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Neues Rätsel Racing-Raritäten: Ungewohntes Bild

Von Mathias Brunner
​Beim Rätsel Racing-Raritäten ist ein Rennwagen zu sehen, der uns durchaus bekannt vorkommt, aber was ist das für eine Lackierung? Wer ist hier unterwegs? Wo und wann ist dieses Bild geschossen worden?

Meist aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur Getty Images stellen wir jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com.
Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.

Die Auflösung vom letzten Mal: Der Schotte Jackie Stewart mit seinem Matra MS9 beim Grossen Preis von Südafrika in Kyalami 1968.

Die Rarität dabei: Der Wagen wurde so spät fertig, dass noch nicht mal Zeit war, dem Renner das übliche Blau von Matra zu verpassen. Der Wagen wurde in der Formel 1 nur einmal in dieser Farbe eingesetzt (Tyrrell-Mechaniker Roger Hill bezeichnete sie als «Kalbskacke-Khaki»), Stewart schied wegen Motorschadens aus.

Ken Tyrrells berühmter Formel-1-Rennstall wird für immer mit Jackie Stewart und den drei gemeinsamen Weltmeistertiteln in Verbindung gebracht. Doch die Geschichte von Tyrrell ist so viel reicher und umfasst fast 40 turbulente Jahre, von den ersten Anfängen in der Formel Junior im Jahr 1960 bis zum Aus im Jahre 1998. In dieser Zeit war das Team mit seinem unvergleichlichen Besitzer in den Formel-1-Fahrerlagern der Welt immer respektiert, oft gefürchtet.

Man würde meinen, in 43 Jahren als Formel-1-Berichterstatter hätte ich so gut wie alles erlebt, was die Königsklasse so zu bieten hat. Aber zwischendurch gibt es immer wieder Momente, in welchen ich ins Staunen gerate.

GP-Wochenende von Monaco 2024: Da kommt mir tatsächlich ein Formel-1-Besucher in einem T-Shirt mit der Aufschrift Tyrrell entgegen. Und nicht etwa, dass es sich um ein seit 50 Jahren ausgewaschenes Stück gehandelt hätte, nein, es war brandneu, blitzsauber bedruckt, mit dem unverwechselbaren Schriftzug in Blau.

Das zeigt mir: Legendäre Formel-1-Rennwagenhersteller wie Tyrrell, Brabham, Lotus oder Hesketh sind nicht vergessen, sondern werden von den GP-Kennern als Kult-Marken anhaltend verehrt.

Rückblende zum 20. September 1970: Jackie Stewart startete zum Grossen Preis von Kanada in Mont-Tremblant von der Pole-Position. Das war für den damaligen Weltmeister von 1969 nichts Ungewöhnliches, aber verblüffend dennoch – denn der Schotte sass in einem Tyrrell 001, dem ersten beim Holzhändler Ken Tyrrell gebauten Grand-Prix-Boliden.

Stewart übernahm die Führung, setzte sich leichtfüssig ab, die Gegner waren baff. In Runde 32 platzte der Traum vom Debütsieg – ein Achsschenkel ging kaputt.
Das konnte den gewaltigen Erfolg des Gespanns Stewart/Tyrrell Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre kaum schmälern. Die königsblauen Autos von Tyrrell behalten bis heute in den Herzen vieler Formel-1-Fans einen besonderen Platz.
Ken Tyrrell fuhr in den 50er Jahren selber Rennen, aber auf dem Niveau der Formel 2 angekommen merkte er: «Aus mir wird wohl nie ein Top-Rennfahrer.»

Gleichzeitig erwies er sich als hervorragender Leiter seines Rennstalls und konzentrierte sich fortan auf diese Aufgabe – mit enormem Erfolg. Der Entdecker von Jackie Stewart wurde mit dem schottischen Piloten 1969 Weltmeister, Stewart sass dabei in einem französischen Matra-Chassis, im Heck arbeitete ein Cosworth-V8, den Ford finanziert hatte.

Ab Kanada 1970 kamen eigene Konstruktionen an den Start. 1971 und 1973 wurde Jackie Stewart für Tyrrell erneut Weltmeister. Die Saison 1973 endete bitter, denn Stewarts Teamkollege François Cevert verunglückte im Abschlusstraining zum Grossen Preis der USA in Watkins Glen tödlich, Stewart trat zu seinem 100. Grand Prix nicht mehr an. Den WM-Titel hatte er schon in Monza sichergestellt.

Der Sechsrad-Tyrrell P34 (Project 34) war eine Sensation. Mitte der 70er Jahre war es noch möglich, eine so revolutionäre Entwicklung komplett geheim zu halten, als der Wagen präsentiert wurde, fielen den eingeladenen Gästen bei der Tyrrell-Präsentation fast die Augen aus dem Kopf.

