MotoGP: Stefan Bradl fährt sein letztes Rennen

WM-Plan 2021: 23 Rennen wegen Corona unrealistisch

Von Mathias Brunner
Das werden wir auch 2021 sehen: Rennen vor leeren Tribünen

Das werden wir auch 2021 sehen: Rennen vor leeren Tribünen

​Formel-1-CEO Chase Carey hat für die Saison 2021 gleich 23 WM-Läufe geplant. Das ist vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie unrealistisch. Wahrscheinlich sind weitere Grand-Prix-Absagen.

23 Rennen, so viele wie noch nie, das ist das Ziel von Formel-1-CEO Chase Carey. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ist dieses Programm unrealistisch, aber Carey wird sich damit nicht mehr herumärgern müssen – auf Ende Dezember geht der US-Amerikaner, sein Nachfolger ist der frühere Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali.

Der Italiener weiss: Von den für 2020 geplanten Rennen, 22 an der Zahl, konnten am Schluss nur 17 ausgetragen werden, von den unsprünglichen 22 Rennstrecken blieben nur 9 übrig, auf dem Red Bull Ring, in Silverstone und in Bahrain wurde zwei Mal innerhalb von acht Tagen gefahren. Die WM begann nach dem abgebrochenen Wochenende von Melbourne erst mit viermonativer Verspätung. Ein Rumpfprogramm war nur möglich, weil die Weltmeisterschaft vorwiegend in Europa stattfand und ein Finale im Mittleren Osten unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen ausgetragen wurde.

Es gab 2020 keine WM-Läufe in Asien, keine in Amerika. Traditions-GP wie in Monaco und Frankreich fielen aus, die geplante Rückkehr in die Niederlande musste verschoben werden. Dafür kehrte die Formel 1 auf frühere Rennstrecken zurück wie nach Istanbul, Imola oder auf den Nürburgring, erstmals ein Grand Prix fand in Mugello statt und in Portimão.

Möglich wurde eine Saison ab Anfang Juli erst dank eines strengen «closed doors protocols», mit nur 3000 Personen in einer «bubble», mit Geisterrennen und Tausenden ständiger Corona-Tests. Letztlich wurden drei Fahrer positiv getestet: die Racing-Point Fahrer Sergio Pérez und Lance Stroll, dazu Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton. Der Mexikaner verpasste deswegen die beiden Rennen in Silverstone, der Kanadier den WM-Lauf auf dem Nürburgring (Nico Hülkenberg sprang jeweils ein), Hamilton konnte den Sakhir-GP nicht bestreiten.

Die Veranstalter mussten sich der Situation ständig anpassen. Beim Formel-1-Lauf in Portimão vom 25. Oktober waren 45.000 Zuschauer geplant, kurz vor der Veranstaltung musste auf 27.500 Fans heruntergefahren werden, beim Motorrad-GP im November wurde wegen der zweiten Erkrankungswelle auf der gleichen Rennstrecke ein Geisterrennen unerlässlich.

Chase Carey hat aus vertraglichen Gründen den WM-Kalender 2021 veröffentlicht. Vor dem Hintergrund zweiter und dritter Wellen ist es unlogisch anzunehmen, dass die Königsklasse ohne weitere Verschiebungen und Absagen bleiben wird. Weitere Erkrankungswellen, Lockdowns und Reiseverbote werden auch 2021 das Programm tüchtig durcheinanderwirbeln. Letztlich obliegt es nicht dem Formel-1-Promoter Liberty Media ein Rennen abzusagen, sondern im Verantwortungsbereich des Veranstalters, der sich nach den jeweiligen Vorschriften der Gesundheitsbehören richten muss.

Die Lage bleibt kompliziert und unberechenbar. In Asien breitet sich eine dritte Covid-19-Welle aus. In den USA wurden am 16. Dezember 2020 neue traurige Rekordzahlen gemeldet: 248.686 neue Erkrankungen, 3.538 neue Todesfälle, damit haben (Stand 16. Dezember) 314.629 Menschen in den Vereinigten Staaten von Amerika ihren Kampf gegen den Virus verloren. Seuchen-Experte Dr. Anthony Fauci rechnet damit, dass bis zum 1. Februar die Grenze von 400.000 Corona-Toten überschritten wird.

In Australien gilt bis auf Weiteres ein umfassendes Einreiseverbot für alle ausländischen Reisenden ohne Aufenthaltsbewilligung. Wie soll sich so ein Formel-1-WM-Auftakt veranstalten lassen?

In Bahrain liegen die täglichen Neuinfektionen seit einem Monat unter 200, ein Formel-1-Rennen konnte jedoch nur unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden. Ob die Formel 1 im April nach China zurückkehrt? Sehr fraglich. Wie der freie Termin Ende April gefüllt wird, wenn überhaupt, ist von der Situation in Europa abhängig.

