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Toyota: «Das Auto für 2016 wird komplett neu»

Von Oliver Müller
Zu langsam im Gegensatz zur Konkurrenz: Der Toyota TS040 Hybrid Jahrgang 2014

Zu langsam im Gegensatz zur Konkurrenz: Der Toyota TS040 Hybrid Jahrgang 2014

Gross ist aktuell die Ernüchterung im Toyota-Lager in der FIA WEC. Denn die Weltmeister von 2014 fahren hinterher. Zusammen mit Teamdirektor Rob Leupen analysiert SPEEDWEEK.com die Saison und blickt voraus auf 2016.

Ganz klar: Letztes Jahr war der Toyota TS040 Hybrid das Auto, das es in der Sportwagen-WM zu schlagen galt. Souverän holten die Japaner um Teamdirektor Rob Leupen den Weltmeistertitel. Nur beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans hatte man Pech und verpasste den eigentlich verdienten Sieg. Das technische Konzept mit 3,7-Liter-Saugmotor und Superkondensator als Speichermedium für die Hybrid-Energie schien clever gewählt. Doch schon in diesem Jahr ist es überholt. Toyota fährt seit Saisonbeginn der Konkurrenz von Audi und Porsche hinterher. Die Verteidigung des WM-Titels ist ausser Reichweite.

«Schon am Anfang der Saison haben wir festgestellt, dass wir mit unserem Powertrain, gegenüber den Anderen, Nachteile haben. Nicht, weil wir einen schlechten Job gemacht haben. Sondern weil die anderen einen sehr guten Job gemacht haben», gibt Teamdirektor Rob Leupen gegenüber SPEEDWEEK.com zu. Unbestritten ist, dass man bei Toyota sowohl in Köln als auch in Japan über den Winter mächtig weiterentwickelt hat. Die TS040 Hybrid sind zwei bis zweieinhalb Sekunden schneller als 2014. Das ist eigentlich eine sehr grosse Steigerung. Doch man hatte nicht damit gerechnet, welch grossen Schritt die Konkurrenz aus Deutschland für 2015 machen würde. «Wir hätten gedacht, dass wir alle in einem ähnlichen Zeitfenster wären. Aber, dass die anderen nochmal anderthalb bis zwei Sekunden schneller sind als wir; das war schon eine Überraschung. In Silverstone noch nicht, aber in Spa: Das war schon ein kleiner Arschtritt. Insbesondere bei Porsche hätten wir nicht gedacht, dass da noch so viel Potential im Antrieb war», ist der Niederländer ehrlich. Damit war schnell klar: Aus eigener Kraft wird es mit Rennsiegen in der Saison 2015 schwer werden. «Im Rennen können wir dieses Jahr nur etwas holen, wenn die anderen Fehler machen oder Pech haben. Aus eigener Kraft geht da nichts», ist Leupen Realist.

Deswegen wird die aktuelle Saison notgedrungen jetzt als Übergangsjahr betrachtet. Toyota hat den Fokus komplett auf das nächste Jahr gelegt. Und dann will man wieder mit bei der Musik sein. «Das Auto für 2016 wird komplett neu», freut sich Leupen schon auf die Neuentwicklung, die dann auch TS050 Hybrid heissen wird. «Es gibt einen neuen Motor. Der läuft bald auf den Prüfständen. Ausserdem gehen wir auf die Batterietechnologie.» Während also die Superkondensatoren als Speichermedium ausrangiert werden, bleibt die Art und Weise, wie die elektrische Energie gewonnen wird, jedoch gleich. «Wir werden das weiterhin über zwei KERS-Systeme machen, sprich über die Bremse», deckt Leupen gegenüber SPEEDWEEK.com auf. Ziel ist es ausserdem, genauso wie der momentane Dominator Porsche, in der 8-MJ-Klasse zu fahren.

