Nico Hülkenberg: Neuer Chef entlarvt Blödsinn sofort
GP-Veteran Nico Hülkenberg kehrte 2023 als Stammfahrer in die Königsklasse zurück. Es wurde ein zähes Jahr. Ein ums andere Mal wiederholte sich dies – Hülki zeigte im Qualifying eine fantastische Leistung, oft mit Platzierungen in den Top-Ten, nur um dann im Rennen gnadenlos zurückgereicht zu werden, weil sich das Haas-Chassis als Reifenfresser erwies.
Der 36-jährige Emmericher redete nicht um den heißen Brei herum: «Die zweite Hälfte der Saison war wirklich hart. Ich glaube, es gab für mich nur in Singapur eine Gelegenheit, ein oder zwei Punkte zu holen, die wir durch eine falsche Strategie-Entscheidung verpasst haben. Selbst als viele Autos ausfielen, waren wir einfach zu weit davon entfernt. Das müssen wir besser machen.»
Wo stehen wir da? Welche ersten Erkenntnisse hat der WM-Siebte von 2018 über sein neues Auto gewonnen, den Haas VF-24?
Der 203-fache GP-Teilnehmer sagt SPEEDWEEK.com im Fahrerlager des Bahrain International Circuit: «Wir haben jetzt eineinhalb Tage absolviert und stecken mitten im Prozess, mehr und mehr übers neue Auto zu lernen. Ich habe vorwiegend Läufe mit viel Sprit an Bord und auf mittelharten und harten Reifen gemacht. Wenn ich uns mit der Situation vor einem Jahr vergleiche, dann stehen wir gewiss besser da.»
«Wir haben Fortschritte gemacht, ohne Zweifel, aber wo uns das hinführen wird, ist derzeit kaum zu sagen. Der Wagen baut mehr Grip auf und entwickelt den Abtrieb konstanter. Das ist alles gut.»
Auf eine Runde war der letztjährige Rennwagen schnell, im Dauerlauf schwach. Muss man da beim Quali-Speed Kompromisse eingehen, um im Grand Prix besser aufgestellt zu sein? Hülkenberg: «Wenn es so einfach wäre, dann würde ich mich immer für mehr Renn-Pace entscheiden. Aber es ist noch ein wenig früh, das im Detail abzuschätzen.»
«Ich bin hier einmal hinter einem Sauber hergefahren und dann auch hinter einem Aston Martin. Das Verhalten des Autos hinter einem Gegner hat sich kaum geändert. Wie sich das auf den Reifenverschleiß auswirkt, kann ich noch nicht sagen. Wir müssen das generell verbessern.»
Ein anderer Schwachpunkt des 2023er Haas: extreme Windempfindlichkeit. Nico weiß: «Wind ist immer Gift für ein modernes Flügelauto. Das ist auch mit dem neuen Wagen zu spüren, das verändert die Balance immer. Und gerade hier in Bahrain ist das auch das Unberechenbare – in einer Kurve liegt der Wagen so, in der nächsten, wenn der Wind aus einer anderen Richtung kommt, ganz anders. Das macht dein Leben schwer und bleibt ein Thema.»
«Im vergangenen Jahr war ein Problem der Umgang des Autos mit den Reifen, aber halt eben auch die Tatsache, dass wir im Laufe des Jahres kaum Fortschritte erzielten. Wir haben zwar eine Evo-Stufe ans Auto gebracht, aber die hat kaum etwas verändert. Das war ärgerlich. Denn wir begannen die Saison anständig, wurden dann aber zurückgereicht. Und auch das gehört zu den Aufgaben des neuen Teamchefs Ayao Komatsu – er muss die Mannschaft so aufstellen, dass Ideen entwickelt werden, auf ein solches Problem zu reagieren.»
«Ayao ist natürlich ein ganz anderer Typ als Günther Steiner. Er ist Ingenieur, also kann ihm kein Techniker Blödsinn verzapfen, der durchschaut das sofort. Er sieht alles der technischen Perspektive, und er hat schon zahlreiche Weichen gestellt, um uns auch in Sachen Personal besser aufzustellen. Das ist alles positiv.»
Was sich kaum geändert hat: Die Autos liegen noch immer bretthart, jeder Schlag malträtiert die Piloten. Nico: «Das Heck des neuen Autos fühlt sich stabiler an, auch in der Art und Weise, wie Bodenunebenheiten geschluckt werden, wie Wellen und Randsteine. Aber selbst wenn das ein wenig besser ist, so ist es noch immer eine Katastrophe in Sachen Komfort, in einem Rennwagen mit so wenig Federweg. Also ein Rolls-Royce wird ein modernes Flügelauto wohl nicht mehr!»