Mit flächendeckenden Impfungen ist erst im dritten Quartal zu rechnen. Vorrang haben medizinisches Personal, Vorerkrankte und ältere Menschen.

Für die meisten GP-Veranstalter gilt: Nur über den Ticketverkauf können sie jenes Geld einnehmen, um die Millionengebühren für die Formel 1 bezahlen zu können. 2020 war eine Ausnahme, denn in der Königsklasse wurden den meisten europäischen Veranstaltern die Gebühr erlassen. In Übersee wird nur gefahren, wenn die volle Gebühr entrichtet wird. Das können sich die meisten Veranstalter ohne Zuschauer nicht leisten.

Mit Landesregierungen und Tourismusbehörden wurde eine Antrittsgebühr vereinbart, um wenigstens die Austragungskosten zu decken. So erlebten wir einen zweiten WM-Lauf in Österreich als Grossen Preis der Steiermark oder einen Grand Prix der Toskana in Mugello.

Natürlich wünschen sich alle eine Rückkehr zur Normalität. Aber in aller Wahrscheinlichkeit werden wir zwei Szenarien erleben: Weitere Geisterrennen oder Grands Prix mit einer stark beschränkten Anzahl von Fans. Die Gesundheitsbehörden müssen die Lage im eigenen Land einschätzen, um zu bestimmen, welches Vorgehen ratsam ist. Im besten Falle werden wir irgendwann in der zweiten Jahreshälfte ein normal durchgeführtes Rennen erleben.

Für die Formel 1 und ihre 17 Rennwochenenden 2020 wurden mehr als 78.000 Corona-Tests gemacht, 78 davon waren positiv. Formel-1-Sportchef Ross Brawn: «Es hat sich gezeigt, dass das Vorgehen mit so genannten Blasen, also kleinen Arbeitsgruppen, die getrennt voneinander arbeiten, richtig war. Natürlich waren wir unserer Sache im Juli nicht sicher, als wir die Saison begannen. Gleichzeitig war uns klar, dass es früher oder später positive Fälle geben würde.»

«Wir haben in Zusammenarbeit mit der FIA und den Rennställen ein System auf die Beine gestellt, das funktioniert. Wir haben ein Notprogramm aus 17 Rennen zusammengestellt, mit einigen GP-Austragungsorten, die ursprünglich nicht vorgesehen waren. Wir haben die Gelegenheit erhalten, auf historische Pisten zurückzukehren, wie Imola oder Nürburgring, und auf anderen Strecken erstmals fahren zu können, wie Mugello oder Portimão. Ich bin stolz darauf, wie wir das gemeistert haben.»

Ross Brawn warnt jedoch: «Wir wissen, dass wir 2021 nicht einfach wieder zur Normalität zurückkehren, so als würde man einen Schalter umlegen. Der Virus wird uns weiter begleiten. Wir müssen überaus vorsichtig bleiben. Die Sicherheitsprotokolle haben Bestand. Vielleicht werden wir an der Methodik arbeiten.»

Durchaus denkbar, dass auch die Saison 2021 mit Schwerpunkt in Europa und im Mittleren Osten ausgetragen wird und dass wegfallende Rennen in Übersee durch Doppelveranstaltungen kompensiert werden.

Formel-1-CEO Chase Carey sagt: «Gewiss, die Coronakrise ist noch nicht überwunden; ja, es gibt Unwägbarkeiten, und wir können alle nicht in die Zukunft schauen. Gleichzeitig sind wir entschlossen, wieder zur Normalität zurückzukehren, eines Tages.»

Formel-1-Kalender 2021

21. März: Melbourne, Australien
28. März: Sakhir, Bahrain
11. April: Schanghai, China
25. April: Austragungsort noch offen
9. Mai: Barcelona, Spanien
23. Mai: Monte Carlo, Monaco
6. Juni: Baku, Aserbaidschan
13. Juni: Montreal, Kanada
27. Juni: Le Castellet, Frankreich
4. Juli: Spielberg, Österreich
18. Juli: Silverstone, Grossbritannien
1. August: Budapest, Ungarn
29. August: Spa, Belgien
5. September: Zandvoort, Niederlande
12. September: Monza, Italien
26. September: Sotschi, Russland
3. Oktober: Singapur, Singapur
10. Oktober: Suzuka, Japan
24. Oktober: Austin, USA
31. Oktober: Mexiko-Stadt, Mexiko
14. November: São Paulo, Brasilien
28. November: Dschidda, Saudi-Arabien
5. Dezember: Yas Marina, Abu Dhabi

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