Rückkehrer Lukas Trautmann: «Es war wirklich krass»
Lukas Trautmann am Donnerstag in Le Mans – Die Lederkombi stammt noch aus alten IDM-Tagen
Der Österreicher Lukas Trautmann ist mittlerweile 26 Jahre alt. Den ehemaligen Red Bull Rookies-Fahrer und Yamaha R6 Cup-Sieger 2014 hat es nach Deutschland verschlagen. «Luki» arbeitet als Hufschmied in Nordrhein-Westfalen, in der Nähe zur niederländischen Landesgrenze. Sein neuer Beruf ist seine Leidenschaft und er hat viel Freude daran.
Dennoch bleiben seine Racing-Gene. Trautmann kehrt 2022 in den Motorradsport zurück, denn er wird in Le Mans sein Comeback in der Endurance-WM geben und auch die beiden anderen 24-Stunden-Rennen stehen für ihn auf dem Plan.
«Es war schon länger geplant, dass ich in dieser Saison wieder 24-Stunden-Rennen fahre. Ich sollte aber eigentlich mit dem Team ITeM 17 fahren. Mit der Mannschaft sind wir spontan im Januar nach Valencia zum Test gefahren. Ich bin vorher sechs Jahre keinen Meter auf dem Motorrad gefahren, die zwei Tage in Valencia haben trotzdem sehr gut funktioniert», freute sich der Österreicher im exklusiven Interview mit SPEEDWEEK.com.
Trautmann schilderte, wie der Kontakt mit dem METISS-Team zustande kam und was er noch zu erledigen hatte. «In der letzten Woche habe ich Bescheid bekommen, dass sich der Stammfahrer von METISS am Rücken verletzt hat. Es war wirklich krass, denn ich habe meine FIM-Lizenz im Januar beantragt und es hat ewig gedauert, bis ich eine Rückmeldung hatte. Ich hatte immer noch die Sperre und es wurde dann ein psychologisches Gutachten von mir eingefordert, dass ich fit fürs Rennen bin», erklärte er am Donnerstag.
«Innerhalb einer Woche war es unglaublich schwierig, einen Psychologen zu finden, der die Auflagen der FIM abdeckt. Eine Ärztin in Aachen hat mir den Arsch gerettet und innerhalb von fünf Tagen war alles fertig», betonte der METISS-Fahrer, dessen Bike über eine ungewöhnliche Achsschenkellenkung gesteuert wird.
Trautmann wurde damals die Lizenz entzogen, der junge Rennfahrer war völlig am Boden. Heute ist er gereift und er spricht über das Geschehene. «In jungen Jahren, wenn dir die Welt zu Füßen liegt und du tun und lassen kannst, was du willst und es zu Hause nicht so nach Plan läuft, dann flüchtest du, wohin es dir besser geht. Ich habe es mental nicht mehr ausgehalten», stellte er klar. «Von den Gerüchten her, hieß es immer: ‚der hat Drogen genommen.‘ Aber ich habe nie was genommen und die ganzen Tests, die ich machen musste, waren alle negativ.»
«Wenn man das alles geistig und mental nicht verarbeiten kann, dann lebst du praktisch in einer anderen Welt, um es zu kompensieren. Das engste Team ist immer die Familie, und wenn das wegfällt, wie willst du dann im Sport Leistung bringen? Ich hatte also Psychotherapie und Verhaltenstraining – auf den Wunsch meiner lieben Oma. Ich hatte es nicht wirklich für nötig gehalten, aber im Nachhinein ist es gut. Es ist extrem wichtig, auch von Außenstehenden etwas zu lernen und Ratschläge anzunehmen, bevor du in eine endlose Negativspirale kommst», sagte der FIM Endurance Superstock-Champion von 2016.
«Für mich war die Zeit sehr krass, aber es ist gut, dass ich so etwas schon in jungen Jahren durchgemacht habe», ist er sich bewusst. «Hast du damit mit 40 oder 50 zu tun und du hast schon Haus, Kinder, Familie oder Kredite, dann ist das noch viel härter.»
Zwischendurch stand er dem ERC-Endurance-Team sehr nahe, doch der Zeitpunkt für ein Comeback war zunächst nicht gegeben. «Ich war zwei Jahre bei ERC und habe dort gearbeitet. Der Plan war, gemeinsam mit Max Neukirchner wieder in den Motorradsport einzusteigen, aber damals habe ich nicht den Willen und die Motivation gehabt, um mir das anzutun. Es war nicht die richtige Zeit.»