Kein Eisspeedway in Russland: Das wäre der Todesstoß
«In der ersten oder zweiten Januar-Woche werden wir hoffentlich mehr wissen», sagte Armando Castagna, der weltweit höchste Bahnsport-Funktionär, am Montagmorgen zur unklaren Situation in Russland.
Mitte Februar soll in Togliatti, 1000 Kilometer mit dem Auto südöstlich von Moskau, der erste Eisspeedway-GP 2021 ausgetragen werden, am 6./7. März soll in Berlin der zweite und letzte folgen.
Doch nach einem Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs CAS Mitte Dezember dürfen nach dem staatlich sanktionierten und vertuschten Dopingskandal in Russland bis Ende 2022 keine Weltmeisterschaften von Sportarten stattfinden, die sich den Bestimmungen der Welt-Anti-Doping-Agentur unterworfen haben. Dazu gehören auch sämtliche Disziplinen des Automobil-Weltverbands FIA sowie dessen Motorrad-Pendant FIM.
Explizit ausgenommen von den Verboten sind nur das Formel-1-Rennen in Sotschi sowie die Spiele der Fußball-EM 2021 in Sankt Petersburg.
Weil der Motorsport im Dopingskandal keine Rolle spielte, hofft die FIM auf Ausnahmen in Russland.
«Gibt es die nicht, ist das der Todesstoß für den Eisspeedway-Sport», sagt Günther Bauer, jahrelang der beste deutsche Spike-Ritter, im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Die Beschränkung dauert ja bis Ende 2022, das ist ein Wahnsinn. Da braucht man sich keine Illusionen machen, was das bedeutet. Die WADA kann nicht nachgeben, sonst werden sie unglaubwürdiger, als sie es jemals waren, und alle lachen über sie. Beim Eisspeedway könnten sie vielleicht ein Auge zudrücken, so wie sich das Castagna vorstellt. Aber wenn sie das machen, dann müssen sie das bei allem tun.»
Denn auch Motocross, Speedway sowie möglicherweise die MotoGP- und Superbike-WM sind von dem Bann betroffen.
Was als Argument gegen eine Ausnahme für den Motorsport angeführt wird: Die letzten Jahre wurden einige Fahrer wegen Dopings oder Drogenmissbrauchs (was als Doping gilt) auffällig, unter ihnen Andrea Iannone (MotoGP), Anthony West (SBK), Langbahn-Weltmeister Jannick de Jong und der russische Speedway-Fahrer Grigorij Laguta.
«Die WADA gibt in 100 Jahren nicht nach», ist Günther Bauer überzeugt, dessen Sohn Luca 2021 zum ersten Mal im Eisspeedway-GP dabei wäre. «Die letzten fünf Jahre gab es im Speedway-Sport mehrere Dopingfälle – wie sollen sie da eine Ausnahme machen? Es kann niemand sagen, dass es im Motorsport nichts gibt. Ich sehe keine Möglichkeit.»
Hinzu kommt, dass Russland zur Eindämmung der Lungenkrankheit Covid-19 seine Grenzen geschlossen hat. «Ein Visa zu kriegen, ist Stand jetzt unmöglich», betonte Bauer. «Die lachen dich aus, wenn du nachfragst. Wir machen das über eine Agentur in München, die sind top. Die haben das für das Schnitzer-Team gemacht und für KTM, da musst du dich um nichts kümmern. Aber Fakt ist, es gibt aktuell keine Möglichkeit.»
Damit der Eisspeedway-GP in Togliatti stattfinden kann, müssen in den kommenden Wochen zwei Dinge geschehen: Die WADA muss eine Ausnahmegenehmigung erteilen und das russische Ministerium für Sport müsste für alle GP-Fahrer und deren Begleiter eine personalisierte Einladung ausstellen, damit sie zu dieser Veranstaltung einreisen dürfen.
«Luca und ich haben ein Drei-Jahres-Visa», erklärte Günther Bauer. «Aber das ist stillgelegt und zählt nicht. Sollten wir die Erlaubnis kriegen, müssen wir uns ein neues Visum kaufen, obwohl das jetzige noch zwei Jahre zählen würde. Nachdem du mir die ganzen Infos von der WADA geschickt hattest, habe ich bei dem russischen Club angerufen und gefragt, ob sie in die Gänge kommen. Nach fünf Tagen haben sie mir zurückgeschrieben, dass sie keine Ahnung hätten und sie schauen, ob das in Moskau jemand regeln kann.»
Fällt Togliatti weg, gibt es Stand heute nur den Grand Prix in Berlin. Dass dieser angesichts der behördlichen Corona-Verordnungen in Deutschland Anfang März stattfinden kann, ist zweifelhaft.