Klinische Formel 1: Kritik von RTL-Reporter Kai Ebel
Kai Ebel
Mit der Saison 2020 ist eine Ära zu Ende gegangen: RTL ist nach 30 Jahren aus der Formel-1-Berichterstattung ausgestiegen. Für Kai Ebel war bereits in Portugal Schluss, denn RTL verzichtete bei den letzten Rennen wegen der Coronavirus-Pandemie auf ein Team vor Ort und produzierte die Sendungen stattdessen komplett aus dem Studio in Köln.
Mit einem Kloß im Hals hatte sich «Mister Boxengasse» Ende Oktober von den Zuschauern verabschiedet. Der Mönchengladbacher schnappte sich gerne Promis wie Lionel Richie oder Heidi Klum, David Beckham oder Benedict Cumberbatch, wenn er nicht Sebastian Vettel, Max Verstappen und Co. nach ihren Einsätzen befragte.
Tolle Namen, doch für Ebel gab es einen Wermutstropfen: Das PR-Gerede an der Rennstrecke. «Die Aussagen gleichen sich insgesamt sehr an und sind teilweise allgemeines Konzern-Marketing-Gerede. Auch da gab es eine Entwicklung; es ist über die Jahre klinischer geworden», sagte er dem «Sportjournalist».
Ebel weiter: «Es wurden immer weniger Originale, man freute sich direkt, wenn sich mal zwei zankten – aber da schlugen beim Rennstall gleich alle panisch die Hände überm Kopf zusammen. Dabei gucken die Fans doch genau wegen dieser Emotionen. Was haben die Leute Michael Schumacher geliebt. Und der war nie zimperlich.»
Natürlich gab und gibt es sie, die berühmten Ausnahmen. «Es gab immer ein paar, die unverblümt geradeaus waren. Max Verstappen, Nico Hülkenberg, das hat immer großen Spaß gemacht. Auch Sebastian Vettel redet gerne Klartext und war immer für einen Spaß gut», sagte Ebel.
Doch man muss sich nicht alles gefallen lassen, vor allem wenn man länger dabei ist als alle aktuellen Fahrer. Deshalb gab es, so Ebel, auch schon mal klare Ansagen.
«Wenn man lange dabei ist, kann man sich auch mal mit den Etablierten anlegen. Ich hatte Interviews mit Lewis Hamilton, in denen ich ihm gesagt habe, dass wir das auch lassen können, wenn er keine Lust hat», verriet er.