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Carlos Ghosn (Ex-Renault): Freilassung auf Kaution

Von Mathias Brunner
Carlos Ghosn

Carlos Ghosn

​Der gefallene Autokonzern-Chef Carlos Ghosn (Renault, Nissan, Mitsubishi) kommt nach mehr als drei Monaten Haft auf Kaution frei. Das hat das Bezirksgericht von Tokio am 5. März beschlossen.

Carlos Ghosn (64) hat ein Etappenziel erreicht: Der frühere Spitzenmanager von Renault, Nissan und Mitsubishi kommt auf Kaution frei, das hat ein Bezirksgericht von Tokio am 5. März verkündet. Die Höhe der Kaution beträgt eine Milliarde Yen (rund 8 Millionen Euro). Ghosn darf das Land nicht verlassen und hat die Bedingung akzeptiert, dass am Eingang zu seinem Haus Überwachungskameras installiert werden.

Seit 19. November befindet sich der Franko-Brasilianer mit libanesischen Wurzeln in Tokio in Haft. Trotz des jüngsten Urteils ist noch unklar, ob Ghosn wirklich auf freien Fuss kommt. Denn die Staatsanwaltschaft kann gegen die Freilassung auf Kaution Berufung einlegen. Noch steht nicht fest, wann es gegen Ghosn zum Prozess kommen wird. Der Beschuldigte bestreitet alle Vorwürfe und beteuert, das Opfer eines Komplotts zu sein.

Die Vorwürfe gegen Carlos Ghosn sind umfangreich. Der in Brasilien geborene Nissan-Sanierer steht im Verdacht, von 2011 bis 2015 systematisch Einkommen zu gering angegeben zu haben, in Höhe von insgesamt fast 40 Millionen Euro. Es ist davon die Rede, dass der langjährige Renault-CEO mit Firmengeld in verschiedenen Städten Luxuswohnungen gekauft haben soll, in Rio und Paris, in Amsterdam und Beirut. Verdächtig scheint auch ein 1,7-Millionen-Dollar-Beratervertrag für Ghosns Schwester. Es wird sogar behauptet, Ghosn habe sich seine Scheidung von der Firma finanzieren lassen. Es gibt Hinweise auf fragwürdige Geschäftspraktiken, dies mit Investoren aus Indien, dem Mittleren Osten und Lateinamerika. Es geht unter anderem um angebliche Zahlungen an den saudi-arabischen Geschäftsmann Khaled al-Juffali, deren Hintergründe unklar sind. Wie bei allen anderen Vorwürfen gegen Carlos Ghosn gilt die Unschuldsvermutung.

Anfang Februar berichtete «Le Figaro»: Renault hat beim Nachgehen neuer Hinweise die Justiz eingeschaltet. Es geht um den Vorwurf angeblicher Bereicherung durch einen Sponsoring-Vertrag mit dem Schloss Versailles. Im Oktober 2016 hat Carlos Ghosn dort seine Carole geheiratet, die Kosten für den Mietvertrag des Schlosses sollen über das Sponsoring-Abkommen mit Renault abgerechnet worden sein. Renault teilte dazu mit: «Die bislang gesammelten Elemente erfordern eine zusätzliche Prüfung.» 2016 wurde zwischen Renault und dem Schloss Versailles ein Vertrag unterzeichnet, der dem Betreibern des Schlosses erlaubte, Restaurierungen über Renault zu finanzieren. Als Gegenleistung profitierte das Unternehmen von Dienstleistungen. Die Kosten der Hochzeits-Party in Höhe von 50.000 Euro soll Ghosn über seinen Arbeitgeber abgerechnet haben, so teilt Renault mit. Renault hat bestätigt, die Justiz eingeschaltet zu haben.

Ghosn beteuert in einer früheren Stellungnahme, «stets ehrenhaft und legal gehandelt zu haben. Ich werde falsch beschuldigt, ich werde zu Unrecht festgehalten, das alles basiert auf grundlosen Anschuldigungen.»

Carlos Ghosn war 1996 vom kriselnden Autohersteller Renault verpflichtet worden. Der gnadenlose Sanierer schaffte es, dass die Franzosen schon 1997 wieder schwarze Zahlen schrieben. Ab 2001 war Ghosn Vorstands-Chef von Nissan, seit 2005 auch Vorstands-Chef von Renault. Ab Dezember 2016 war er zusätzlich Verwaltungsrats-Vorsitzender von Mitsubishi, ab April 2017 sass er im Verwaltungsrat von Nissan.

Renault hält 43,4 Prozent Anteile an Nissan, Nissan wiederum ist zu 34 Prozent Mitbesitzer von Mitsubishi. Die grössten Teilhaber von Renault sind Nissan und der französische Staat, mit je 15 Prozent.

Drei Tage nach der Festnahme wurde Carlos Ghosn als Nissan-Chef abgesetzt. Renault wurde zunächst übergangsmässig von Thierry Bolloré geleitet (zuvor Vizedirektodr). Dann bestätigte auch der Mitsubishi-Vorstandsvorsitzende Osamu Masuko die Absetzung von Ghosn. Am 24. Januar hat sich der Verwaltungsrat von Renault in Boulogne-Billancourt bei Paris versammelt, um die Nachfolge von Ghosn zu regeln, und die Lösung sieht eine Kompetenz-Teilung vor: Carlos Ghosns bisheriger Stellvertreter Thierry Bolloré (55) leitet nun als Generaldirektor ab sofort dauerhaft das operative Geschäft von Renault, er ist der neue CEO. Neuer Präsident des Verwaltungsrats wird Jean-Dominique Senard, seit 2012 CEO des Reifenherstellers Michelin. Die Zeiten eines Sonnenkönigs wie Carlos Ghosn als Verwaltungsrats-Chef und CEO in einer Person sind also vorbei.

Caroline Ghosn, die Tochter von Carlos Ghosn, wittert eine Verschwörung. Sie verbreitet die Theorie, wonach Nissan die von Ghosn geplante Fusion zwischen Renault und dem japanischen Autohersteller verhindern wollte. Nicholas Maxfield, Sprecher von Nissan, sagt dazu: «Diese Behauptungen sind haltlos. Die Familie Ghosn hatte keinen Einblick in Gespräche über die Zukunft von Nissan. Hier geht es nicht um eine Fusion, hier geht es um Fehlverhalten.»

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