Nikita Mazepin (Haas) unter Beschuss: Echte Reue?
Selten haben wir in den letzten Jahren einen Fahrer erlebt, der mit so viel Ballast in die Formel 1 aufsteigt. Viele Fans rümpfen über Nikita Mazepin die Nase, weil er als purer Bezahlfahrer gilt. Sein Vater, der Düngemittel-Milliardär Dmitry Mazepin (Uralkali), organisierte für seinen Sprössling sogar F1-Privattests mit Mercedes-Benz, der neue Haas-Renner sieht im Uralkali-Design aus wie das Nationalfahrzeug des russischen Staates. Puristen unter den Anhängern der Königsklasse sind der Ansicht: Ohne Geld könnte der 22jährige Nikita 2021 kein Grand-Prix-Debüt geben.
Kritiker monieren auch die Pistenetikette von Mazepin. Wir können es im besten Falle Temperament oder Feuer nennen, andere würden eher das Wort unbeherrscht oder unberechenbar verwenden, jedenfalls musste Nikita schon einige Strafen der Rennkommissare verdauen, weil einige Manöver mindestens grenzwertig, wenn nicht unfair waren.
Und dann natürlich die reichlich dokumentierte Grapsch-Affäre, als sich der Moskauer mit dem Posten eines Videos keinen Gefallen getan hat. Es half nicht, dass es eine ganze Weile dauerte, bis endlich reuige Worte von Mazepin zu hören waren, was diesen Ausrutscher auf dem glitschigen Parkett der sozialen Netzwerke angeht.
Kein Zweifel, Nikita Mazepin kommt mit dem Image eines «bad boy» in die Königsklasse. In einer Videokonferenz musste der Gesamtfünfte der Formel-2-Meisterschaft von 2020 vorwiegend über das unsägliche Video sprechen, was er mit Geduld, aber mit mässiger Begeisterung erledigt hat.
«Ich bin nicht glücklich darüber, was passiert ist. Ich bin nicht stolz auf mich. Ich habe mich nicht wie ein GP-Fahrer benommen. Ich trage die Verantwortung dafür und werde das auch weiterhin, aber ich lerne aus dieser Affäre etwas.»
Ob die Reue echt ist oder die notwendige Reaktion auf die teilweise sehr heftigen Reaktionen in der Öffentlichkeit, das werden die kommenden Monate und Jahre zeigen.
«Der Schritt von der Formel 2 in die Formel 1 ist gross, ich stehe mitten in einer steilen Lernkurve. Damit befasse ich mich derzeit am meisten, weniger mit dem Image, das ich erzeuge. Ich kann den Menschen nicht meine Worte in den Mund legen. Ich bin aber sicher, dass ich künftig bessere Taten sprechen lassen kann. Ich bin froh, dass mein Team zu mir steht und mir in dieser schwierigen Phase so viel geholfen hat.»
Hatte Mazepin im Rahmen dieser Affäre Angst um seinen Job bei Haas? «Ich bin ein Racer, schon 15 Jahre lang. Das hat mir geholfen, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich kann den Fehler, den ich gemacht habe, nicht wegreden oder rückgängig machen. Aber ich habe daraus eine Lektion gelernt und will nach vorne sehen.»
«Wenn du im Motorsport aufsteigst, bekommst du mehr und mehr eine Vorbildrolle. Also musst du dich auch entsprechend verhalten, und genau das werde ich auf und neben sozialen Netzwerken künftig machen.»
Über Mick Schumacher sagt Nikita: «Früher hatte ich mal die Nase vorne, dann wieder er. Er ist ein toller Rennfahrer, aber klar besteht ein Teil meiner Aufgabe darin, ihn zu schlagen.»
Über seine Chancen 2021 sagt der Moskauer: «Ich mache mir keine Sorgen. Ich habe jedes Vertrauen ins Haas-Team und in Ferrari, dass Mick und ich eine solide Basis erhalten, um unser Formel-1-Handwerk zu lernen.»
«Ich trage den gleichen Druck wie 19 andere Piloten im Formel-1-Feld. Ich weiss, dass wir vor keinem einfachen Jahr stehen, aber hat je jemand ein einfaches Jahr im Grand-Prix-Sport gehabt? Mir sind die Vorgaben für unsere 2021er Saison bewusst, aber ich freue mich auf diese Herausforderung.»
Und wie ist das nun mit der Pistenetikette? Nikita meint: «Wenn du nicht mehr in eine Lücke zu tauchen gewillt bist, dann bist du kein Racer. Es ist unvermeidlich, dass dabei Rennkommissare in einigen Situationen anderer Ansicht sind. Aber ich weiss, dass ich einen anderen Fahrstil zeigen muss in der Formel 1, um mittelfristig Erfolg zu haben.»
Zum Anhängsel Bezahlfahrer meint Nikita: «Du brauchst sehr viele Fähigkeiten und Voraussetzungen, um es bis in die Formel 1 zu schaffen. Ich bin nicht der erste Fahrer, der finanzielle Hilfe hatte, und ich werde nicht der letzte sein. Ich sehe es als Herausforderung, dass ich mich im GP-Sport bewähren muss. Und ich bin fest entschlossen, meinen Kritikern mit guten Leistungen zu antworten.»