DTM-Champion Marco Wittmann: Wer ist das eigentlich?
Zurückhaltend und schüchtern: DTM-Champion Marco Wittmann
Marco Wittmann überlegte kurz. Dann startete er einen Erklärungsversuch, warum er in dieser Saison das Maß aller Dinge ist. «Für mich ist das auch nicht so einfach zu erklären. Wir haben herausgearbeitet, was mit dem M4 und meinem Fahrstil am besten funktioniert», sagte der neue DTM-Champion. Den Fahrstil habe man eingehend analysiert. Und was kam bei der Analyse heraus?
Wittmann lachte. «Man verrät ja keine Geheimnisse, wenn man schnell ist. Das behält man für sich», so der 24-Jährige, der sich bereits beim achten Saisonlauf auf dem Lausitzring zum jüngsten deutschen Meister in der DTM-Geschichte kürte und zugleich zum frühesten Champion seit 2001.
Dass Wittmann der mit Abstand schnellste Pilot im Feld war, hat er die ganze Saison über eindrucksvoll bewiesen. Doch wer ist der neue Champion überhaupt?
Gelernter Karosseriebauer
Wittmann ist gelernter Karosseriebauer. Arbeitet und schraubt auch heute noch regelmäßig im Familienbetrieb. In der DTM-Sommerpause vor seinem Meisterstück in der Lausitz schickte er seine Eltern in den Urlaub und übernahm die Arbeit. «Ich bin quasi Geselle und wenn man es so sehen will der Juniorchef», so Wittmann.
Das Interesse an Autos war durch den Motorsport schon immer groß. «Unser Marco war so klein, dass er mit seinen Füßen nicht an die Pedale kam. Damit er trotzdem fahren konnte, haben wir ihm Klötze unter die Füße geschnallt. Am Anfang wurde er noch belächelt, doch schon bald ärgerte er die älteren und vor allem größeren Gegner regelmäßig», erinnert sich Herbert Wittmann. Deswegen war es auch klar, dass er nach der Schule irgendwas mit Autos lernt. Seine Ausbildung absolvierte er aber nicht beim Vater. «Er hatte woanders gelernt. Als er zu mir gekommen ist, gab es viele Schwierigkeiten, weil ich mehr erwartet habe. Inzwischen ist er aber ein guter Karosseriebauer. Er könnte auch damit sein Geld verdienen», sagte Vater Herbert.
Geld verdient er inzwischen aber mit dem Motorsport. Seine Karriere begann er im Kart, 2004 wurde er Junior-Kart-Meister. 2007 folgte der Einstieg in die Formel BMW. Sein zweites Jahr dort beendete er als Vizemeister – hinter einem gewissen Esteban Gutierrez. Nach zwei Jahren Formel BMW folgte der Aufstieg in die Formel 3 Euroserie, 2010 und 2011 wurde er dort Vizemeister und ließ Piloten wie Valtteri Bottas oder Antonio Felix da Costa hinter sich.
2012 «parkte» BMW den Youngster schließlich als Test- und Entwicklungsfahrer, da alle sechs Autos bei der Rückkehr in die DTM bereits belegt waren. Wittmann fuhr parallel einige Langstreckenrennen. Doch die Münchner rüsteten auf, gingen 2013 mit acht Boliden an den Start. Und mit dem neuen Team MTEK. Dort kam Wittmann an der Seite von Timo Glock zum Zug. Und wie.
Auf Anhieb «Rookie of the Year»
Starke Leistungen im ersten Jahr bescherten ihm den inoffiziellen Titel «Rookie of the Year». Platz zwei in Spielberg und die Pole Position in Zandvoort waren Highlights, die er in seinem ersten Jahr setzen konnte. Vor der neuen Saison folgte dann der Wechsel zu RMG. Ein Glücksgriff für beide Seiten. In Sachen Mannschaft hat BMW an Stellschrauben gedreht und ihn beim Team RMG untergebracht, «um das Niveau nochmal zu heben. Denn er hätte im ersten Jahr mehr rausholen können. Das hat er analysiert, um in seiner zweiten Saison ein besseres Ergebnis zu erzielen», sagte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt.
Das 2013 schwache RMG-Team wurde durch Wittmann zu neuem Leben erweckt. Wittmann düpierte nicht nur die Kontrahenten von Mercedes und Audi, sondern auch die starke teaminterne Konkurrenz bei BMW wie Bruno Spengler, Augusto Farfus oder Glock. «Er war ja bei mir in der Lehre im letzten Jahr. Im Ernst, er setzt es einfach gut um. Er hat ja schon im vergangenen Jahr bewiesen, dass er Potenzial hat», sagte Glock.
Wittmann, der in Fürth geboren wurde und dort auch lebt, blieb immer bodenständig. Langweilig, würden Kritiker wohl anmerken. Der 24-Jährige ist von seinem Naturell her zurückhaltend, vielleicht etwas schüchtern. «Er ist nicht unbedingt die größte Labertasche im Fahrerfeld», sagte Ekström. Doch er weiß, was er will. Ist zielstrebig, ehrgeizig. Macht sich selbst den größten Druck. Ist eben kein Lautsprecher wie manch anderer Piloten.
Zurückhaltend und schüchtern
Der BMW-Pilot ließ in dieser Saison vor allem die Taten auf der Strecke sprechen. Und sind es nicht gerade die Erfolge, die ein unbeschriebenes Blatt auch zu einem Typen machen kann? Gleichzeitig sprach Wittmann immer wieder davon, dass er von Rennen zu Rennen denke. Was angesichts von 64 Punkten bei noch 75 zu holenden vor dem achten Saisonrennen dann doch etwas übertrieben vorsichtig wirkte.
Doch der 24-Jährige ist ein perfektes Beispiel dafür, dass sowohl Meister als auch Typen sich entwickeln müssen. Mit den Erfolgen steigt auch das Selbstvertrauen. Auch wenn man Wittmann als Typen nicht ändern kann, und vor allem auch gar nicht soll: Er ist der jüngste deutsche Meister in der Geschichte der DTM. Eine Steilvorlage für die Tourenwagen-Serie. Die muss ihren neuen Champion nun nur noch entsprechend verkaufen.