Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Bahrain-Test: Rechenarbeit, Reifenbluff, Farbenfreude

Von Mathias Brunner
​Wenn am 21. Februar auf dem Bahrain International Circuit die Wintertests losgehen, stehen im Mittelpunkt: Standfestigkeit, Mechanik, Aerodynamik, Reifen. Einige Hintergründe zur Arbeit der Teams.

Die zehn Formel-1-Rennställe haben nur drei Tage Zeit, um ihre neuen Rennwagen fit zu machen für den WM-Auftakt – auf der gleichen Rennstrecke, auf welcher auch getestet wird, auf dem Bahrain International Circuit.

Nur wenn die Mechanik klaglos funktioniert, werden Techniker und Fahrer etwas über die Aerodynamik und die 2024er Reifen lernen können. Zunächst wird im Mittelpunkt stehen, die Aero-Werte aus dem Windkanal mit den Werten von der Rennstrecke abzugleichen. Daher erwarten wir reichlich Gebrauch großer Messgitter.

Immer wieder werden wir gefragt, was es mit diesen teilweise skurril aussehenden Gitterkonstruktionen zu tun hat, also erklären wir es gerne noch einmal: Die Gitter messen den Luftdruck und die Luftströmungen in kritischen Bereichen, beispielsweise in den Verwirbelungen um die Räder herum oder beim Einlass der Seitenkästen. Die Gitter sind dafür mit so genannten Pitot-Rohren ausgerüstet.

Das Rohr ist benannt nach dem Franzosen Henri de Pitot (1695–1771), einem Wasserbauingenieur, gelerntem Mathematiker. Er war von den Strömungen in Flüssen und Kanälen fasziniert. Früher herrschte die Annahme, die Fließgeschwindigkeit eines Gewässers würde mit der Tiefe zunehmen. Henri de Pitot erfand ein Gerät, um diese Geschwindigkeit zu messen – die einfach-geniale Vorrichtung heißt nach ihm Pitot-Rohr, ein gerades oder L-förmiges, einseitig offenes Rohr zur Messung des Gesamtdruckes von Flüssigkeiten oder Gasen, in unserem Falle Luft. Es dient vorrangig bei Flugzeugen und Hubschraubern zur Geschwindigkeitsmessung, aber eben auch bei Formel-1-Rennautos.

Ebenfalls fester Bestandteil des kleinen Test-ABC – FloViz. FloViz ist eine Abkürzung für «flow visualization» (Flussveranschaulichung). In der Formel 1 ist die Verwendung dieser Paste verhältnismäßig jung: McLaren benutzte die Farbe 2010 erstmals auf dem Testplatz in aller Öffentlichkeit. In den Windkanälen war schon länger damit gearbeitet geworden. Wieso das späte Debüt an der Teststrecke? Weil nicht nur die eigenen Techniker den Strömungsverlauf sehen, sondern auch die Argusaugen der Konkurrenz.

Die Paste muss flüssig genug sein, um sich leicht auftragen zu lassen und wenig zu tropfen. Aber auch aushärtend genug, um nicht vom Luftstrom komplett weggeschmiert zu werden. Die Ingenieure wissen: Die CFD-Programme können noch so hochgestochen sein, der Windkanal nach dem jüngsten Stand – nichts ersetzt die Arbeit an der Strecke.

Das Vorgehen ist immer gleich: Ein bestimmtes aerodynamisches Teil, sagen wir ein Frontflügel, wird mit der Paste eingeschmiert. Der Fahrer legt eine Runde zurück. Die Farbe verschmiert nach Strömungszwang und trocknet aus. An der Box können die Spezialisten dann überprüfen, ob der Verlauf so ist, wie sie sich das vorgestellt hatten. Es muss nicht immer grün sein. Ziemlich wild sah der Williams von Nicholas Latifi vor zwei Jahren in Spanien aus – mit viel gelber Farbe.

Die Zeiten sind nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Programme mit Vorsicht zu geniessen: 10 Kilo Sprit machen als Faustregel auf der Bahn einen Unterschied von drei Zehntelsekunden aus. Kein Team weiss, mit exakt welcher Spritlast die Gegner unterwegs sind.

Ebenfalls verfälschend: Natürlich geben die Motorpartner für einen Test nicht die volle Leistung frei.

