Hülkenberg: Audi macht Sinn, Ferrari-Chance futsch
Nico Hülkenberg
Martin Brundle – in der Formel 1 zwischen Brasilien 1984 und Japan 1996 158 Formel-1-Rennen alt geworden – ist heute einer der besten GP-Experten im Fahrerlager, in Diensten der britischen Sky. Beim Thema Nico Hülkenberg verfällt Brundle in Stehsatz: «Nico Hülkenberg sollte längst für ein Top-Team fahren. Ich verstehe nicht, wieso man den Deutschen über all die Jahre verschmäht hat.»
Werksfahrer war der heute 36-jährige Emmericher Nico Hülkenberg bereits: von 2017 bis 2019 bei Renault. Aber ein Top-Team sind die Franzosen damals nicht gewesen, Hülkenberg wurde dennoch starker WM-Siebter 2018.
Im Formel-1-Fahrerlager kursiert, dem 208-fachen GP-Teilnehmer Hülkenberg liege ein Audi-Angebot vor, Nico müsse nur noch unterzeichnen. Dann würde er 2025 für Sauber fahren und wäre 2026/2027 Audi-Werkspilot. Vier Ringe statt eines Pferdes, denn es hätte nicht viel gefehlt, und aus Hülkenberg wäre ein Ferrari-Pilot geworden.
Und das kam so.
Im Sommer 2013 platzte Fernando Alonso der Kragen. Die jüngsten Verbesserungen am Ferrari erwiesen sich als Fehlschlag, sein letzter Sieg lag schon Monate zurück (beim Heimrennen in Spanien, es sollte der letzte GP-Erfolg Alonsos für Ferrari sein), der Asturier merkte, dass es auch 2013 nichts würde mit dem so ersehnten WM-Titel.
Alonso machte aus seinem Herzen keine Mördergrube, aber die öffentliche Kritik kam beim damaligen Ferrari-Präsidenten Luca Montezemolo gar nicht gut an. Sein wenig verhüllter Flirt mit Red Bull Racing auch nicht. Der Chef tadelte: «Niemand ist größer als Ferrari.»
Montezemolo spürte so viel Verärgerung bei Alonso, dass der Präsident damit rechnete, Fernando würde schon 2014 nicht mehr für Ferrari fahren. Also sah er sich nach einer Alternative um.
Intern galt es als beschlossene Sache, dass Felipe Massa für 2014 keinen Vertrag mehr erhalten würde. Montezemolo befürchtete auf einmal, ganz ohne Fahrer dazustehen. Daraufhin wurde mit Nico Hülkenberg ein Abkommen getroffen – ob mündlich oder schriftlich, ob Absichtserklärung oder Vorvertrag, darüber gehen die Meinungen ein wenig auseinander.
Doch im Lauf der Zeit ergab sich für Ferrari die Möglichkeit, Kimi Räikkönen zurückzuholen. Der Finne war nach einer Auszeit im Rallyesport mit Lotus in die Formel 1 zurückgekehrt und zeigte mit Siegen in Abu Dhabi 2012 und Australien 2013, dass er nichts von seinem Talent eingebüßt hatte. Der damalige Teamchef Stefano Domenicali (heute Formel-1-CEO) hielt große Stücke auf Kimi.
Dann ging alles ziemlich schnell: Räikkönen wurde am 11. September 2013 von Ferrari bestätigt, Montezemolo hatte währenddessen die Wogen mit Fernando Alonso geglättet, der Spanier glaubte wieder an sein Team, nachdem er die Pläne für die kommenden Jahre gesehen hatte. Ferrari würde also ab 2014 mit Räikkönen und Alonso fahren. Nico Hülkenberg blieb außen vor.
Es gibt noch eine andere Theorie, wieso der Deutsche verschmäht worden sein soll. Ferrari hatte aufgrund der engen Zusammenarbeit mit Sauber Einblick in die Daten der Piloten. Nico Hülkenbergs Werte waren sehr gut, ohne Zweifel, aber wie viel war das gegen einen Stallgefährten Esteban Gutiérrez wert? Man hatte in Maranello wohl nicht den Eindruck, dass Nico auf dem Niveau eines Champions wie Alonso oder Räikkönen fahren kann.
In einem Podcast der Formel 1 sagte Hülkenberg selber: «Bei solchen Dingen weißt du nie, was sich hinter den Kulissen noch alles abspielt. Vielleicht kam ich einem Vertrag auf Zentimeter nahe, vielleicht auf Haaresbreite, letztlich kann ich es nicht sagen. Aber wir haben gesprochen, und die Chance Ferrari war realistisch, über geraume Zeit. Dann wurde leider nichts daraus.»
Auf die Frage, welchen Einfluss Alonso bei der Frage Räikkönen oder Hülkenberg gehabt habe, meinte Nico: «Das wüsste ich auch gerne! Ich habe Fernando später darauf angesprochen, aber bei ihm kannst du dir nie ganz sicher sein, ob er auch wirklich meint, was er sagt. Manchmal mag er diese Spielchen, also ist mir unklar, ob er mich damals unterstützt hat oder nicht, aber unterm Strich ist das auch egal, das gehört alles der Vergangenheit an.»
Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg am jüngsten GP-Wochenende in China über seinen Namensvetter: «Hülkenberg hat reichlich Erfahrung, er ist schnell, und er ist auf dem Markt. Ich glaube, die Top-Teams stufen seine Leistungen nicht hoch genug ein. Sie greifen nicht zu. Audi sollte diese Chance nutzen, das wäre optimal für beide Seiten.»
China-GP, Shanghai International Circuit
01. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:40:52,554 h
02. Lando Norris (GB), McLaren, +13,773
03. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing, +19,160
04. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +23,623
05. Carlos Sainz (E), Ferrari, +33,983
06. George Russell (GB), Mercedes, +38,724
07. Fernando Alonso (E), Aston Martin, +43,414
08. Oscar Piastri (AUS), McLaren, +56,198
09. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, +57,986
10. Nico Hülkenberg (D), Haas, +1:00,476 min
11. Esteban Ocon (F), Alpine, +1:02,812
12. Alex Albon (T), Williams, +1:05,506
13. Pierre Gasly (F), Alpine, +1:09,223
14. Guanyu Zhou (RCH), Sauber, +1:11,689
15. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, +1:22,768
16. Kevin Magnussen (DK), Haas, +1:27,553
17. Logan Sargeant (USA), Williams, +1:35,110
Out
Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls, Kollision
Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls, Kollision
Valtteri Bottas (FIN), Sauber, Motor
WM-Stand (nach 5 von 24 Grands Prix und 1 von 6 Sprints)
Fahrer
01. Verstappen 110 Punkte
02. Pérez 85
03. Leclerc 76
04. Sainz 69
05. Norris 58
06. Piastri 38
07. Russell 33
08. Alonso 31
09. Hamilton 19
10. Stroll 9
11. Tsunoda 7
12. Oliver Bearman (GB) 6
13. Hülkenberg 4
14. Magnussen 1
15. Albon 0
16. Ocon 0
17. Zhou 0
18. Ricciardo 0
19. Gasly 0
20. Bottas 0
21. Sargeant 0
Konstrukteurspokal
01. Red Bull Racing 195 Punkte
02. Ferrari 151
03. McLaren 96
04. Mercedes 52
05. Aston Martin 40
06. Racing Bulls 7
07. Haas 5
08. Williams 0
09. Alpine 0
10. Sauber 0