Nissan LMP1: Noch viele Fragezeichen
Acht Monate seit der Vorstellung des LMP1-Programms hüllte sich Nissan in komplettes Schweigen, die Geheimnistuerei gelang den Japanern bis zur Vorstellung in der Nacht zum Montag recht gut. Für eine Präsentation hat Nissan jetzt bereits erstaunlich viele Informationen zum Konzept und zur Technik des LMP1 veröffentlicht, mitsamt einer groben technischen Zeichnung. Ein renommierter US-Journalist durfte sogar Tests in Austin beiwohnen und jedes technische Detail des GT-R fotografieren. In einer Zeit, in der Stellwände und absurde Geheimniskrämerei auch im Sportwagensport Einzug gehalten haben, ein Novum, für das Nissan Applaus gebührt.
Das Konzept des Nissan ist allerdings einzigartig und für die Konkurrenz kaum zu kopieren. «Die Freiheit des Reglements hat uns erlaubt ein komplett anders aussehendes Fahrzeug zu entwickeln», sagt Nissan-Technikchef Ben Bowlby, der schon Vater des Deltawing und des Zeod RC war. «Wir haben das Konzept eines konventionellen LMP1-Autos auf den Kopf gestellt. Das Ergebnis ist, dass das Auto anders aussieht als alle anderen, denn wir mussten den Motor in der Front unterbringen.»
Ungewöhnliches Reifenformat folgt der Gewichtsverteilung
Nicht nur bei der Einbaulage des Motors geht Nissan andere Wege, sondern durch den Frontantrieb zwangsläufig auch bei den Reifen. An der Vorderachse sind die Reifen 16 Zoll breit, an der Hinterachse nur 9 Zoll, dazu haben die Felgen nur 16 Zoll Durchmesser anstatt 18 Zoll. Bowlby: «Die Reifen haben aufgrund der Gewichtsverteilung im Auto andere Formate als üblich. Wir haben viel Gewicht in Richtung Vorderachse verschoben, um durch den Frontantrieb viel Traktion zu haben. Wir haben in dem Zug auch den Schwerpunkt der Aerodynamik Richtung Front verschoben und so das Format der Reifen angepasst, um in der Linie mit der Gewichtsverteilung zu sein.»
Nissan noch mit Übergewicht?
Bowlby gibt zu, dass eine der grössten Herausforderungen für das Nissan-Team ist, an das Mindestgewicht von 880 kg zu kommen. Offenbar hat der GT-R derzeit noch Übergewicht. «Die grösste Herausforderung ist das Gewicht zu schaffen, wenn der Antriebsstrang mit dem Hybridsystem bereits die Hälfte des Gewichts ausmacht.» Fragen zu dem Hybridsystem beantwortet Nissan noch nicht, auch zu der Megajoule-Klasse werden noch nicht beantwortet. Nissan nutzt offenbar ein Flybrid-Kers-System, eine Weiterentwicklung eines System, das Dyson Racing bereits 2012 kurzzeitig in der ALMS ausprobiert hat.
«Das Hybridsystem ist das schwierigste Thema», sagt Nissan Nismo Marketing-Chef Darren Cox, der so was wie der heimliche Sportchef des Programms ist, im Interview mit «Radio Le Mans.» Cox widerspricht Gerüchten von massiven Problemen mit dem KERS-System. «Das System arbeitet perfekt, es ist gerade auf dem Prüfstand und am Ende der Woche testen wir es wieder im Auto». Auch Gerüchte, der GT-R hätte bei Tests kaum mehr als 100 km zurückgelegt, wiegelt Cox ab: «Würden wir ein Fahrzeug präsentieren, wenn wir erst 100 km Kilometer gefahren hätten? Das ist schon die Distanz, die wir für die Filmaufnahmen in Austin zurückgelegt haben.»
Auch Gerüchte um Rundenzeiten auf LMP2-Niveau in Austin schmettert Cox ab: «Ja, wir sind dort Zeiten auf LMP2-Niveau gefahren. Und? Es war Anfang Januar und bitterkalt, wir waren alleine, die Strecke hatte keinen Grip und wir sind im Le-Mans-Aero-Trimm auf der Strecke gefahren, auf der man am meisten Abtrieb im WEC-Kalender benötigt.»
Nissan konzentriert sich derzeit ausschliesslich auf Le Mans. Cox gibt zu, dass der Saisonstart in Silverstone aufgrund des Konzepts des Autos schwierig wird, und macht sich mehr Hoffnungen für Spa.
Fahrer werden in kommenden vier Wochen bestätigt
Wer den Nissan GT-R LM Nismo ausser Marc Gené noch fährt, bestätigt Nissan innerhalb der kommenden vier Wochen. Wenn der ACO am kommenden Donnerstag das Feld für 24h Le Mans und FIA WEC veröffentlich, gibt Nissan die Identität von drei weiteren Fahrern preis. Am 13. und 14. Februar wird Nissan bei einem Nismo-Event und bei der Chicago-Auto-Show weitere Fahrer bestätigen, die letzten Piloten werden dann auf dem Genfer Autosalon Anfang März präsentiert.