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Mick Schumacher: Ferrari und Talent reichen nicht

Kolumne von Mathias Brunner
Mick Schumacher

Mick Schumacher

​​Mick Schumacher hat 2018 den Formel-3-Europameistertitel erobert. Die Historie ist dem 19-Jährigen eine Warnung: Talent und ein Band zu einem Top-Team führen nicht immer zu einer grossen Karriere.

Ich finde, Mick Schumachers Managerin Sabine Kehm hat die Karriere des jungen Schumi bislang mit geschickter Hand geführt: Ein Schritt nach dem anderen, keine vollmundigen Aussagen, ein Lehrjahr, dann eine zweite Saison, in welcher Siege und im Idealfall der Titel herauskommen sollen. Das hat in der Formel 4 nicht ganz gereicht: Mick wurde 2016 in seiner zweiten Saison der Einsteigerkategorie jeweils Gesamtzweiter der Meisterschaften in Deutschland und Italien. Nach verhaltenem Formel-3-Start 2017 (zwölfter Gesamtrang) hat Mick den inneren Turbo gezündet und ist 2018 mit einer grandiosen zweiten Saisonhälfte zum EM-Titel gebraust.

2019 tritt Mick Schumacher in der Formel 2 an. Er ist in die Fahrer-Akademie von Ferrari aufgenommen worden, damit kann er an Formel-1-Tests mit Ferrari oder den Ferrari-Partnern Sauber und Haas teilnehmen. Jede Wette, dass wir den 19-Jährigen noch in dieser Saison im GP-Renner sehen. Aber trotz kluger Karriereplanung und auch mit einem Ferrari-Vertrag in der Tasche: Es gibt keine Garantie, dass Mick vor einer grossen Karriere steht, auch nicht mit dem Namen Schumacher.

Früher war nicht alles besser, aber vielleicht etwas weniger kompliziert. Ein junger Pilot trat mit dem Rennkart an, wechselte in den Autosport, in eine Einsteigerformel wie die Formel Ford etwa, dann war der Weg vorgegeben – Formel 3, Formel 2, bis in die Formel 1. Doch im Laufe der Zeit gab es immer mehr Nachwuchsserien, wie der zehnfache GP-Sieger Gerhard Berger bemängelte: «Der eine trat in der Formel-3-EM an, der andere in der GP3-Serie oder in der 3.5-Liter-V8-Klasse, jahrelang als Renault World Series bekannt. Das System erfüllte seinen Zweck nicht mehr, einem Nachwuchsfahrer ein aussagekräftiges Leistungszeugnis zu beschaffen. Quervergleiche waren schwierig.»

Beim FIA-Präsidenten Jean Todt fand Berger ein offenes Ohr. Auch der Franzose fand: Der Weg eines jungen Piloten muss wieder geradliniger verlaufen. Am liebsten schnurstracks von der Einsteigerserie Formel 4 über die Formel 3, die Formel 2 (bis Ende 2016 GP2 genannt) und dann in die Formel 1. Seit Ende 2018 gibt es die GP3 nicht mehr, sie ist ersetzt durch die Formel 3.

Wenn auch der Weg direkter wird, einfacher ist die Aufgabe für die jungen Rennfahrer nicht. Wir sind diesen Fragen nachgegangen: Welche Fahrer haben es aus den angeblichen Sprungbrettklassen wirklich in den Grand-Prix-Sport geschafft? Wie haben sie sich dort geschlagen? Wir haben uns dabei in der Formel 3 umgeschaut, in der GP3 sowie in der GP2/Formel 2. Hier unsere Erkenntnisse.

