Heute klärt sich die Zukunft der Hypercar-Regeln
So stellten sich die Regelhüter die Optik der LMP1-Nachfolger vor
Ende der 1960er Jahre trällerte Mireille Mathieu den feschen Schlager 'Hinter den Kulissen von Paris' und hatte damit weltweiten Erfolg. Insbesondere am heutigen Tage hat das von Mathieu besungene Thema erneut absolute Relevanz. Denn in einem abgeschlossenen Raum der französischen Hauptstadt wird die Zukunft des Prototypen-Sports festgelegt. Bei einem Meeting der technischen LMP1-Arbeitsgruppe fallen endlich die finalen Entscheidungen über die große Prototypen-Klasse. Das hat signifikante Wirkung auf den Sport, wie wir ihn gerade kennen.
Rückblick: Im letzten Juni verkündete der ACO (zum dritten Mal in Folge) ein neues Reglement für die Sportwagen-Königsklasse. Prototypen, die optisch an Straßenautos erinnern, sollen die LMP1-Boliden ab 2020 ablösen. Toyota fand die Ideen klasse. Auch Glickenhaus und ByKolles hatten mit Konzeptstudien begonnen. Jedoch konnte sich kein weiterer Großserienhersteller für dieses Regelbuch begeistern lassen.
Als Folge haben ACO/FIA im März kurzfristig auch die Verwendung von echten Straßenautos (parallel zu den Prototypen) gestattet. Dies soll auf Wusch von Ferrari, McLaren und Aston Martin/Red Bull Racing geschehen sein. Seitdem gab es jedoch noch immer kein offizielles Bekenntnis seitens eines Hersteller, was zuletzt Toyota mächtig verärgerte.
Da die Zeit immer weiter verfliegt und die Rennwagen bereits in gut einem Jahr auf der Piste unterwegs sein müssten, haben die Regelhüter den Herstellern eine Frist gesetzt, die in dieser Woche abläuft. Sollten sich noch immer nicht genügend Mitstreiter finden, so wäre die so gehypte Hypercar-Idee tot.
Wie es scheint, hat Ferrari die Ampeln bereits auf Rot gestellt und McLaren gilt ebenfalls als unwahrscheinlich. Bleibt also Aston Martin/Red Bull Racing, die ein Programm mit dem spektakulären Valkyrie entsannen. Hier liefen im Hintergrund zuletzt intensive Verhandlungen mit den Regelhütern, beispielsweise in Bezug auf die Leistungsparameter der Motoren. Insgesamt stellt sich aber trotzdem die Frage, ob selbst eine Zusage von Aston Martin/RBR das Reglement rettet. Und genau das wird heute 'Hinter den Kulissen von Paris' festgelegt.
Sollte die technische Arbeitsgruppe sich gegen das Hypercar- Regelbuch entscheiden, so stünden zwei Auffanglösungen parat. Erstens: Die aktuellen GTE-Boliden könnten mit mehr Motorleistung und einer extravertierten Aerodynamik ausgestattet werden und somit die Spitze des Feldes bilden. Technisch wäre dies möglich, wie Herstellervertreter gegenüber SPEEDWEEK.com im Rahmen des letzten WEC-Laufs in Spa-Francorchamps äußersten.
Weiterer Vorteil: Mit Aston Martin, BMW, Corvette, Ferrari, Ford und Porsche verfügen derzeit sechs Häuser über einen GTE-Renner. Auch wenn nicht alle mitmachen würden, so gäbe es dennoch ausreichend Marken. Das würde dem ACO dann auch beim Verkauf von Bandenwerbung und Hospitality-Stellflächen zugute kommen. Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor...
Zweitens: Anstatt hochgerüsteter GTE könnten auch die DPi-Modelle als Rettungsanker hergenommen werden. Diese amerikanischen Boliden basieren auf der LMP2-Klasse und sind somit echte Prototypen. ACO-Technikboss Thierry Bouvet nahm zuletzt bereits am IMSA-Meeting zur DPi-Überarbeitung teil und ließ das am selben Wochenende stattfindende WEC-Rennen in Spa-Francorchamps sausen.
In Bezug auf die DPi-Lösung stellt sich jedoch die Frage, wie viele Marken sich tatsächlich in die WEC einschreiben würden. Die derzeitigen DPi-Budgets werden von den nordamerikanischen Niederlassungen der Hersteller freigegeben und nicht von den Konzernzentralen. Ein kostenintensives WEC-Engagement müsste aber über die jeweiligen Mutterhäuser laufen.
Wie dem auch sei: Heute wird entschieden, wie es weitergeht. Auf eine öffentliche Bekanntmachung muss jedoch nicht unbedingt gewartet werden. Viel eher wird (wie üblich) im Vorfeld der 24 Stunden von Le Mans das zukünftige Reglement vorgestellt.