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Nürburgring: Der Mythos, der nicht totzukriegen ist

Von Andreas Reiners
Der Nürburgring ist Kult, er hat aber auch Probleme. Das Schöne: Der Mythos ist nicht tot zu kriegen. Im Oktober kehrt die Formel 1 nach sieben Jahren Pause zurück.

Der Mythos beginnt mit einem Mythos. Denn ob der 3. Juni 1934 tatsächlich die Geburtsstunde der Silberpfeile ist – darüber wird noch heute gestritten.

Der damalige Rennleiter Alfred Neubauer soll angeblich in der Nacht vor dem Eifelrennen auf dem Nürburgring den weißen Lack vom Mercedes W 25 bis zum silbernen Blech abgekratzt haben, um die Gewichtsgrenze von 750 Kilogramm einhalten zu können.

Der Sieg von Manfred von Brauchitsch rundet die Anekdote ab. Es ist eine von so vielen, die seit der Premiere des Nürburgrings am 18. Juni 1927 geschrieben und erzählt wurden.

Rudolf Caracciola die erste Legende

«So etwas hatten wir noch nicht erlebt. Da lag mitten in den Eifelbergen eine Straße, eine geschlossene Schleife mit fast 180 Kurven, die auf 22 Kilometer verteilt waren. Eine Strecke mit Steigungen, die dem Motor scharf an die Lungen griffen, aber auch mit unsagbar schönen Ausblicken weit über das Land, auf Täler und Dörfer», sagte Rudolf Caracciola, der als erster Fahrer ein Autorennen auf dem Nürburgring gewann. Und in den Folgejahren zur ersten Nürburgring-Legende wird.

Warum eine Rennstrecke mitten in der Eifel? Es sollte damals eine wirtschaftliche Unterstützung für die bitterarme Region sein. Was sie lange auch war. Sie war Jobmotor, Identität für die Anwohner, am Ende aber auch Fluch.

Es ist keine Frage, dass der Nürburgring vor allem mit der legendären Nordschleife in Verbindung gebracht wird. «Grüne Hölle», wie Jackie Stewart den Eifel-Kurs auch nannte. Ehrfurcht vor der Männerstrecke, jedes Mal aufs Neue.

Sieben Minuten Angst und Anspannung

Immer, wenn Stewart zu den Rennen reiste, schaute er in den Rückspiegel durch die Einfahrt auf sein Haus. «Weil ich nicht wusste, ob ich zurückkommen würde», wie er im Tagesspiegel einst verriet. Angst kennen Rennfahrer eigentlich keine. In der «Grünen Hölle» war alles anders: «Auf einer Runde haben wir in sieben Minuten mehr Angst und Anspannung erlebt als die meisten Menschen in ihrem kompletten Leben.»

Der Feuerunfall von Niki Lauda am 1. August 1976 beendete die Gastspiele der Nordschleife in der Motorsport-Königsklasse.
Aber nicht den Mythos Nürburgring, der wurde auch in der Formel 1 fortgesetzt: Denn das Comeback am Ring feierte die Königsklasse nach dem Bau einer neuen, nur 4,542 Kilometer langen, modernen Grand-Prix-Strecke im Jahr 1985.

Nach mehr als 56 Jahren Motorsportgeschichte auf der Nordschleife war die Zeit also reif für ein neues Kapitel. 2003 wurde der Grand-Prix-Kurs durch den zusätzlichen Streckenabschnitt «Mercedes Arena» auf die heutige Distanz von 5,148 Kilometer verlängert.

Schumacher-Hype und F1-Rückkehr

Keine Frage: Es ist natürlich Michael Schumacher, der den Hype, den Boom in den 90er Jahren auch zum Nürburgring bringt - ganz ohne Nordschleife.

Mehr noch: Seine Erfolge sorgen dafür, dass der Nürburgring mitsamt seinem berüchtigten Eifel-Wetter nach einigen Jahren Pause (Hockenheim trug den Deutschland-GP aus) als Großer Preis von Europa zusätzlich wieder in den Kalender rückt.

Bis zu 142.000 Fans pilgern in der Schumi-Hochzeit in die Eifel.

Fünf Siege feierte Schumacher auf der Strecke, die nur rund 90 Kilometer von seinem Geburtsort Kerpen entfernt ist. 2007 wird eine Kurve auf der GP-Strecke nach dem Rekordweltmeister benannt.

In dieser Zeit biegt die Kultstrecke aber falsch ab. Beziehungsweise diejenigen, die am Steuer sitzen.

Das Millionengrab Nürburgring

Denn zu den finanziellen Verlusten der staatseigenen Nürburgring GmbH durch die hohen Formel-1-Antrittsgebühren gesellte sich ein weiteres, noch gewaltigeres Millionengrab: das ehrgeizige Großprojekt Nürburgring 2009 mit Themenpark, Hotels, Großraum-Disco, einer Multifunktionshalle, einer Flaniermeile, Restaurants und der damals schnellsten Achterbahn der Welt.

All das finanziert jeweils zur Hälfte vom Land Rheinland-Pfalz und von privaten Investoren.

Als die Schecks dubioser Investoren platzten, platzte das Projekt gleich mit. 200 Millionen Euro mehr als geplant kostete die Großmannssucht, die Besucher, mit denen in sechsstelliger Höhe geplant wurde, blieben weg, und die GmbH ging pleite.

2015 wurde der Ring für läppische 77 Millionen Euro verscherbelt. 2013 fuhr die Formel 1 letztmals am Nürburgring.

Inzwischen hat sich der Nürburgring allerdings wieder berappelt.
Was bleibt, ist ein Mahnmal: Die zehn Millionen Euro teure Achterbahn, die bis heute nicht in Betrieb ist.

Was ebenfalls bleibt: Serien wie die DTM. Oder die ADC Formel 4. Das ADAC GT Masters. Oder Höhepunkte wie das 24-Stunden-Rennen oder jetzt die Formel 1.

Denn das Schöne ist: Der Mythos ist nicht tot zu bekommen.

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