Neues Rätsel Racing-Raritäten: Vergessener Pionier
Meist aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur LAT stellen wir bekanntlich jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.
Die Lösung vom letzten Mal: Der Engländer Geoff Lees mit einem Ensign N175-Ford, im Training zum britischen Grand Prix in Brands Hatch 1978, Lees scheiterte an der Qualifikationshürde. Der Wagen gehörte dem Briten Jack Kallay, dem Besitzer von Hi-Line (Fahrzeug-Kleber), eingesetzt wurde der Renner von Mario Deliotti, einem Alfa-Romeo-Händler.
Die 70er Jahre, eine wunderbare Spielwiese von Privatiers – Kundenauto kaufen, Motor von Cosworth, Getriebe von Hewland und ab ging’s zum Grand Prix! Undenkbar heute. Deliotti war mit Ensign-Gründer Mo Nunn befreundet und mit dessen Wegbegleitern Teddy Yip sowie Sid Taylor.
Unser Tipp vom letzten Mal (lieber ein König im Osten als ein Bettler im Westen) bezog sich auf den im GP-Sport krass unterschätzten Geoff Lees. Der Mann mit den windschiefen Zähnen wuchs in der Nähe der Rennstrecke Mallory Park auf. Dort traf er sein Idol Graham Hill. Nach dieser Begegnung war für Lees klar – er wollte Rennfahrer werden.
Lees arbeitete sich von ganz unten hoch. Er ackerte als einfacher Automechaniker so lange, bis es zu einem Rennwagen reichte. Ein vierter Platz in der Formel-Ford-Meisterschaft 1971 zeigte, dass Geoff Talent hat. Dann war die Kohle alle. Lees sparte zwei Jahre lang, um wieder eine volle Saison bestreiten zu können, 1975 war er Formel-Ford-Meister. Er stieg in die Europameisterschaft auf, wurde 1976 Dritter und 1977 Vierter.
Schon 1978 sass er in einem früheren GP-Renner und nahm an der britischen Formel-1-Serie Aurora AFX teil, für Mario Deliotti. Mit dem gleichen Auto versuchte er sich, für den Heim-GP zu qualifizieren, vergeblich. In der Aurora-Serie wurde er Gesamtfünfter, passenderweise mit dem einzigen Sieg in Mallory Park.
Ohne Aussicht auf die Fortsetzung seiner Karriere in Europa liess sich Lees für die CanAm-Serie anheuern und kämpfte dort 1979 mit Fahrern wie Jacky Ickx, Keke Rosberg oder Bobby Rahal. Lees wurde Meisterschaftsdritter.
In der Formel 1 blieb Lees in den folgenden Jahren ein Notnagel: 1979 für Tyrrell (Siebter in Hockenheim, aber damals gab es nur für die ersten Sechs im Ziel Punkte), 1980 bei Shadow und Ensign und Theodore, 1982 für Lotus und Theodore.
Über den Shadow DN12 von 1980 sagte Lees, der gewiss kein Hasenfuss war: «Das schlechteste Rennauto, das ich in meinem ganzen Leben gefahren bin, der Wagen machte mir wirklich Angst.»
Fazit: Zwölf GP-Wochenenden, acht Teams, sechs Rennställe, null Punkte.
Fast wäre es zu einem dreizehnten gekommen: 1987 war Lees F1-Testfahrer von Honda und drehte mit einem Williams FW11-Honda im Land der aufgehenden Sonne unzählige Runden. Er fand einen Geldgeber, der den Einsatz eines dritten Honda-befeuerten Autos in Suzuka finanziert hätte, Honda nickte den Plan ab, als Dankeschön für die aufopfernde Arbeit von Geoff.
Aber Frank Williams lehnte es ab, ein drittes Auto einzusetzen, und Ayrton Senna bestand bei Lotus auf sein Recht, jederzeit Zugriff auf den dritten Wagen zu haben. Lees organisierte einen Einsatz bei Arrows, aber das lehnte sein japanischer Sponsor ab – Geld nur dann, wenn ein Honda-Motor im Heck steckt.
An Talent mangelte es nie: 1981 wurde Geoff Lees mit Ralt-Honda Formel-2-Europameister. Aber die grossen Angebote aus der Formel 1 blieben aus. Lees hatte von der europäischen Rennszene nun die Nase voll und wanderte aus nach Japan. 1983 wurde er japanischer Formel-2-Meister. 1986, 1988, 1989 und 1992 wurde er Sportwagenmeister. Endlich erhielt Lees die passende Anerkennung: Er sass in konkurrenzfähigen Autos, gewann reihenweise und verdiente einen schönen Batzen Geld. Im Jahre 2000 hängte er seinen Helm an den Nagel – als einer der grössten Renn-Stars in Japan.
Damit zum neuen Rätsel: Dieser Fahrer hat ein weitgehend unbekanntes Kapitel in der Historie eines der berühmtesten Formel-1-Teams geschrieben.
Machen auch Sie mit! Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.