Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Merci, Monsieur Pescarolo

Kolumne von Oliver Runschke
Vielleicht der grösste Charakter im Fahrerlager: Pescarolo

Vielleicht der grösste Charakter im Fahrerlager: Pescarolo

Das Team von Henri Pescarolo war der letzte Vertreter einer Zeit, die wohl nun endgültig vorbei ist.

In der medialen Welle zum Ende von Pescarolo Sport stolperte ich über den folgenden Tweet eines leitenden Ingenieurs von Dunlop: «Das Ende von Pescarolo ist wie mit der kürzlich entschlafenen, geliebten Familienkatze nach 20 Jahren, man ist froh, dass sie nun ihren Frieden hat».

Wir haben viel gefiebert und gelitten mit Pescarolo in den letzten Jahren, die für den französischen Nationalhelden eine Achterbahnfahrt sondergleichen waren.

2005 nahm er es in Le Mans mit Audi auf und leistete gegen die wenn auch kastrierten R8 grossartiges.
2006 hatte die Pescarolo LMP1 gegen die Audi R10 Diesel keine Chance, dafür gewannen Boullion/Collard sämtliche LMS-Läufe.
2007 die herbe Enttäuschung, nicht in das Peugeot-LMP1-Programm eingebunden zu werden.
2009 das Schicksalsjahr. Dem Einstieg von Sora Composites und starkem Auftritt mit dem Peugeot 908 in Le Mans folgte die Pleite.
2011 dann die Auferstehung mit Comeback-Sieg beim Saisonstart in Le Castellet.
2012 erneut ein Ende, es dürfte ein Finales sein.

Pescarolo wurde Ende September 70. Die Chancen, das der vierfache Le Mans-Sieger nochmals als Chef einer eigenen Equipe oder gar mit einem eigenen Auto zurückkehrt, dürfte man eher als gering einschätzen. Sicher werden sich aber Teams finden, die an der Expertise von «Heinrich dem Grossen» interessiert sind.

Der vorhersehbare Abgang von Pescarolo beendet aber auch gewissermassen eine Ära im Sportwagenrennsport. Pescarolo war nicht nur vielleicht der letzte grosse Charakterkopf im Fahrerlager, sondern auch der letzte Teamchef, der noch seine eigenen Autos gebaut hat. (Pedanten mögen jetzt vielleicht auf OAK Racing verweisen, doch deren LMP1 ist streng genommen ein Pescarolo). Das machte Pescarolo einzigartig, war aber eigentlich schon seit Jahren aus der Mode. Endlose Prüfstandsversuche und Horden von Ingenieuren gab es nicht, Werksteams parken ihre Trucks in grösseren Hallen als der, in der Pescarolo werkelte. Der Windkanal von Pescarolo war der Flugplatz von Le Mans.

Den Spass eigene LMP1-Autos zu konstruieren und zu bauen kann sich mittlerweile fast kein Sportwagenteam mehr leisten. Noch nicht einmal Rennwagenhersteller können es sich mehr erlauben, LMP1 zu verkaufen, siehe Lola. Pescarolo war der letzte Mohikaner in einem Sport, der mal wieder im Wandel ist. 2014 werden wir vielleicht nur noch Werke in der LMP1 sehen, der ACO will es so.

Weggefährten von Pescarolo zogen weitaus früher die Reissleine. Yves Courage musste 2007 an Oreca verkaufen, obwohl dessen LMP2 C65 seinerzeit kommerziell ähnlich erfolgreich waren heute der Oreca 03. Zytek verzichtet schon lange auf «Werkseinsätze» in der LMP1 und war zwischendurch auch schon mal bankrott. Und auch so skurrile Nebendarsteller Giovanni Lavaggi mit seinem LMP, Creation Autosportif oder Laurence Pearce mit seinen urigen Lister Storm deckten ihre Prototypen irgendwann zu und liess es gut gewesen sein.

Pescarolo hielt zwar bis 2012 durch, fiel aber zwei Mal ordentlich auf die Nase als er sich mit den falschen Leuten einliess. Auch für einen weiteren Anlauf braucht Pesca wieder Partner. Doch aller Guten Dinge sollten in diesem Fall nicht drei sein. Besser jetzt ein Ende mit Schrecken als weiter Schrecken ohne Ende. Und danke für die tolle Zeit, Monsieur Pescarolo.

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