‘. Was ist denn da erfolgreicher?
Die ARD hatte beim Saisonfinale zumindest mal einen längeren Vorlauf vor dem Rennen ausprobiert…
Die lernen wenigstens. Wenn die ARD lernt und die Hersteller lernen und ihr noch darüber schreibt und der Fahrer steht tatsächlich mehr im Mittelpunkt, dann haben wir es doch geschafft.
Wäre das auch eine Möglichkeit für die Zukunft? Die Übertragung zu verlängern?
Das sollte kommen. Wir müssen den Fahrer wieder in den Mittelpunkt stellen.
Ist es denn auch denkbar, den TV-Partner zu wechseln?
Die Möglichkeit ist grundsätzlich gegeben. Ich glaube aber nicht, dass es am TV alleine liegt. Es liegt an der Zusammenarbeit aller, wie die Prioritäten festgelegt werden.