Marco Wittmann: «Den Druck mache ich mir selbst»
DTM-Champion Marco Wittmann
Schon in seiner zweiten DTM-Saison gelang ihm der ganz große Coup. 2015 möchte der BMW-Pilot seinen Titel am liebsten verteidigen. Dafür verzichtet Wittmann gerne auf Urlaub, weiß aber auch, dass es in der dieser Saison extrem schwer wird, wie er im Interview mit DTM.com verrät.
Was braucht man, um ein guter DTM-Fahrer zu sein?
In erster Linie musst du natürlich den nötigen Speed haben. Ehrgeiz ist auch sehr wichtig, aber den hat jeder Rennfahrer, glaube ich, von Haus aus. Du brauchst die nötige Coolness und musst mental sehr stark sein. Wenn du das hast, kannst du im Rennen für entscheidende Unterschiede sorgen.
Charaktereigenschaften, die du als Champion offensichtlich besitzt. Was ist außerdem vonnöten, um deinen Sieg in der DTM-Saison 2015 zu wiederholen?
Ein extrem gutes Gesamtpaket. Das Fahrerfeld ist unheimlich hochkarätig besetzt. Man sieht es an den Zeiten. Teils liegen alle Fahrer nur eine halbe Sekunde auseinander. Es muss einfach alles stimmen. Das Setup, die Reifen-Performance und fehlerfreie Wochenenden – in den Qualifyings und Rennen.
Die Winterpause war sehr lang. Was war für dich in der Vorbereitung essentiell?
Man sitzt sehr oft mit dem Team zusammen und lässt unter anderem die abgelaufene Saison Revue passieren. Was war gut? Was kann man noch verbessern? Für die neue Saison sind natürlich die Testtage sehr wichtig. Für die müssen wir ein genaues Programm festlegen. Was haben wir an den einzelnen Rennwochenenden vor? Was müssen wir genau testen? Das zuvor festgelegte Programm spulen wir dann in den Testfahrten immer wieder durch. Das ist auch zwischen den einzelnen Rennen in der Saison sehr wichtig. Man muss sich immer wieder zusammensetzten.
Das ist die technische Komponente. Wie bereitest du dich vor?
Die richtige Fitness ist absolut grundlegende Voraussetzung. Die gehört zum Alltagsprogramm. Im Winter gehe ich mit einem Freund sehr gerne Skifahren. Mit Squash und Mountainbiking halte ich mich ebenfalls fit. Zudem laufe ich sehr viel, verbringe viel Zeit im Fitnessstudio. Dort trainiere ich aber nicht nur an den Geräten. Es geht dort auch um die richtige Balance und die nötige Koordination. Du musst körperlich ausgeglichen sein und darfst dich nicht auf eine Komponente fokussieren.
Skifahren, Mountainbiking – dich zieht es also eher in die Berge?
Nee, das kann man so nicht sagen. Zum Mountainbiking muss man ja nicht unbedingt in die Berge fahren. Ich trainiere ja fast ausschließlich daheim in Fürth. Dafür fahre ich nicht großartig weg. Es sei denn, wir sind im Trainingscamp auf Lanzarote. Oder man macht eine mehrtägige Tour. Über Ostern war ich beispielsweise am Gardasee.
Wo verbringst du denn deinen Urlaub?
Bisher hatte ich keinen Urlaub. Kleine Ausnahme ist der Ausflug zum Gardasee. Test-, Event- und Renntage. Beispielsweise bei der VLN und dem 24h-Rennen. Der Terminkalender ist einfach unheimlich voll. Da bleibt keine Zeit für Urlaub. Das ist aber nicht schlimm. Ich bin gerne bei den Tests und Events unterwegs, bin gerne immer auf Achse. Das gehört halt zum Job dazu. Das ist keine Belastung.
Belastet dich denn die Tatsache, dass du als Champion in die neue Saison gegangen bist?
Das macht absolut keinen Unterschied. Es hat sich nichts geändert. Am liebsten würde ich wieder gewinnen. Aber wenn das nicht machbar ist, versuche ich eben das Maximum herauszuholen. Vielleicht ist die Erwartungshaltung von außen nun anders. Ich selbst mache mir aber ohnehin den größten Druck. Deshalb spielt diese neue Erwartungshaltung keine Rolle. Da bleibe ich relativ entspannt.
Auch nach dem ersten Wochenende in Hockenheim noch?
Da gab es ja einige Neuerungen. Das neue Reglement mit zwei Rennen und Qualifyings. Dann waren das erste Mal auch die Läufe des World Rallycross mit im Programm.
Hast du dir die ansehen können?
Man hat mal kurz rübergeguckt. Hätte ich mir auch gerne etwas länger angesehen. Aber man hat nicht wirklich die Zeit dafür. Teilweise liegen die Sessions nur eineinhalb bis zwei Stunden auseinander. In dieser Zeit hatte ich dann Meetings oder andere Termine. Das war ein sehr enger Zeitplan, der für uns Fahrer schon teilweise sehr stressig war. Aber es war schön. Viel Action, die Rennen waren spannend. So viel DTM an einem Wochenende ist vor allem für den Zuschauer klasse.
Dein Terminplan war also sehr vollgestopft. Zu voll?
Nein. Ich fand’s gut. Zwei Rennen an einem Wochenende ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich persönlich war jedoch eher ein Freund vom Q1-, Q2- und Q3-Qualifying.
Weil das Gedränge auf der Strecke geringer war?
Nein, deshalb nicht. Ich mochte einfach diesen Shoot-Out. Also, 2013 fand ich es noch besser, als es noch ein Q4 gab. Ich mag diese einzelnen Abschnitte einfach.
In beiden Auftakt-Rennen bist du in die Punkte gefahren - bist Neunter und Fünfter geworden. Zufrieden?
Ich denke, wir haben das Maximum herausgeholt. Die Ausgangssituation vor dem ersten Rennen war nicht ganz einfach. Ich bin von Platz 16 gestartet und noch auf Platz neun gefahren. Beim zweiten Rennen am Sonntag hab ich ein paar Runden lang geführt. Allerdings haben wir uns bei den Regenreifen ein wenig verspekuliert. Der Reifendruck war etwas zu niedrig gewählt, weil wir nicht erwartet hatten, dass es so stark heruntergeregnet. Von daher ist der fünfte Platz auch in Ordnung.
Platz 16 im ersten Qualifying. Konntet ihr bereits Erkenntnisse sammeln, woran es da haperte?
Gut, da lief es nicht ganz optimal. Aber, wäre ich zwei Zehntel schneller gewesen, wäre ich auf Platz drei gefahren. Das Feld ist einfach wieder wesentlich enger zusammen als im vergangenen Jahr. Auch dadurch, weil Mercedes jetzt wieder bei der Musik dabei ist. Und wenn dann nicht alles hundertprozentig klappt, steht man eben weit hinten.
Macht es nicht noch mehr Spaß, wenn im Fahrerfeld eine größere Leistungsdichte herrscht?
(lacht) Solange man vorne steht auf jeden Fall.