Konzipiert wurde der Wagen, um dem Wind weniger Widerstand entgegen zu stellen, dazu wurden der Vorderachse vier kleine Räder verpasst. Der Renner war recht erfolgreich (Sieg von Jody Scheckter 1976 in Schweden), aber schon 1977 war das modifizierte Auto nicht mehr konkurrenzfähig – es mangelte an Weiterentwicklung der kleinen Vorderräder.

Der Doppelsieg in Anderstorp (Schweden) war der Höhepunkt eines Autos, dessen Konzept zum eigenen Niedergang werden sollte – Goodyear war in ein Reifenduell mit Michelin verwickelt, es standen zu wenig Kapazitäten zur Verfügung, die kleinen Vorderreifen für Tyrrell auf dem Stand der mächtigen Hinterreifen zu halten. Die zu harten Mischungen vorne führten zu chronischem Untersteuern, das zusätzliche Gewicht an der Vorderachse (vier Aufhängungen, vier Bremsanlagen) half dabei wenig.

Die damaligen Piloten Jody Scheckter und Patrick Depailler standen dem Sechsrad-Fahrzeug völlig unterschiedlich gegenüber. Der Südafrikaner fand ihn ein wenig lächerlich, der Franzose liebte ihn.

Doch dann begann für das Team eine stetige, langsame Talfahrt, unterbrochen von wenigen Highlights.

Die Wagen waren in der Regel nicht schlecht, im Gegenteil, schnörkellos und eine fast sichere Bank in der damaligen Zeit zum Ankommen. Aber das letzte Etwas fehlte. Zumal die Zeiten vorbei waren, als Tyrrell echte Stars verpflichten konnte.

Die Mitgift bestimmte, wer Tyrrell fuhr. Bestenfalls ging es umsonst oder nur mit wenig Geld, dann, wenn «Uncle Ken» vom Talent überzeugt war wie in den Fällen Michele Alboreto, Stefan Bellof, Martin Brundle oder später Jean Alesi.

Alboreto eroberte 1982 in Las Vegas sowie 1983 in Detroit die letzten Grand-Prix-Siege für den traditionsreichen Rennstall.

Ken Tyrrell brachte viele Talent in die Formel 1, die jungen Piloten gingen durch eine harte, aber erstklassige Schule. Halten konnte Tyrrell die kommenden Stars selten.

Tyrrell war für viele Fahrer eine Vaterfigur. Ich habe Abendessen erlebt, an welchen alle in gut gelaunter Runde sassen, samt Piloten und Chef, auf einmal meinte Ken: «So, Jungs, ich glaube, es ist langsam Zeit für euch.» Die damaligen Fahrer Philippe Streiff und Jonathan Palmer verabschiedeten sich brav und trotteten zu Bett. Es war kurz vor zehn, Widerspruch zwecklos.

Tyrrell scheute nicht davor zurück, einen Piloten tüchtig zusammenzustauchen, wenn der Holzhändler das als angemessen betrachtete. Die Briten nannten das «froth job», weil Tyrrell dann jeweils nicht nur im übertragenen Sinne der Schaum vor dem Mund stand.

Ken führte sein Team mit eiserner Hand, mit einer Sturheit, die nicht immer zu seinem Vorteil war. Er wetterte gegen die Turbomotoren, vor allem aus Kostengründen, doch das liess ihn auch weiter den Anschluss an die Spitze verpassen. Als er Mitte der Saison 1985 als letztes der renommierten Teams mit Renault auf den Turbo-Zug aufsprang, neigte sich die erste Turbo-Ära der Formel 1 schon wieder dem Ende zu. So war er auch 1987 der erste, der wieder auf die Saugmotoren zurückrüstete, als diese eine eigene Wertung erhielten.

Den Anschluss an die Spitze hat Tyrrell nie wieder geschafft, die letzte Hoffnung gab es 1991, als er die Honda-V10-Motoren übernahm, die die McLaren von Prost und Senna in den beiden Jahren zuvor zum Titel geführt hatten, während McLaren selbst auf den neuen 12-Zylinder wechselte.

Ein zweiter Rang in Kanada durch Stefano Modena war das beste Ergebnis. In den kommenden Jahren war es im Winter oft ein Rätsel, ob Tyrrell in der kommenden Saison wieder an den Start gehen würde. Er schaffte es immer wieder, bis er sein Team 1998 verkaufte.

In Suzuka 1998 stand mit Toranosuke Takagi letztmalig ein Tyrrell am Start zu einem Grand Prix, sein Teamkollege Ricardo Rosset vermochte sich nicht zu qualifizieren.

Damit zum neuen Rätsel: Das Auto ein GP-Sieger, der Fahrer ein kommender Weltmeister, in dieser Kombination aber chancenlos.

Machen auch Sie mit! Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.


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