Red Bull Racing packt zusammen: Gewaltige Logistik
Keiner kann heute sagen, wie viele Rennen die Formel-1-WM 2021 umfassen wird. Im November 2020 veröffentlichte der damalige Serien-CEO Chase Carey ein Programm aus 23 Rennen. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ist das ursprüngliche Programm nicht haltbar: Australien wird in den Herbst verschoben, China hat beim Autosport-Weltverband FIA um einen anderen Termin gebeten, die WM wird – sofern es die Corona-Lage denn erlaubt – Ende März in Bahrain beginnen.
Die Königsklasse hat bei Anzahl Rennen und beim Ablauf ein komplett anderes Gesicht erhalten, schon vor Corona. 2003 etwa bestand die WM aus 16 Rennen und hörte Mitte Oktober in Japan auf. Heute wird bis in den Dezember hinein gefahren, mit Rennen innerhalb von acht Tagen, die vor zwanzig Jahren in diesem Rhythmus nicht zu stemmen gewesen wären.
Es ist jedes Mal verblüffend, wie es der Formel-1-Zirkus schafft, sich so schnell von einem GP-Austragungsort zum nächsten zu bewegen. Red Bull Racing hat dazu einige interessante Blicke hinter die Kulissen gestattet.
Grundsätzlich transportiert ein Renstall wie RBR 35 Tonnen Luftfracht zu einem Übersee-GP, dazu drei Seefracht-Container. Bei Rennen in Europa sind fünf Renntransporter unterwegs, dazu ein Lkw von Honda sowie jene sechs Laster, welche das Material zum Aufbau der Energy-Station geladen haben.
Gerrard O’Reilly arbeitete zwölf Jahre lang als «Race Team Logistics Manager» bei Red Bull Racing, im November 2020 übernahm dann Mark Willis. O’Reilly sagt: «Gründliche Vorbereitung ist das A und O. Wenn eine Box am einen Ort fertig eingerichtet ist, machen wir uns bereits Gedanken darüber, wie wir alles so effizient als möglich wieder abbauen. Eine Voraussetzung klingt banal, aber es ist so – du musst genau wissen, wo sich alles befindet, Material und Behälter. Wir sind zwar beim Packen, Ausbauen und wieder Einpacken besser geworden, aber wir sind langsamer; aus dem einfachen Grund, weil wir gemessen an früher viel mehr Material mitführen.»
Die Fachkräfte von RBR sind schon am Einpacken, noch während ein Rennen läuft! Jene Personen, die nichts mit dem Einsatz der beiden Rennwagen zu tun haben, wuseln im Hintergrund, um alles bereits für die Weiter- oder Heimreise zu machen. Nach dem Rennen gibt es viele helfenden Hände durch die Rennmechaniker. Sie nehmen die Boliden teilweise auseinander, lassen Betriebsstoffe ab, dann rollen sie die Chassis in den Renntransporter oder laden sie in den Frachtcontainer.
Gerrard O’Reilly: «Für den Transport bringen wir in Europa die Rennlaster in die Boxengasse, vor unsere Box. Bei den Übersee-GP beladen wir sechzehn Frachtcontainer. Die Arbeit dauert unterschiedlich lange. Jeder Mitarbeiter am GP-Ort ist einem bestimmten Container zugeteilt, um sicherzustellen, dass das Material so bald als möglich für den Weitertransport bereit ist. Das ist im Laufe der Jahre zu einer gut geölten Maschine geworden. Wie lange der Abbau dauert, das variiert – je nach Zugänglichkeit der Box oder Position der Container. Auf einigen Pisten sind sie nahe gelagert, auf anderen müssen die Gabelstapler ein wenig weiter fahren.»
Die Datenspezialisten kümmern sich um das heikle IT-Material, die Rechnertürme sind so gut geschützt, dass ihre Container theoretisch einen Taifun überstehen müssten, samt Regengüssen.
Die Arbeit geht auch deshalb so zügig voran, weil eine Box grundsätzlich immer gleich eingerichtet ist. Das ist weniger der Ästhetik geschuldet als vielmehr der Logik – wenn immer alles am gleichen Ort zu finden ist, fällt nicht nur das Arbeiten leichter, sondern auch das Aufstellen und Abbauen.
Aber Rennstrecke ist nicht Rennstrecke, wie O’Reilly weiss: «In Shanghai beispielsweise hast du allen Raum der Welt, um dein Material zu lagern. In Monte Carlo hingegen ist die Box klein, dafür ist das Material auf drei Stockwerken gelagert. Wir bringen zusätzliche Leute aus dem Werk in England zum Abbau nach Monte Carlo, und doch werden wir nie vor Montagmorgen fertig. Als Faustregel gilt: Je mehr Platz wir haben, desto schneller können wir arbeiten.»
In der Corona-Saison 2020 sind Rennen in Asien und Amerika weggefallen, dafür gab es mehr Grands Prix in Europa. Das hat die Arbeit vereinfacht, obschon im Zeitraum von 23 Wochenenden 17 Rennen durchgeführt wurden. Es half auch, dass auf drei Strecken je zwei Rennen stattfanden – auf dem Red Bull Ring, in Silverstone und auf dem Bahrain International Circuit. Nur so wurde es möglich, die Aufgabe zu stemmen, teilweise an drei Wochenenden in Folge zu fahren.
Und dann gibt es noch ein kleines Geheimrezept, welches beim Zusammenpacken wie ein Turbo wirkt. O’Reilly: «Ein Sieg! Wir haben nie schneller gepackt als nach unserem GP-Triumph in Silverstone. Wenn wir ein Rennen gewinnen, dann arbeitet die ganze Mannschaft wie elektrisiert.»
Provisorischer Formel-1-Kalender 2021
2.–4. März: Wintertests in Barcelona, Spanien
21. März: Melbourne, Australien
28. März: Sakhir, Bahrain
11. April: Schanghai, China
25. April: Austragungsort noch offen
Alternative
12.–14. März: Wintertests in Sakhir, Bahrain
28. März: Sakhir, Bahrain
11. April: Portimão, Portugal
25. April: Imola, Italien
Weiteres geplantes Programm der FIA
09. Mai: Barcelona, Spanien
23. Mai: Monte Carlo, Monaco
06. Juni: Baku, Aserbaidschan
13. Juni: Montreal, Kanada
27. Juni: Le Castellet, Frankreich
4. Juli: Spielberg, Österreich
18. Juli: Silverstone, Grossbritannien
01. August: Budapest, Ungarn
29. August: Spa, Belgien
05. September: Zandvoort, Niederlande
12. September: Monza, Italien
26. September: Sotschi, Russland
03. Oktober: Singapur, Singapur
10. Oktober: Suzuka, Japan
24. Oktober: Austin, USA
31. Oktober: Mexiko-Stadt, Mexiko
14. November: São Paulo, Brasilien
28. November: Dschidda, Saudi-Arabien
05. Dezember: Yas Marina, Abu Dhabi