Wie schon beim aktuellen Auto und auch beim Vorgänger, dem TS030 Hybrid, wird es wieder eine Arbeitsteilung zwischen Köln und Japan geben. Das bedeutet: Antrieb aus Fernost und Auto aus Deutschland. «Die Entwicklung im Windkanal in Köln läuft auf Hochtouren. Und auch die Simulationen», gibt der Teamdirektor einen Einblick. Fertig wird der Wagen dann Ende des Jahres. Der erste Test wird im Januar stattfinden. Leupen: «Das wird in Europa sein, irgendwo in Spanien, Portugal oder Südfrankreich. Da, wo es halt trocken ist. Normalerweise sind wir ja in der Regel in Südfrankreich - in Le Castellet», freut er sich schon auf die erste Ausfahrt des TS050 Hybrid im Winter.

Während die Konkurrenz aus Deutschland mit grosser finanzieller Power in der FIA WEC unterwegs ist, backt man bei Toyota monetär eher kleinere Brötchen. Dementsprechend hatte man im Gegensatz zu den Rivalen stets auf ein drittes Auto beim Saisonhighlight, den 24 Stunden von Le Mans, verzichtet. Auch wenn die Mannschaft aus Köln gerne diesen Schritt gegangen wäre. Das finale Go dafür gibt es jedoch stets aus Japan: «Wir schlagen es jedes Jahr vor. Aber es ist nicht an uns zu entscheiden, ob wir das machen können. Denn es ist eine Budgetfrage. Wir möchten nicht unser Entwicklungsbudget herunter fahren, nur um ein drittes Fahrzeug in Le Mans zu bringen. Aber wir glauben natürlich schon, dass es Sinn machen würde», erklärt er. Was auf jeden Fall aber schon mal sichergestellt ist: Leupen kann für die kommende Saison mit mehr Geld kalkulieren als noch für 2015. Denn für die Entwicklung des TS050 hat er entsprechende finanzielle Mittel aus Japan zur Verfügung gestellt bekommen.

Untypisch für die Japaner ist jedoch die Herangehensweise an das kommende Jahr. Der Hauptaugenmerk liegt darauf, den Rückstand auf der Uhr gegen Audi und Porsche aufzuholen. Leupen erklärt gegenüber SPEEDWEEK.com wie folgt: «Klar wird 2016 ein Entwicklungsjahr sein. Aber wir hoffen, in Le Mans ein Auto zu haben, mit dem wir vom Speed mit den Anderen mithalten können. Und dann schauen wir, wie es mit der Zuverlässigkeit ist. Das ist natürlich ein Risiko.»

Grundsätzlich ist Toyota mit dem Engagement in der FIA WEC sehr zufrieden. Denn man kann seine Expertise im Hybrid-Business einem weltweiten Publikum präsentieren. Folglich planen die Japaner längerfristig mit der Sportwagen-WM. Das eingeführte technische Reglement findet intern grossen Zuspruch. Und dabei soll es erst einmal auch bleiben: Das von Reglementshütern und Herstellerkonkurrenten voran gebrachte neue LMP1-Reglement für 2017 möchte Toyota so schnell noch nicht sehen. «Wir wollen keine grossen Änderungen im Hybridsystem. Wir möchten Stabilität. Wenn wir 2016 mit einem neuen System kommen und dann für 2017 schon wieder, da muss man schon mal Achtung sagen», legt Leupen den Standpunkt von Toyota offen. «Deswegen sind wir für die grosse Reglementsänderung erst im Jahr 2020, so wie es eigentlich am Anfang auch mal anvisiert war. Diese Position haben wir gegenüber ACO, FIA, Audi und Porsche klargestellt. Da gibt es mit Sicherheit noch Diskussionen», schaut der Toyota-Mann den nächsten Gesprächen entgegen. Während man kostspieligen Änderungen am Hybridsystem negativ gegenüber steht, ist man woanders mit Verbänden und Konkurrenz auf einer Linie: «Ein anderes Thema ist das neue Monocoque, das es 2017 geben soll. Da geht es um Sicherheit für den Fahrer. Da machen wir auf jeden Fall mit», bestätigt Leupen. Das bedeutet: Der für 2016 entwickelte TS050 Hybrid soll dann für 2017 einfach ein neues Monocoque eingepflanzt bekommen. So ist zumindest der aktuelle Planungsstand.

Es bleibt also spannend in der FIA WEC – zumindest hinter den Kulissen. Der nächste WM-Lauf findet übrigens am 19.September in Austin/USA statt.

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Von Ivo Schützbach
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