Sao Paulo: Toyota gewinnt
Wurz/Lapierre dominieren in Brasilien
Bereits im dritten Rennen seiner kurzen Lebenszeit wurde der Toyota TS030-Hybrid zum Siegerwagen. In einer aussergewöhnlich abgeklärten Manier gewannen Alexander Wurz und Nicolas Lapierre die «6 Stunden von Sao Paulo» . Die beiden Audi R18 kämpften tapfer, mussten sich dieses Mal jedoch geschlagen geben.
Schon zum Rennstart konnte Nicolas Lapierre die von Teamkollege Alex Wurz herausgefahrene Pole-Poistion umsetzen und sich an der Spitze des Feldes behaupten. In den ersten Runden des Rennens trat der Franzose gleich mächtig auf das rechte Pedal seines Boliden und setzte sich leicht von den beiden hinter ihm liegenden Audi ab. Benoît Tréluyer (R18 e-tron quattro) und Allan McNish (R18 ultra) liessen sich aber zunächst nicht abschütteln. So konnten die Audi beim ersten Boxenstopp Lapierre´s die Rennführung sogar kurzzeitig übernehmen. Jedoch mussten die Ingolstädter Selbstzünder im Gegensatz zum Lauf im britischen Silverstone, nicht wirklich arg viel später die Boxengasse zum Nachtanken ansteuern, sodass der Toyota schnell wieder auf dem Platz im Norden des Klassements lag.
Kontinuierlich baute Lapierre dort seinen Vorsprung aus. Dem Speed des japanischen Hybriden war unter der brasilianischen Sonne einfach nichts gewachsen. Ein Dreher von Tom Kristensen im #2 Audi im weltbekannten «Senna S» nach einem Kontakt mit einem Ferrari tat sein Übriges.
Gegen Rennmitte kam dann die entscheidende Phase des Tages, als ein LMP2-Oreca einen Reifen verloren hatte und das Safety-Car in Erscheinung trat.
Alles sah danach aus, als ob der Toyota (den inzwischen Alex Wurz pilotierte) seinen so hart erkämpften Vorsprung wieder einbüssen würde. Doch die Japaner hatten Glück. Wie im Langstreckensport üblich, wurden zwei Neutralisierungswagen aufgerufen und das zweite Safety-Car schoss genau vor den beiden Audi auf die Strecke. Durch die Aktion verdoppelte sich die Führung des Österreichers von gut 20 Sekunden auf über 40 Sekunden.
Nachdem die Bahn wieder frei gegeben war, hörte Wurz nicht auf, eine schnelle Runde nach der anderen zu drehen und immer mehr Raum zwischen sich und die beiden Diesel zu legen. Als er dann nach ca. 3.5 Stunden im Rennen den Hybriden wieder in Nicolas Lapierre´s Hände übergab, lag der Vorsprung schon bei über 1:10 Minuten. So hatten die Toyota-Mannen schon fast einen ganzen «grossen Boxenstopp» (sprich mit Reifen- und Fahrerwechsel) herausgefahren, bevor überhaupt die Rennhalbzeit erreicht war.
André Lotterer und Lucas di Grassi, die gegen Rennmitte in den R18 sassen, boten all ihr Fahrkönnen auf, doch Lapierre legte immer wieder schnellste Rennrunden in den holprigen Asphalt und eilte an der Spitze unaufhaltsam davon.
Gut 1h 15 Minuten vor Rennende überrundete Lapierre dann sogar Lotterer im zweitplatzierten Audi. Der Toyota lag somit eine ganze Runde vor allen Kontrahenten. Diese Vorbeifahrt am Ende Start- und Zielgeraden stellte einen weiten Meilenstein zum Rennsieg dar, da nun auch die Unabwägbarkeit einer weiteren potentiellen Safety-Car-Phase hätte sorgenfrei überstanden werden können.
Alex Wurz, der den Schluss-Stint fuhr, legte fünf Minuten vor Rennende noch einen kurzen Splash-and-Dash Pitstop ein. Dies kostete zwar den Rundenvorsprung, doch schliesslich siegte das Toyota-Gespann mit genau einer Minute Abstand auf den Audi von Fässler/Tréluyer/Lotterer und deren Schwesterwagen von Kristensen/di Grassi/McNish. Chapeau Toyota, really well done!!
Bei den privaten LMP1 wechselten die Positionen zwischen den beiden Lola sowie den beiden HPD zu Beginn kontinuierlich. Erst gegen Rennmitte musste der JRM HPD von Brabham/Chandhok/Dumbreck mit Elektrikproblemen im Bereich des Gaspedals Federn lassen. Nach und nach kristallisierte sich der Lola-Toyota von Prost/Jani (Rebellion Racing) als bestes Privatfahrzeug heraus. Beide fuhren ein fehlerfreies Rennen und gewannen somit die klasseninterne Wertung vor dem HPD ARX-03a von Leventis/Watts/Kane (Strakka Racing) und den Teamkollegen Belicchi/Primat.
Die LMP2-Kategorie sah lange Zeit einen strategischen Kampf zwischen dem HPD ARX-03b von Starworks Motorsports (Potolicchio/Dalziel/Sarrazin) und dem Morgan-Nissan von Nicolet/Lahaye/Pla (Oak Racing). Nach zwei Stop&Go Strafen für den Morgan hatte letztendlich die HPD-Mannschaft die Überhand in der Klasse und fuhr den dritten Sieg in der Meisterschaft in diesem Jahr ein.
Hinter den Dominatoren beendete Pierre Kaffer mit seinen Teamkollegen Perez Companc und Minassian (PeCom Oreca-Nissan) den Lauf auf Position zwei, obwohl der Wagen in der Startphase in einen Crash verwickelt wurde und sich so schnell einen Rundenrückstand eingefangen hatte.
In der GTE-Pro-Klasse gab es zunächst einen Dreikampf zwischen dem Ferrari von Fisichella/Bruni (AF Corse), dem Porsche von Lieb/Lietz (Team Felbermayr-Proton) und dem Aston Martin von Mücke/Turner. Über den Rennverlauf einwickelte sich daraus jedoch ein Zweitkampf, da der Porsche den dargelegten Speed der Kontrahenten nicht immer mitgehen konnte. So wechselte zu Rennmitte die Führung zwischen dem italienischen und dem englischen Gran Turismo immer wieder. Jedoch machte sich im Laufe der Zeit der Verbrauchsvorteil des Ferrari mehr und mehr bemerkbar, sodass Fischella/Bruni erneut den Klassensieg einfahren konnten. Hinter dem Aston komplettierte das Porsche-Duo das Podium als Dritter.
In der GTE-Am-Klasse gewannen Bornhauser/Canal/Rees mit der Chevrolet Corvette C6-ZR1 von Larbre Competition. Das Trio dominierte die Kategorie über das gesamte Rennen. Platz zwei belegten Ried/Roda/Ruberti im 911 RSR (ebenfalls Team Felbermayr-Proton).
Für Piloten, Teams und Fahrzeuge bleibt nun wenig Zeit zum Verschnaufen. Bereits in zwei Wochen steigt der nächste Lauf der WEC in Bahrain. In der trockenen arabischen Wüste steht dann die ultimative Hitze- und somit auch Materialschlacht auf der Agenda.
Eine ausführliche Rennanalyse der «6 Stunden von Sao Paulo» lesen Sie in der nächsten Ausgabe von SPEEDWEEK. Ab Dienstag (18. September) am Kiosk.