Und dann sind da natürlich die verschiedenen Reifentypen zu unterschiedlichen Tageszeiten.

Was die Reifen für den Bahrain-Test angeht, so hat Pirelli in Bahrain fünf Trockenmischungen dabei:

C1: Harte Mischung ohne Klammern, weiß markiert
C2: Zweithärteste Mischung, mit Klammern, weiß markiert
C3: Mittelharte Mischung mit Klammern, gelb markiert
C4: Weiche Mischung, mit Klammern, rot markiert
C5: Weichste Mischung, ohne Klammern, rot markiert

Die Rennställe erhalten insgesamt 35 Sätze Trockenreifen zum Testen. Sie gehen unterschiedlich vor, was die Anzahl der gewünschten Mischungen angeht. Am meisten der mittelharten Reifen hat Mercedes bereitstellen lassen (25), McLaren und Alpine verzichten komplett auf den Einsatz weicher Pirelli-Walzen.

Alleine aus diesem Grund werden die Testzeiten von Bahrain kein klares Bild in Sachen Kräfteverhältnis erlauben. Was in Sachen Speed wirklich Sache ist, käme nur bei fast identischer Spritlast und gleichen Reifen bei voller Motorleistung zu selber Stunde zu Tage – und das wird erst im Abschlusstraining zum Grand Prix von Bahrain passieren.

Reifensätze für Bahrain-Test 2024
Red Bull Racing
C1: 6
C2: 5
C3: 20
C4: 4
C5: 0

Mercedes
C1: 2
C2: 2
C3: 25
C4: 4
C5: 2

Ferrari
C1: 4
C2: 4
C3: 10
C4: 6
C5: 2

McLaren
C1: 7
C2: 6
C3: 22
C4: 0
C5: 0

Aston Martin
C1: 6
C2: 4
C3: 23
C4: 2
C5: 0

Alpine
C1: 11
C2: 4
C3: 20
C4: 0
C5: 0

Williams
C1: 5
C2: 9
C3: 15
C4: 4
C5: 2

Racing Bulls (Visa Cash App RB)
C1: 4
C2: 4
C3: 21
C4: 6
C5: 0

Stake F1 (Sauber)
C1: 6
C2: 9
C3: 16
C4: 2
C5: 2

Haas
C1: 4
C2: 8
C3: 19
C4: 4
C5: 0

Formel-1-Wintertests

21.02. bis 23.2. in Bahrain

Formel-1-WM 2024

02.03. Bahrain-GP, Bahrain International Circuit, Sakhir
09.03. Saudi-Arabien-GP, Jeddah Corniche Circuit, Dschidda
24.03. Australien-GP, Albert Park Circuit, Melbourne
07.04. Japan-GP, Suzuka International Racing Course, Suzuka
21.04. China-GP, Shanghai International Circuit, Shanghai *
05.05. Miami-GP, Miami International Autodrome, Miami *
19.05. Emilia Romagna-GP, Autodromo Enzo e Dino Ferrari, Imola
26.05. Monaco-GP, Circuit de Monaco, Monte Carlo
09.06. Kanada-GP, Circuit Gilles Villeneuve, Montreal
23.06. Spanien-GP, Circuit de Barcelona-Catalunya, Montmeló
30.06. Österreich-GP, Red Bull Ring, Spielberg *
07.07. Großbritannien-GP, Silverstone Circuit, Silverstone
21.07. Ungarn-GP, Hungaroring, Budapest
28.07. Belgien-GP, Circuit de Spa-Francorchamps, Spa
25.08. Niederlande-GP, Circuit Zandvoort, Zandvoort
01.09. Italien-GP, Autodromo Nazionale di Monza, Monza
15.09. Aserbaidschan-GP, Baku City Circuit, Baku
22.09. Singapur-GP, Marina Bay Street Circuit, Singapur
20.10. Austin-GP, Circuit of the Americas, Austin *
27.10. Mexiko-GP, Autódromo Hermann Rodríguez, Mexiko-Stadt
03.11. Brasilien-GP, Autódromo José Carlos Pace, Interlagos *
23.11. Las Vegas-GP, Las Vegas Street Circuit, Las Vegas
01.12. Katar-GP, Losail International Circuit, Doha *
08.12. Abu Dhabi-GP, Yas Marina Circuit, Yas Island

* im Sprint-Format

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