Formel 3

Meister 2018: Mick Schumacher (D)
2019 Formel 2, neuerdings Mitglied der Ferrari-Fahrerakademie

Meister 2017: Lando Norris (GB)
2019 Formel 1 mit McLaren

Meister 2016: Lance Stroll (CAN)
Seit 2017 in der Formel 1

Meister 2015: Felix Rosenqvist (S)
Keine Verbindungen zur Formel 1, fährt 2019 Formel E und IndyCar

Meister 2014: Esteban Ocon (F)
Seit 2016 in der Formel 1, 2019 ist der Mercedes-Junior ohne Stammplatz

Meister 2013: Raffaele Marciello (I)
Lediglich Testfahrten mit Sauber und Ferrari, später Blancpain-GT-Meister

Meister 2012: Daniel Juncadella (E)
Testfahrten mit Force India, später Tourenwagensport

Meister 2011: Roberto Merhi (E)
2015 dreizehn Grands Prix für Manor

Meister 2010: Edoardo Mortara (I)
Keine Formel-1-Karriere, stattdessen DTM und Formel E

Meister 2009: Jules Bianchi (F)
Ferrari-Zögling, ab 2013 in der Formel 1. Schwerer Unfall 2014 in Suzuka, im Sommer 2015 verstorben

GP3

Meister 2018: Anthoine Hubert (F)
Mitglied des Nachwuchsförderprogramms von Renault Sport

Meister 2017: George Russell (GB)
2018 Formel-2-Champion, 2019 GP-Pilot bei Williams

Meister 2016: Charles Leclerc (MC)
Ferrari-Zögling, 2017 F2-Champion, 2018 bei Sauber, 2019 im Ferrari neben Sebastian Vettel

Meister 2015: Esteban Ocon (F)
Seit 2016 in der Formel 1, 2019 ohne Stammplatz

Meister 2014: Alex Lynn (GB)
Testfahrten mit Williams, später in der Formel E

2013: Daniil Kvyat (RU)
Red-Bull-Zögling, seit 2014 in der Formel 1

2012: Mitch Evans (AUS)
Keine Formel-1-Karriere, heute in der Formel E

2011: Valtteri Bottas (FIN)
Ab 2013 in der Formel 1, bei Williams, dann bei Mercedes-Benz

2010: Esteban Gutiérrez (MEX)
Ab 2013 im Sauber, 2016 bei Haas. Arbeitet an einem Comeback

GP2/Formel 2

Meister 2018: George Russell (GB)
2019 GP-Pilot bei Williams

Meister 2017: Charles Leclerc (MC)
2018 bei Sauber, 2019 im Ferrari neben Sebastian Vettel

Meister 2016: Pierre Gasly (F)
Red-Bull-Zögling, seit 2017 in der Formel 1

Meister 2015: Stoffel Vandoorne (B)
Ab 2017 zwei Jahre bei McLaren, dann kein Vertrag mehr. Fährt 2019 Formel E

Meister 2014: Jolyon Palmer (GB)
2016/2017 bei Renault, während der Saison entlassen

Meister 2013: Fabio Leimer (CH)
Lediglich Testfahrten für Sauber und Manor

Meister 2012: Davide Valsecchi (I)
Nur Ersatzfahrer bei Lotus (heute Renault), heute TV-Kommentator der italienischen Sky

Meister 2011: Romain Grosjean (F)
GP-Karriere bei Renault, Lotus und Haas

Meister 2010: Pastor Maldonado (YV)
Von 2011 bis 2015 in der Formel 1, GP-Sieger in Spanien 2012

Meister 2009: Nico Hülkenberg (D)
Ab 2010 in der Formel 1, inzwischen 156 Grands Prix alt

Fazit

Von zehn Formel-3-Champions erhielten nur vier Fahrer einen Stammplatz in der Formel 1. Einen Grand Prix gewonnen hat keiner davon. Zwei fahren 2019 Formel-1-Rennen.

Von neun Meistern der GP3 erreichten sechs Piloten einem Stammplatz in der Formel 1. Einen Grand Prix gewonnen hat davon nur einer (Valtteri Bottas). Vier fahren 2019 Formel-1-Rennen.

Von zehn Champions der GP2/Formel 2 haben es acht Fahrer zu einem Stammplatz gebracht. Nur einer davon hat einen Grand Prix gewonnen (Pastor Maldonado). Fünf fahren 2019 Formel-1-Rennen.

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