Formel 1: FIA spricht Urteil

Hintergrund: Das Drag Reduction System in der DTM

Von DTM
Das DRS in der DTM

Das DRS in der DTM

Englisch ist die Muttersprache des Motorsports und vor allem Fachausdrücke werden meist unverändert übernommen. Deshalb heißt der bewegliche Heckflügel in der DTM auch DRS (Drag Reduction System).

So sehr die Ingenieure und Rennfahrer die Wirkung des riesigen Flügels in den Kurven auch lieben, so sehr verfluchen sie ihn auf den Geraden. Denn dort steht das Kohlefaser-Teil einfach nur im Fahrtwind und macht es durch seinen Luftwiderstand dem Motor schwerer, das Auto auf Höchstgeschwindigkeit zu bringen. Je steiler ein DTM-Heckflügel angestellt ist, umso schneller kann ein Auto um die Kurve fahren. Aber: Auf einer Geraden bremst der steile Heckflügel das Auto geradezu aus. Genau hier setzt das DRS-System an.

Das DRS ermöglicht die Kraft des Fahrtwindes am Heckflügel in den Kurven optimal in Anpressdruck zu wandeln, um dann auf den Geraden durch das Abklappen den Effekt bewusst zu reduzieren. Eine höhere Endgeschwindigkeit ist die Folge. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht diesen Effekt: Streckt man bei hohem Tempo die flache Hand aus dem Fenster und verdreht sie dann, ist die Kraft des Fahrtwindes deutlich spürbar. Wenn man bedenkt, dass der DTM-Flügel um ein vielfaches größer ist als eine Hand, kann man sich leicht vorstellen, welchen Einfluss der Heckflügel auf das Fahrzeug hat.

Die Aktivierung des DRS, also das Abklappen des Heckflügels, dient nur einem Zweck: Die größere Höchstgeschwindigkeit soll das Überholen erleichtern. Eine sinnvolle Maßnahme. Schließlich werden in der DTM 24 nahezu gleich schnelle Fahrzeuge von 24 Top-Piloten bewegt. Die logische Folge: Alle bremsen auf der letzten Rille und fast am gleichen Punkt – Ausbremsen ist kaum möglich. Zudem bieten die modernen Fahrzeug-Silhouetten deutlich weniger Windschatten als noch vor 20 Jahren.

Auch das heutige Layout vieler Rennstrecken macht das Überholen immer schwieriger. Durch Sicherheitsbestimmungen und lokale Bauvorschriften sind lange Geraden eher die Ausnahme, was dazu führt, dass die DTM-Boliden meist nur im letzten Drittel einer Geraden eine Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern und mehr erreichen. Windschatten wird aber erst oberhalb von 120 Stundenkilometern wirklich spürbar. Zum «Ansaugen» und überholen muss man zudem eine ganze Weile mit hoher Geschwindigkeit hinter dem Vordermann herfahren. Die meisten Geraden sind für diesen Vorgang heute jedoch schlichtweg zu kurz. Gäbe es beispielsweise den alten Kursverlauf des Hockenheimrings, mit seinen beiden langen Waldgeraden, noch, würden sich DTM-Autos auch heute noch ohne DRS packende Windschatten-Duelle liefern.

So soll das DRS diesen häufig nicht mehr gegebenen Windschatten kompensieren. Ein Vorteil der natürlich nur zum Tragen kommt, wenn nicht alle Autos gleichzeitig ihren Flügel in die Horizontale drehen dürfen. Weshalb das sportliche Reglement der DTM sehr genau regelt, wer, wann und wie oft auf den DRS-Knopf zum Aktivieren des Systems drücken darf.

Während der beiden freien Trainings gibt es noch keine Beschränkung. Mit einer Ausnahme: Um zu verhindern, dass ein Fahrer versehentlich vergisst seinen flachen Flügel vor der nächsten Kurve wieder steil in den Wind zu stellen und dann ohne den gewohnten Abtrieb von der Strecke fliegt, überwachen drei Sensoren die Vorgänge im Cockpit. Sie sorgen automatisch dafür, dass der Flügel sich wieder in seine normale Position dreht. Das geschieht bei hohem Bremsdruck (mehr als 15 Bar) oder wenn der Fahrer vom Gas geht. Zudem erkennt ein sogenannter Fliehkraftsensor eine festgelegte Querbeschleunigung.

In allen drei Fällen bekommt das DRS automatisch den Befehl, den Heckflügel wieder in seine ursprüngliche, steile Position zu bringen. Das geschieht mit Pressluft, die über einen Zylinder auf dem Getriebe und ein Gestänge innerhalb der Flügelstützen für Bewegung sorgt. Für den Fall, dass es im Pressluft-System einen Defekt geben sollte, ist die DRS-Drehmechanik so konstruiert, dass der Flügel von alleine in seine Ausgangsstellung geht.

Während des Qualifyings ist der Einsatz von DRS nicht erlaubt. Um sicherzustellen, dass sich auch wirklich jeder daran hält, muss beim Zeittraining ein dicker Distanzring verwendet werden, der die DRS-Mechanik blockiert.

In den beiden Rennen eines DTM-Wochenendes gibt es sehr präzise Nutzungsvorgaben. Das DRS wird erst freigegeben, wenn sich der Führende in der vierten Rennrunde befindet. Ab diesem Moment darf das DRS nur von Fahrern genutzt werden, die bei Start-und-Ziel weniger als eine Sekunde Rückstand auf ihren Vordermann haben.

Ein entsprechendes Signal wird von der Rennleitung per Funk direkt in das jeweilige Auto geschickt. Unmittelbar danach darf der Fahrer innerhalb einer Runde drei Mal seinen Flügel klappen. Wo er das macht, bleibt ihm überlassen. Aber auch in den Rennen gibt es Ausnahmen: In einer Safetycar Phase oder bei gelben Flaggen ist die DRS-Nutzung verboten. Das gilt auch dann, wenn die Rennleitung die Verwendung von Regenreifen erlaubt hat.

Zwei komplette Seiten des sportlichen Reglements beschreiben die zulässige DRS-Nutzung, dazu kommt nochmals eine halbe Seite im technischen Reglement. Da ist es nur allzu verständlich, dass die Fahrer während eines Rennens auf die Unterstützung ihrer Ingenieure angewiesen sind, um sicher zu gehen, dass sie auch keinen Fehler machen.

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