Nach Crash von Marcus Ericsson (Sauber): Viel Kritik
Crash von Marcus Ericsson
Toro-Rosso-Fahrer Brendon Hartley bringt es auf den Punkt: «Einen Unfall wie von Marcus Ericsson willst du nicht erleben. Ich hatte selber einige Crashes dieses Jahr und weiss genau, wie sich der Schwede fühlt. Marcus mit uns am Freitagabend bei der Fahrerbesprechung unter uns zu sehen, das sagt alles aus über das Sicherheitsniveau der Formel 1.»
Der Unfall des Sauber-Piloten liess allen das Blut in den Adern gefrieren: TV-Aufnahmen zeigen, wie das aufklappbare Heckflügel-Element (DRS, drag reduction system) zu spät geschlossen hatte, kurz darauf berichtete sein Stallgefährte Charles Leclerc, das DRS funktioniere auch an seinem Wagen nicht ordnungsgemäss. Es entstand am Funk eine längere Diskussion zwischen dem besorgten Monegassen und seiner Mannschaft.
Ericsson hatte den Flügel flachgestellt, als er hinter einem Gegner lag. Die eigens für Monza gebaute Highspeed-Flügelklappe öffnete daraufhin einen grösseren Spalt als sonst, und als der Schwede den Flügel wieder steilstellen wollte, war die Rückholfeder von dieser Aufgabe möglicherweise überfordert. Der Flügel blieb jedenfalls offen, in der Anbremszone fehlte der übliche Abtrieb, der Sauber von Ericsson bog schlagartig nach links ab, krachte in die Leitschiene und stolperte anschliessend über die eigenen Räder, worauf er sich überschlug. Für Samstag wurde ein neues Auto aufgebaut und von den Regelhütern des Autoverbands FIA am Samstagmorgen homologiert. Die Sicherheitszelle des Unfallwagens blieb zwar intakt, wird aber in der kommenden Woche im Sauber-Rennwagenwerk genauer geprüft. Um den neuen Renner aufzubauen, musste Sauber die befohlene Nachtruhe brechen, was den Rennställen zwei Mal pro Saison straffrei erlaubt ist.
Um 10.00 Uhr früh am Samstagmorgen wurde Marcus Ericsson von den FIA-Ärzten fit erklärt, um am dritten Training teilnehmen zu können.
Renault-Fahrer Carlos Sainz: «Ich bin sehr froh, dass Marcus okay ist. Dieses künstliche Hilfsmittel DRS gehört verboten, es ist gefährlich. Wenn der Flügel nicht zuklappt, verändert sich das Fahrverhalten komplett. Ich hoffe, wir haben eines Tages eine Formel 1 mit Autos, die ein DRS überflüssig machen.»
Das DRS wurde 2011 eingeführt, als Pflaster für eine klaffende Wunde: Die Aerodynamik der modernen Grand-Prix-Renner ist so sensibel, dass es für einen Verfolger ganz schwierig ist, sich in den Windschatten zu setzen und dann einen Angriff zu wagen. Formel-1-Technikchef Ross Brawn und seine Mitarbeiter arbeiten daran, die Sensibilität der Autos zu verringern, angefangen mit neuen Flügeln 2019 und einer neuen Modellgeneration 2021.
Brawn hatte ein Forschungsteam zusammengestellt, das die Auswirkungen der hochgestochenen Aerodynamik ergründet. Der Engländer holte kompetente Leute am Bord, wie etwa den früheren Williams-Aerodynamikchef Jason Somerville.
Die Rennställe geben sich hilfsbereit (wir staunen!) und haben Brawn, Somerville und ihren Mitarbeitern Flussdynamikberechnungsdaten von 2017 zur Verfügung gestellt.
Ross Brawn: «Wir können anhand der Daten simulieren, wie sich der Luftfluss hinter einem Fahrzeug auf den Verfolger auswirkt. Auf kurze Sicht werden wir weiter mit dem DRS arbeiten müssen. Meine Hoffnung besteht darin, dass wir die Rennwagen in den kommenden Jahren so entwickeln, dass wir eines Tages darauf verzichten können.»