Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Fernando Alonso (Renault): «Wir vermissen V10-Sound»

Von Mathias Brunner
Fernando Alonso im Renault R25 von 2005

Fernando Alonso im Renault R25 von 2005

​Renault verlässt mit dem Abu Dhabi-GP die Formel 1, die Franzosen treten ab 2021 als Alpine an. Fernando Alonso fährt auf dem Yas Marina Circuit seinen 2005er Weltmeister-Renault und ist baff.

Renault will sich in Abu Dhabi 2020 mit Stil verabschieden, nach 399 Rennen, 35 Siegen sowie vier WM-Titeln – zwei mit Fernando Alonso 2005 und 2006, zwei in der Markenwertung in den gleichen Jahren. Die Franzosen treten 2021 als Alpine in der Königsklasse an.

Um dieses Kapitel würdig abzuschliessen, hat Renault das Weltmeister-Auto von Fernando Alonso nach Abu Dhabi gebracht, den Renault R25 mit herrlich kreischendem Dreiliter-V10-Saugmotor. Es war der letzte Zehnzylinder der Franzosen, denn ab 2006 wurde mit 2,4-LiterV8-Aggregaten gefahren.

Als Max Verstappen, Valtteri Bottas und Lewis Hamilton bei der Pressekonferenz der ersten Drei des Abu Dhabi-Abschlusstrainings sassen, war draussen das Heulen von Alonsos Motor zu hören. Max grinste: «Hört mal, da ist Fernando am Üben.» Bottas, als Seitenhieb von Fernandos Einsatz beim Junior-Test am 15. Dezember: «Genau, Alonso, der Nachwuchsfahrer.»

Es gab auch in der ganzen Boxengasse lange Hälse, viele Mechaniker liessen es sich nicht nehmen, die Runden von Alonso zu verfolgen.

Jammerschade: Fernando Alonso scheuchte den Wagen vor leeren Tribünen um den Yas Marina Circuit, was den Asturier nicht davon abzuhalten, gewaltig Gas zu geben. Das Auto ist schneller denn je, denn vor fünfzehn Jahren rollten die GP-Renner auf den unsäglichen Rillenreifen, nun ist der R25 aber mit Slicks ausgerüstet!

Einige Neugierige liessen übrigens am Yas Marina die Stoppuhr mitlaufen: Die Rundenzeiten von Alonso lagen nur um rund fünf Sekunden über den schnellsten Formel-1-Zeiten. Das liegt vor allem daran, dass die Autos früher rund 150 Kilogramm leichter waren. Der 2005er Renault-Motor leistete 920 PS, die heutigen Turbohybrid-Aggregate liegen bei rund 1000 PS.

Um genau zu sein, fuhr Alonso 1:39er Runden. Zum Vergleich: Nicholas Latifi im Williams erreichte als Letzter des aktuellen Formel-1-Felds eine Zeit von 1:38,443 min. Beste Rennrunde des Abu Dhabi-GP von 2019: Lewis Hamilton im Silberpfeil, mit 1:39,2 min.

Alonso sagt: «Wir vermissen doch alle diesen unvergleichlichen Sound des V10-Saugmotors, nicht nur die Fans, sondern auch die Menschen im Fahrerlager, einschliesslich uns Fahrern! Wir vermissen diese Formel 1, in die wir uns als Jugendliche verknallt haben und über die wir vor dem Fernseher staunten.»

«Diese Demorunden sind etwas ganz Besonderes. Ich habe natürlich bemerkt, dass nicht nur die Renault-Mechaniker an der Boxenmauer hingen. Ich finde, das zeigt doch den Geist in diesem Sport – wenn wir ein Auto aus einer anderen Ära auf die Bahn bringen und sofort helle Begeisterung aufflammt. Das verbindet uns, und das finde ich schön.»

«Dieses Auto ist noch immer richtig schnell. Es klingt schon schnell! Am Lenkrad spürst du jede Bodenwelle, jede Vibration. Das Auto ist viel agiler als die heutigen Renner, weil es um so viel leichter ist. Du steigst mit einem riesigen Lächeln aus – ihr könnt es wegen der Maske nicht sehen, aber glaubt mir, es ist da.»

Einige Leute reagierten überrascht, dass es Alonso bei seinen Demo-Runden so knallen liess. Fernando lacht: «Mit diesem Wagen kannst du gar nicht langsam fahren. Jedes Mal, wenn ich einsteige, dann kommen all diese Erinnerungen zurück. Es fühlt sich einfach ganz natürlich an, schnell zu fahren. Ja, das Auto ist fünfzehn Jahre alt, aber für mich ist es die perfekte Fahrmaschine.»

Alonso darf am Sonntag vor dem WM-Finale nochmals ans Lenkrad jenes Rennwagentyps, mit dem er 2005 sechs Grands Prix gewann – Malaysia, Bahrain, Frankreich, Grossbritannien, Japan und China.

Gucken Sie mal, wie sich das Gewicht der Formel-1-Autos im Laufe der Jahre verändert hat:

1961 bis 1965: 450 Kilo
1966 bis 1968: 500
1969 bis 1971: 530
1972: 550
1973 bis 1980: 575
1981: 585
1982: 580
1983 bis 1986: 540
1987 bis 1993: 500
1994: 515
1995 bis 2008: 595
2009: 605
2010: 620
2011/2012: 640
2013: 642
2014: 690
2015/2016: 702
2017: 728
2018: 734
2019: 743
2020: 746
2021: 749

Zurück zum Renault R25 von Fernando Alonso: Das vom 32fachen GP-Sieger pilotierte Fahrzeug war jahrelang Teil der Sammlung «Renault Classic». Es wurde eigens für diesen Einsatz in Arabien wieder in rennbereiten Zustand versetzt, von Spezialisten im Rennwagenwerk von Enstone, Motorentechnikern aus Viry-Châtillon sowie Fachleuten von Rennwerk Engineering aus Köln, von Spezialisten des früheren Formel-1-Rennstalls von Toyota gegründet.

Der Wagen hätte eigentlich schon beim Heimrennen von Renault in Le Castellet um den Kurs sausen sollen, doch das GP-Wochenende in Südfrankreich fiel der Corona-Pandemie zum Opfer.

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