Formel 1: Lewis Hamiltons erster Ferrari-Tag

Hamilton im Ferrari: Tifosi glühen, Hoffnung riesig

Von Mathias Brunner
​Der erste Testtag von Lewis Hamilton bei Ferrari ist vorbei, die Tifosi entlang der Testbahn von Fiorano sind hin und weg. Wie ein Besucher die Situation des Briten im berühmtesten Rennstall der Welt einschätzt.

Dass Lewis Hamilton eines Tages im Ferrari sitzen würde, das bahnte sich schon eine Weile an. Als der Engländer vor zehn Jahren mit Mercedes zum Höhenflug in der Turbohybrid-Ära ansetzte, erzählte er uns Berichterstattern eine interessante Story.

Der Engländer sagte nach seinem Sieg beim Grossen Preis von Italien in Monza: «Als ich früher mit McLaren gegen Ferrari gefahren bin, haben mich die Tifosi jeweils ausgebuht. Nun spüre ich jedes Jahr mehr Unterstützung und zahlreiche Fans haben mich in Italien gefragt: ‘Sag, wann kommst du endlich zu Ferrari?’ Das finde ich bemerkenswert, denn die italienischen Fans schliessen Fahrer anderer Rennställe nicht so schnell in ihre Herzen.»

Anfang Februar 2024 war es so weit: Ferrari verkündete, dass der siebenfache Formel-1-Champion Lewis Hamilton ab 2025 für die berühmteste Scuderia der Welt fahren wird, mindestens zwei Jahre lang.

Lewis Hamilton wird derzeit von den gleichen Gefühlen übermannt wie vor ihm Sebastian Vettel und Carlos Sainz. Auch für einen 105-fachen GP-Sieger ist das Gänsehautgefühl pur, erstmals vor Tifosi auf die Fiorano-Testbahn zu gehen, die sich stundenlang die Beine in den Bauch standen, um den neuen Hoffnungsträger zu sehen.

Und Hamilton belohnte sich schon auf seiner ersten Runde, freundlich in die Menge winkend. Der Ferrari SF-23 neu, die Bahn neu, das Cockpit neu, das Multfunktionslenkrad neu, die Mannschaft neu, dazu die steinharten Testreifen von Pirelli, kein Wunder gab es da den einen oder anderen Verbremser, der die Laune der Tifosi in keiner Millisekunde trüben konnte.

Zum Schluss seines Einsatzes, bevor Charles Leclerc das Lenkrad übernahm, liess sich Hamilton an verschiedene Stellen der Fiorano-Bahn chauffieren, um sich von den Fans feiern zu lassen. Und die haben auf Spruchbändern klargemacht, wie sehr sie ihren Luigi schon ins Herz geschlossen haben.

«Ob wir gewinnen oder verlieren, wenn du bei Ferrari bist, dann wirst du geliebt.»

«Willkommen, Lewis. Bis gestern Rivalen, heute einer von uns.»

Ein Fan sagte: «So etwas wie das hier habe ich noch nie erlebt, nicht einmal bei einer Vorstellung des neuen Formel-1-Autos. Einige von ihnen waren hier, als es noch dunkel war, um auch am Ende ja einen Blick auf Hamilton erhaschen zu können – unfassbar.»

Ein anderer meinte: «Wir setzen grosse Hoffnungen auf Lewis Hamilton. Ein siebenfacher Weltmeister muss mit seiner ganzen Erfahrung Ferrari doch Einiges bringen können.»

Beim einen oder anderen gehen vielleicht ein wenig (pardon) die Pferde durch, wenn er (als Hamilton noch auf nasser Bahn) zu erkennen glaubt: «So wie Lewis aus der Kurve beschleunigt hat, das habe ich letztmals bei Michael Schumacher gesehen.»

