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Weltmeister Ayrton Senna: Schneller als sein Schatten

Von Mathias Brunner
Ayrton Senna 1988 in Monaco

Ayrton Senna 1988 in Monaco

​Der unvergessene Brasilianer Ayrton Senna stand vor allem für eines: unfassbaren Speed. Der Mann, dem nachgesagt wurde, schneller als sein Schatten fahren zu können, sprach über seine größten Sekunden.

Die Geschichte des Monaco-GP ist mit jener von Ayrton Senna eng verwoben. Sennas Fahrkunst kam auf dem Straßenkurs am Mittelmeer besonders gut zur Geltung, sechs Siege sind einzigartig, von 1989 bis 1993 gewann er fünf Mal in Folge, aus zehn Starts schöpfte er acht Podestplatzierungen.

Es gehört zum Mythos Senna, dass er im Fürstentum etwas schaffte, was mit normalem Formel-1-Fahren nichts mehr zu tun hatte. Wenn wir beim Bändigen eines GP-Renners im Leitschienenkanal von Monte Carlo überhaupt von Normalität sprechen können.

Der vor 30 Jahren am 1. Mai 1994 verstorbene Brasilianer hat das Qualifying in Monte Carlo 1988 als «meine intensivste Erfahrung in der Formel 1» beschrieben, als «ein Gefühl, wie ich es später nie wieder erleben durfte».

Blättern wir zurück.

Die Abschlusstrainings mit Senna waren fast immer ein Leckerbissen. Wenn der Brasilianer kurz vor Schluss des Qualifyings mit frischen Reifen auf die Bahn ging, dann wussten alle – jetzt wird gleich etwas Magisches passieren. Fiebrige Spannung verbreitete sich.

Wie Ayrton durch die Gegner pflügte, das war Hochgenuss. Andere Piloten jammern nach einem Abschlusstraining oft, sie seien aufgehalten worden, «ich hatte Verkehr», wie das im fetten Buch der Rennfahrer-Ausreden heißt. Der langjährige Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone pflegte dazu zu sagen: «Ein guter Pilot hat keinen Verkehr.»

Senna, dessen ganze Karriere ich von 1984 bis 1994 verfolgen durfte, habe ich so gut wie nie lamentieren hören. Wenn die Gegner den leuchtend gelben Punkt seines Helms im Rückspiegel auftauchen sahen, zuckten sie fast automatisch zur Seite.

Noch heute zanken sich Formel-1-Fans leidenschaftlich darüber, welches wohl die fabelhafteste Runde von Ayrton Senna war. Die Startrunde des Regen-GP von Donington 1993 vielleicht? Nicht für den Brasilianer selber. Senna bezeichnete Monaco 1988 als seine größten Sekunden.

Senna beschrieb einen Zustand, in welchem er sich quasi selber beim Fahren zusah, alles funktionierte automatisch, der Verstand war vom Körper abgekoppelt, eine fast überirdische Erfahrung.

Senna erzählte uns staunenden Journalisten: «Ich hatte bereits die Pole, um eine halbe Sekunde vor meinem Stallgefährten Alain Prost, aber ich fuhr schneller, immer schneller, eine Sekunde vor meinen Gegnern, dann fast eineinhalb Sekunden. Ich fuhr nur noch nach Instinkt, ich befand mich in einer anderen Dimension, wie in einem Tunnel, jenseits von bewusstem Verständnis.»

Am Schluss lag Senna 1,427 Sekunden vor Prost – im exakt gleichen 1988er McLaren.

Ayrton Senna erzählte: «Ich bin ausgestiegen und habe meinen Jungs gesagt: ‘Das ist das Maximum. Es gibt keine Möglichkeit, noch schneller zu fahren.’ Dieses Gefühl habe ich nie wieder erreicht.»

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