Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Vor 50 Jahren: Tragödie in Watkins Glen

Kolumne von Gerhard Kuntschik
Am 5. Oktober 1969 feierte Jochen Rindt im GP der USA seinen ersten, lang verdienten Formel-1-Sieg. Das ist schon wieder 55 Jahre her. Am 6. Oktober vor 50 Jahren starb Helmuth Koinigg im erst zweiten GP.

Watkins Glen im Norden des US-Bundesstaats New York: Eine Rennstrecke im Nirgendwo, 440 Kilometer nordwestlich des New Yorker Kennedy-Airports gelegen. Es war lang ein Zentrum des US-Straßenrennsports. CanAm, NASCAR, Formel 1 mit insgesamt 20 WM-Läufen zwischen 1961 und 1980. Heute – nach zahlreichen Umbauten – mit dem Sechsstundenrennen ein Fixpunkt für Sportwagen (IMSA).

Jochen Rindt fuhr 1969 er in seinem 50. GP zum siebenten Mal auf die Pole, es war die 50. für das Team Lotus. Rindt nutzte sie diesmal: Start-Ziel-Sieg, anfangs den Zweikampf mit dem erstmals als Champion feststehenden Freund Jackie Stewart (Matra) gewonnen und nach 108 Runden mit 47 Sekunden Vorsprung auf den Zweiten, der auch ein enger Freund war: Piers Courage im privaten Brabham.

Der Dritte, John Surtees (BRM), und der Vierte, Jack Brabham (Brabham), waren beide zwei Mal überrundet. Pedro Rodriguez (Ferrari) als Fünfter und Silvio Moser (Brabham) als Sechster bekamen mit sieben bzw. zehn Runden Rückstand die restlichen WM-Punkte – diese Abstände sind heute unvorstellbar.

Rindt wurde nachher mit dem Satz zitiert: «Es war das Auto, das endlich einmal durchhielt. Aber dieser Sieg gleicht alle vorher verlorenen Rennen aus.» Und er war gut «gewählt»: Der US-GP war damals das Rennen mit dem höchsten Preisgeld, das noch bis in die späten 1970er-Jahre nicht von einem Verwalter (FOCA-Chef Bernie Ecclestone) verteilt wurde – auch wenn der Brite damals eine Art Manager des Grazers war.

Das Preisgeld betrug 206.000 Dollar, mehr als ein Viertel (50.000) standen Rindt zu. Das wären heute 428.000 Dollar oder knapp 400.000 Euro... Rindt, damals 27, beendete die WM 1969 als Vierter hinter Stewart, Jacky Ickx und Bruce McLaren. Und war ein Top-Favorit für 1970.

In den frühen 1970ern aber machte Watkins Glen Schlagzeilen durch Tragödien. 1973 verunglückte Tyrrells Zukunftshoffnung Francois Cevert (29) in der Qualifikation am 6. Oktober tödlich. Das Rennen wäre das 100. für den nun zum dritten Mal als Weltmeister feststehenden Stewart, es kam aber nicht dazu: Tyrrell und Stewart verzichten in Gedenken an den jungen Franzosen auf die Teilnahme.

«Ich hatte im April entschieden, dass ich nach dieser Saison aufhöre, egal, ob als Champion oder nicht», bekannte der Schotte. Und bestätigte: «Francois wäre 1974 die Nummer 1 bei Tyrrell gewesen, was er nicht mehr erfuhr. Es war nur zwischen Ken (Teamchef Tyrrell) und mir ausgemacht, nicht einmal meine Frau Helen wusste davon.»

Makaber oder nicht, die Tragödie wiederholte sich am gleichen Tag ein Jahr später. Der Wiener Helmuth Koinigg, 25, hatte sein Debüt im Heimrennen auf dem Österreichring verpasst, weil er sich im Finotto-Brabham nicht qualifizierte. Eine Wende brachte der Disput zwischen Landsmann Dieter Quester (Neunter im späten Formel-1-Debüt auf dem Österreichring) und Teamchef John Surtees, der erfahren hatte, dass ihn Quester in einem Interview sinngemäß ein Schlitzohr (weil diverse ausgehandelte Details auf dem Österreichring nicht eingehalten worden waren) genannt hatte.

Der in England lebende Kärntner Ernie Huppert, der lang ein Bindeglied zwischen Österreichs GP und Ecclestone war, hatte «gepetzt». Darauf blies Surtees die weiteren mit Quester geplanten Einsätze ab und fand im aufstrebenden Koinigg den Ersatz. Sein Renndebüt in Mosport (Kanada) verlief mit Platz 10 vielversprechend. In Watkins Glen qualifizierte sich Koinigg als 23. unter 30 Fahrern, u. a. vor Graham Hill und Vittorio Brambilla.

In Runde 10 brach am Surtees die Radaufhängung, Koinigg prallte in der Haarnadel mit relativ geringem Tempo in die Leitplanken, die aber nur mangelhaft befestigt waren. Während der obere Teil standhielt, gab der untere nach, der Wagen rutschte durch, und Koinigg wurde buchstäblich geköpft. Quester erklärte noch Jahre später über diese Zeit: «Ich darf gar nicht daran denken, dass ich in diesem Wagen gesessen wäre.»

Rindt wurde 28 Jahre alt, Koinigg starb 28 Tage vor seinem 26. Geburtstag.

Beide hätten noch viel, sehr viel erreichen können.

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