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Michael Schumacher & Ferrari: Ihr verrücktester Sieg

Von Mathias Brunner
​Schlitzohr Michael Schumacher: Keiner seiner 90 anderen Grand-Prix-Siege war skurriler als der Erfolg in Silverstone 1998 – er gewann im Ferrari ein Rennen, während er in der Boxengasse stand!

91 Grand-Prix-Siege hat Michael Schumacher im Laufe seiner grossartigen Karriere errungen, ein Rekord, der 14 Jahre lang Gültigkeit hatte und erst 2020 von Lewis Hamilton gebrochen wurde. Vielleicht war Schumis Triumph vom 12. Juli 1998 in Silverstone von allen der skurrilste. Denn dieser Grand-Prix-Sieg stand fest, während der damalige Ferrari-Superstar in der Boxengasse stand. Und das kam so.

Der Anfang für das höchst ungewöhnliche Ende des Rennens lag in Runde 43: Michael Schumacher ging mit seinem Ferrari am Benetton-Piloten Alexander Wurz vorbei. Leider kreuzte der deutsche Star dabei eine gelbe Flagge. Die Rennleitung war zu diesem Zeitpunkt mit Wetterbeobachtung beschäftigt – eine Runde später musste das Safety-Car auf die Bahn geschickt werden, weil es so stark zu schütten begonnen hatte. Daher verstrichen gut zwanzig Minuten, bis man sich Schumis Vergehen anschauen konnte.

Erst um 15.46 Uhr, oder zwei Runden vor Schluss des Traditions-GP, wurde Ferrari darüber informiert, dass Michael Schumacher eine 10-Sekunden-Strafe erhält.

Aber die Rennleitung patzte. Der handgeschriebene (!) Zettel wurde dem Ferrari-Kommandostand zu spät überreicht – die Information über eine Strafe hätte innerhalb von 25 Minuten ausgehändigt werden müssen, aber sie kam erst nach 31 Minuten.

Der Wisch war zudem unklar formuliert – ob diese zehn Sekunden noch während des Rennens als Stop-and-go-Strafe abgesessen werden müssen oder ob sie auf Schumis Rennzeit hinzugerechnet werden, das ging daraus nicht hervor.

Ferrari-Rennchef Jean Todt (heute FIA-Präsident) holte Schumacher nach Absprache über Funk in der letzten Rennrunde an die Box. Die Start/Ziel-Linie befand sich jedoch vor jener Höhe, auf welcher die Ferrari-Box angeordnet war. Als Schumi also seine Strafe absass, war das Rennen de facto zu Ende, obschon dem Deutschen keine karierte Flagge gezeigt worden war. Den Rennkommissaren blieb nichts Anderes übrig, als die zehn Sekunden auf Michaels Rennzeit zu addieren – so wie das auch heute in einer solchen Situation getan würde.

Da Schumi 22 Sekunden vor Mika Häkkinen lag, war er auch im Stillstand Sieger – was ihm beim normalen Absitzen der Strafe während des Rennens kaum gelungen wäre. Schumi und sein Team hatten von der FIA eine Steilvorlage erhalten, die sie dankend annahmen.

Der Fall hatte beim Autosport-Weltverband FIA ein Nachspiel auf mehreren Ebenen: McLaren-Mercedes protestierte, der Protest wurde abgeschmettert, aber das FIA-Berufungsgericht kam zum Urteil, dass die Rennkommissare einige Fehler begangen hätten. Wie etwa die zu späte Zustellung an die Ferrari-Box. Zudem galt damals die Regel: Eine Strafe kann nur dann zur Rennzeit hinzugefügt werden, wenn das Vergehen innerhalb der letzten zwölf Runden des Rennens passiert ist. Was hier nicht der Fall war.

Ergebnis: Nazir Hoosein (Indien), Roger Peart (Kanada) und Howard Lapsley (Grossbritannien) mussten ihre Rennkommissarenlizenz abgeben, wurden aber später begnadigt.

Der exakte Ablauf der Definition einer Strafe und ihrer Überbringung wurde geändert – von da an lief alles über den Formel-1-Rennleiter, der die Infos den Teams elektronisch zum Kommandostand schickt. Und so ist es auch heute noch.

Am WM-Ausgang änderte das Ergebnis nichts: Der in Silverstone zweitplatzierte Mika Häkkinen (McLaren) holte den Titel.

Michael Schumacher: Seine 91 Grand-Prix-Siege

1992 bis 1995 mit Benetton, 1996 bis 2006 mit Ferrari
1 – Belgien 1992
2 – Portugal 1993
3 – Brasilien 1994
4 – Pacific 1994
5 – San Marino 1994
6 – Monaco 1994
7 – Kanada 1994
8 – Frankreich 1994
9 – Ungarn 1994
10 – Europa 1994 (Jerez)
11 – Brasilien 1995
12 – Spanien 1995
13 – Monaco 1995
14 – Frankreich 1995
15 – Deutschland 1995
16 – Belgien 1995
17 – Europa 1995 (Nürburgring)
18 – Pacific 1995
19 – Japan 1995
20 – Spanien 1996
21 – Belgien 1996
22 – Italien 1996
23 – Monaco 1997
24 – Kanada 1997
25 – Frankreich 1997
26 – Belgien 1997
27 – Japan 1997
28 – Argentinien 1998
29 – Kanada 1998
30 – Frankreich 1998
31 – Grossbritannien 1998
32 – Ungarn 1998
33 – Italien 1998
34 – San Marino 1999
35 – Monaco 1999
36 – Australien 2000
37 – Brasilien 2000
38 – San Marino 2000
39 – Europa 2000 (Nürburgring)
40 – Kanada 2000
41 – Italien 2000
42 – USA 2000
43 – Japan 2000
44 – Malaysia 2000
45 – Australien 2001
46 – Malaysia 2001
47 – Spanien 2001
48 – Monaco 2001
49 – Europa 2001 (Nürburgring)
50 – Frankreich 2001
51 – Ungarn 2001
52 – Belgien 2001
53 – Japan 2001
54 – Australien 2002
55 – Brasilien 2002
56 – San Marino 2002
57 – Spanien 2002
58 – Österreich 2002
59 – Kanada 2002
60 – Grossbritannien 2002
61 – Frankreich 2002
62 – Deutschland 2002
63 – Belgien 2002
64 – Japan 2002
65 – San Marino 2003
66 – Spanien 2003
67 – Österreich 2003
68 – Kanada 2003
69 – Italien 2003
70 – USA 2003
71 – Australien 2004
72 – Malaysia 2004
73 – Bahrain 2004
74 – San Marino 2004
75 – Spanien 2004
76 – Europa 2004 (Nürburgring)
77 – Kanada 2004
78 – USA 2004
79 – Frankreich 2004
80 – Grossbritannien 2004
81 – Deutschland 2004
82 – Ungarn 2004
83 – Japan 2004
84 – USA 2005
85 – San Marino 2006
86 – Europa 2006 (Nürburgring)
87 – USA 2006
88 – Frankreich 2006
89 – Deutschland 2006
90 – Italien 2006
91 – China 2006


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