Jean Alesi: «Leclerc ist schon bald Weltmeister»
Jean Alesi winkt Monza-Sieger Charles Leclerc ab
Der langjährige Formel-1-Fahrer Jean Alesi hat sich bei der italienischen RAI zum Interview hingesetzt. Der 55jährige Franzose nahm in der Radiosendung «I Lunatici» (die Launenhaften) Stellung zu aktuellen Fragen rund um die Königsklasse.
Von Le Castellet 1989 bis Japan 2001 hat der Franzose mit sizilianischen Wurzeln insgesamt 201 WM-Läufe bestritten, einmal konnte er gewinnen, 1995 in Kanada. Klar sind die Erinnerungen an seine Zeit als Ferrari-Fahrer am kraftvollsten: «Das sind Jahre, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Noch heute berührt es mich sehr, dass mich die Tifosi nicht vergessen haben.»
«Gewiss ist der Sieg in Montreal meine schönste Erinnerung. Das Ganze passierte auch ausgerechnet an meinem Geburtstag, also viel verrückter geht es nicht. Einige Male war ich einem weiteren Sieg nahe, aber es hat nicht sollen sein, aus verschiedenen Gründen.»
Wie sieht der zweimalige WM-Vierte die heutige Formel 1? «Ich bin nicht der Ansicht, dass sie weniger spannend als früher ist. Ich glaube vielmehr, dass wir die Perspektive geändert haben. Vielleicht sind wir alle ein wenig verdorben von der ganzen Unterhaltungswelt. Das fahrerische Niveau heute ist hoch, die Autos sind kraftvoll und sauschnell, die Formel 1 bietet noch immer Automobilsport auf höchstem Niveau – also mir gefällt das.»
Und wie ist es mit Ferrari? Alesi weiter: «Was du als Ferrari-Pilot erlebst, das kannst du bei keinem anderen Rennstall erleben. Vielleicht waren die Autos aus Maranello nicht immer die schnellsten, aber immer die schönsten. Ferrari-Fahrer zu sein, ins Werk von Maranello zu kommen, auf die Bahn von Fiorano auszurücken, das ist einzigartig. Ferrari ist unvergleichlich.»
Wie vergleicht Alesi die ganz Grossen der verschiedenen Epochen? «Der direkte Vergleich ist unmöglich, man muss das aufteilen zwischen den verschiedenen Epochen. Juan Manuel Fangio war ein Held. Wer zu seiner Zeit einen Fahrfehler beging, der war tot. Aber am meisten beeindruckt von allen hat mich Ayrton Senna. Er hatte eine Fahrzeugbeherrschung, die nicht von dieser Welt war. Die Entschlossenheit, die Emotionen, diese Begabung, diese Kombination habe ich in keinem anderen Rennfahrer gesehen.»
Einer, der vielleicht auch ein Grosser werden kann, sitzt heute im Ferrari – der Monegasse Charles Leclerc. Alesi hat ihn beim Sieg in Monza vom vergangenen September abgewunken (siehe unser Bild). Jean Alesi sagt: «Charles ist ein Phänomen. Ich bin mir ganz sicher, dass er bald schon Weltmeister wird.»