Toyota: Hybrid auf der Vorderachse wäre nicht teurer
Auch beim aktuellen Toyota LMP1 werden die Vorderräder mit Elektro-Power angetrieben
In Sportwagen-WM (FIA WEC) herrscht an der Spitze des Feldes gerade gähnende Langeweile. Die beiden Toyota TS050 Hybrid fahren den privaten LMP1 von ENSO CLM, Dallara und Rebellion (Oreca) regelrecht um die Ohren. Beim abgelaufenen Rennen in Silverstone hatten die in Köln gebauten japanischen Boliden bereits in der ersten Rennstunde das gesamte Feld überrundet. Mehr zur Sache als auf der Strecke geht es aktuell jedoch hinter den Kulissen. Dort fighten die Hersteller untereinander bzw. mit FIA/ACO um das neue technische Reglement, welches ab 2020 die LMP1-Klasse ablösen soll.
Mit zu den größten Zankäpfeln zählt hierbei das Hybrid-System. Die Zusatz-Elektro-Power hat (abgesehen von einigen privaten Initiativen in den Jahren zuvor) 2012 ihr großes Rollout in der LMP1-Kategorie erfahren und soll auch in der Nachfolge-Klasse genutzt werden. Größter Hybrid-Verfechter ist natürlich Toyota. Verständlich: Der japanische Hersteller war bereits im Segment der Straßenautos ein Hybrid-Pionier und hat auch im Motorsport diesbezüglich Aufbauarbeit geleistet. «Wir möchten auf jeden Fall mit Hybrid weitermachen. Das war ja auch der Grund, warum wir 2012 in die Serie eingestiegen sind», macht John Litjens, der Chief Project Leader Race Cars der Toyota Motorsport GmbH, gegenüber SPEEDWEEK.com deutlich.
Andere Hersteller teilen diese überschwängliche Begeisterung in Bezug auf die Elektro-Power nicht unbedingt in gleichem Maße. Immer wieder werden hier die Kosten als Hauptgrund genannt. Das sieht auch Toyota ein, weshalb die Japaner auch nicht mehr auf die hochkomplexen Systeme beharren, die in der aktuellen LMP1-Generation verbaut sind. Jedoch sperrt sich Toyota gegen klassenweit einheitliche Hybrid-Technik eines externen Zulieferers. «Grundsätzlich ist uns wichtig, dass wir kein Standard-System fahren sondern Toyota-Technologie verwenden», bleibt Rob Leupen (Geschäftsführer der Toyota Motorsport GmbH) hart.
«Für uns ist ein Hybrid-System ein Toyota-System und das wird in der Regel über die Bremsen zurückgewonnen. Somit haben wir eine ganz starke Präferenz, dass es vorne kommt», ergänzt Leupen. Ein Hybrid-System auf der Vorderachse würde im Umkehrschluss aber auch wieder Prototypen mit (zumindest zeitweisem) Allradabtrieb bedingen, da der obligatorische Verbrennungsmotor ja bekanntlich die Hinterräder antreibt. Diese Ideologie wird im Sportwagen-Paddock weitläufig jedoch als Kostentreiber identifiziert.
Toyota sieht das anderes und möchte dieses Vorurteil sogar aus der Welt schafften. «Wenn man komplett bei Null beginnt, ein Auto aufzubauen, dann denke ich, dass ein Hybrid-System mit Frontantrieb nicht teurer ist als mit Heckantrieb. Außerdem ist das Potential Energie zurückzugewinnen auf der Vorderachse viel höher als auf der Hinterachse», stellt John Litjens klar. Toyota versucht aktuell gerade, auch die anderen Stakeholder von der Front-Hybrid-Idee zu begeistern. Inwiefern das gelingt, wird die nähere Zukunft zeigen.