MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Crash Romain Grosjean: Gründe für den Feuerball

Von Mathias Brunner
​29. November 2020: Der schwere Unfall von Haas-Fahrer Romain Grosjean kurz nach dem Start zum Bahrain-GP zeigt: Der Kopfschutz Halo hat ihm das Leben gerettet. Nun liegt der Untersuchungsbericht der FIA vor.

Noch vor wenigen Jahren hätte der Genfer Romain Grosjean bei einem solchen Unfall sein Leben verloren: Der Haas-Fahrer wechselte nach dem Start zum Grossen Preis von Bahrain am Ausgang der dritten Kurve die Fahrbahnseite, dabei geriet er mit dem AlphaTauri von Kvyat aneinander, weil er wohl den Abstand zum Auto des Russen falsch eingeschätzt hatte, dann schoss Romains Wagen rechterhand in die Leitschienen, trotz blockierender Räder mit hoher Geschwindigkeit. Das Perfide dann: Der Wagen wurde durch zwei Leitschienen hindurchgezwängt, dabei wurde der hinter Teil des Wagens von der Überlebenszelle gerissen, ein riesiger Feuerball entstand. Um genau zu sein, drang der Wagen zwischen die erste und zweite Etage der dreistöckigen Leitschienen.

Grosjean sass rund 20 Sekunden lang im Feuer, Rennanzug und Overall sind dafür entworfen, einem solchen Feuer mindestens eine halbe Minute lang zu widerstehen. Der Genfer krabbelte nach rund zwanzig Sekunden selber aus dem Wagen und warf sich in die Arme des heraneilenden Rennarztes Ian Roberts, ex-Rennfahrer Alan van der Merwe war mit einem Feuerlöscher zur Stelle. Der Genfer konnte einigen Schutzengeln und den Sicherheitsbestrebungen der FIA danken, dass er mit Brandverletzungen an den Händen verhältnismässig glimpflich davongekommen war. In bewegenden Worten hat der GP-Routinier über die gefährlichsten Momente seines Lebens gesprochen.

Die FIA leitete eine Untersuchung ein, die Anfang März abgeschlossen wurde und deren Ergebnis jetzt vorliegt.

Gemäss FIA schlug der Wagen von Grosjean mit einem Speed von 192 km/h und in einem Winkel von 29 Grad in die Leitschienen, mit einer Verzögerung von 67g kam das Fahrzeug zum Halt. Durch ein Versagen der mittleren Leitschiene konnte die Fahrerzelle zwischen die oberste und unterste Leitschiene eindringen, die Antriebseinheit wurde von der Überlebenszelle abgerissen.

Die Inspektionsklappe links am Chassis löste sich, die Benzinversorgungs-Verbindung zur Sicherheitsblase des Tanks wurde abgerissen. Beide Faktoren waren wesentliche Faktoren zum Austritt von Kraftstoff und zum anschliessenden Feuer.

Die Sicherheitsausrüstung des Fahrers, also Helm, Head and Neck Support (HANS), Sicherheitsgurte, Überlebenszelle, Sitz, Kopfstütze und Halo arbeiteten alle genau so, wie sie es sollten.

Die Batterie der Energierückgewinnung (ERS) wurde zerrissen, ein Teil des Batteriepakets blieb bei der Kraftübertragung, ein anderer bei der Überlebenszelle.

Das Feuer begann in den letzten Sekundenbruchteilen des Aufpralls in die Leitschienen, mit Ursprung am hinteren Ende der Überlebenszelle, von wo es sich schnell nach vorne frass.

So wie die Zelle steckenblieb, war der Weg für den Fahrer zur Flucht teilweise versperrt. Aufgrund von Beschädigungen an der Zelle und zahlreicher Teile im Cockpit wurde der linke Fuss von Grosjean eingeklemmt. Der Fahrer konnte den Fuss befreien, indem er aus dem Rennstiefel schlüpfte. Grosjean entledigte sich dann der losgelösten Kopfstütze und des Lenkrads, um aus dem Wagen zu gelangen.

Das Rennen wurde 5,5 Sekunden nach dem Aufprall mit der roten Flagge abgebrochen. Das Medical-Car mit Arzt Dr. Ian Roberts und dem Fahrer Alan van der Merwe traf 11 Sekunden nach dem Aufprall ein. Dies war nur möglich, weil van der Merwe in der ersten Kurve eine Abkürzung genommen hatte, wie es zuvor besprochen worden war.

Roberts wies am Unfallort einen Marshal an, Feuerlöschpulver um das Cockpit zu verteilen, weil er sehen konnte, dass Grosjean Anstalten traf, sich aus dem Inferno zu befreien. Alan van der Merwe holte aus dem Medical-Car einen Löscher. Grosjean konnte sich nach 27 Sekunden selber aus dem Wagen befreien.

Adam Baker, Sicherheits-Direktor der FIA: «Zum Glück sind Feuerunfälle dieser Art rar geworden, insofern war dieser für unseren stetigen Lernprozess sehr wichtig, vor allem, was den Umgang mit einer Hochleistungsbatterie angeht.»

Die Sicherheitsabteilung der FIA hat im Jahr 2020 Untersuchungen von ingesamt 19 schweren Unfällen eingeleitet, basierend auf den Erkenntnissen aus diesen 19 Unfällen wird in folgenden Bereichen reagiert.


FAHRZEUGE

Korrektur der Frontgeometrie der Überlebenszelle, zusätzliche Belastungstests

Überprüfung des Reglements in Sachen Rückspiegel

Überprüfung der Anforderungen für die Lenksäule

Überprüfung für Reglement und Homologationsbedingungen von Kopfstützen

Analyse der Motoranlenkpunkte

Vertiefte Arbeit an Radhalteseilen

Überprüfung des Designs von Kraftstoff-Sicherheitsblasen in sämtlichen Einsitzerklassen der FIA

Empfehlungen, wie Kraftstoff-Sicherheitsblasen besser ins Fahrzeug integriert werden können

Höherer Standard für Kraftstoff-Sicherheitsblasen

Überprüfung der Designs von Kraftstoffverbindungen und Inspektionsklappen

Überprüfung von Kraftstoff in Bezug auf Interaktion mit dem Material der Kraftstoff-Sicherheitsblasen


STRECKEN

Aufwertung der Software zur Berechnung von Aufprall-Wahrscheinlichkeit an zahlreichen Stellen der Strecken

Überprüfung aller bestehenden Öffnungen von Leitschienen

Überprüfung der Abnahmeprotokolle für Strecken-Homologation und Lizenz-Ausstellung


SICHERHEITSAUSRÜSTUNG FAHRER

Untersuchung zur Verbesserung der Hitzeresistenz von Handschuhen

Erforschung besserer Visieröffnungs- und –verschlussmechanismen. Verschlüsse müssen auch nach Feuer-Einwirkung funktionstüchtig sein

Erforschung der Feuerlöschsysteme für Autos mit offenem Cockpit


MEDIZIN UND RETTUNG

Erforschung heutiger Leitschienen in Bezug auf bessere Widerstandskraft

Erforschung neuer Materialen für Prallschutz, die einen grösseren Aufprallbereich effizient abdecken

Erforschung von Feuerlöschern und Schutzbekleidung der Feuerwehrleute

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