Niccolò Severini war für die Kollegen der italienischen Sky in Fiorano und stellt fest: «Den erfolgreichsten Fahrer der Formel-1-Geschichte für das erfolgreichste Team der Rennsport-Historie zu sehen, das kann kein gewöhnliches Ereignis sein, und deshalb geht das um die Welt. Jetzt steigt die Vorfreude auf das neue Auto, Lewis' erstes in Rot, und auf den Start der Weltmeisterschaft.»

«Es gibt kein besseres Wort als Aura, um Lewis Hamiltons erste Zeit in Maranello zu beschreiben. Mehr als ein Jahr Wartezeit, um diese Bilder zu sehen, die bereits jetzt Sportgeschichte geschrieben haben. Fotos, die für sich selbst sprechen und dafür sorgen, dass man aufgeregt ist, an seinen Bildschirmen klebt und sie sich den ganzen Tag über immer wieder ansieht.»

«Man muss sich das mal vorstellen: Lewis in perfekter englischer Manier gekleidet vor dem Ferrari F40 – seinem Lieblingsauto – am Werkseingang positioniert, das hat eben mal mehr als 5 Millionen Likes auf Instagram erzeugt; noch nie war ein Post über die Formel 1 so erfolgreich. Oder das erste Foto im roten Rennoverall, das gepostet und mit Likes überhäuft wurde, eine Million in der ersten Stunde nach Veröffentlichung.»

«Das alles hat etwas Unlogisches und Unerklärliches. Wie die Hunderte von Menschen, die von der Morgendämmerung an in Fiorano einfielen, um bei Lewis Hamiltons erstem Ferrari-Ausflug einen möglichst guten Platz zu ergattern – und dies trotz drei Grad und einem grau-nassen Tag, typisch für die Gegend hier im Januar.»

«Letztlich waren es ja nur ein paar Runden in einem Ferrari, der nicht derjenige sein wird, den er bei den Testfahrten in Bahrain beim Wintertest fahren wird. Die Lackierung des 2025er Ferrari wird am 18. Februar auf der grossen Formel-1-Sause in London vorgestellt und die offizielle Enthüllung der neuen roten Göttin findet dann am darauffolgenden Tag in Maranello statt – aber diese ersten Bilder aus Fiorano gehen um die Welt.»

«’Das ist der Moment, auf den ich mein ganzes Leben lang gewartet habe’, sagte Hamilton in einem Video von Ferrari, in dem er bereits seine ersten Worte auf Italienisch mit den Ferrari-Mitarbeitern wechselte, als er sich vorstellte. Es ist der gleiche Moment, auf den auch jeder Formel-1-Enthusiast gewartet hat, seit Lewis 2007 seinen ersten Grand Prix bestritten hat.»

«Hamilton scheint in den letzten Jahren auf die eine schnelle Runde vielleicht etwas von seiner Schärfe verloren zu haben, aber im Rennen ist er derselbe alte Löwe wie eh und je. Sein Sieg in Silverstone 2024 war pure Emotion, Momente des totalen Hochgefühls, wie sie nur dieser Sport vermitteln kann.»

«Fred Vasseur kennt Lewis gut, er hat die Weichen zu diesem Vertrag gestellt, und der Teamchef von Ferrari hat bereits gezeigt, dass er weiss, wie er seine Fahrer begeistern kann. In seiner ersten vollen Saison am Steuer führte Vasseur das Cavallino bis zum letzten Rennen in den Kampf um die Meisterschaft, die ihm dann um 14 Punkte entglitt. Eine Frage der Details. Details, die im Sport den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen, und einen siebenfachen Weltmeister in der Mannschaft zu haben, ist definitiv kein Detail.»

«Hamilton und Ferrari, das ist ein Bündnis, das nach Rache riecht. Denn Ferrari will sie, genau, aber auch Lewis Hamilton, der die Enttäuschung von 2021 mit dem Verlust des WM-Titels an Max Verstappen noch immer nicht verwunden hat und diese Erinnerung mit seinem achten WM-Titel auslöschen will. Wie symbolisch wäre es, wenn er mit diesem achten Titel ausgerechnet den langjährigen Ferrari-Star Michael Schumacher übertreffen würde.»


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