Jean Alesi über Hamilton im Ferrari: Ein Kulturschock
Als der langjährige Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo bei Ferrari aussortiert wurde, hat der charismatische Spitzenmanager sinngemäss gesagt: Ihr könnt mich bei Ferrari entfernen, aber ihr könnt nie Ferrari aus mir entfernen.
Wer einmal in Maranello gearbeitet hat, der behält in der Regel für Ferrari einen besonderen Platz im Herzen. Das gilt auch für den langjährigen Grand-Prix-Fahrer Jean Alesi.
Als Alesi für Ferrari unterzeichnete, wurde er von den Italienern im Handumdrehen adoptiert: Erstens wegen seines spektakulären Fahrstils, zweitens wegen seines grossen Kämpferherzens und drittens wegen seiner Herkunft, denn die Familie Alesi war einst von Sizilien nach Avignon in Frankreich umgezogen.
Unvergessen, wie Alesi 1994 in Monza mit Ferrari von der Pole-Position aus führte, dann aufgeben musste, und – wütend über den Tiefschlag – noch im Rennoverall ins Privatauto sprang, nur sein Bruder konnte knapp mithalten, und mit rauchenden Rädern aus dem Parco verschwand, Richtung Avignon.
Der heute 60-jährige Alesi blickt zurück: «Ich bin in der Formel 1 für sechs Teams gefahren, aber Ferrari ist unvergleichlich. Ferrari ist nicht einfach ein Rennstall, Ferrari ist die Nationalmannschaft, und für viele Tifosi ist Ferrari sogar Religion. Ich empfand die Unterstützung der Fans bei aller Verantwortung immer als überaus beflügelnd.»
Inzwischen fährt der langjährige Mercedes-Star Lewis Hamilton für Ferrari, und der 201-fache GP-Teilnehmer Alesi scherzt über den inzwischen 40-jährigen Hamilton: «40 ist doch noch ziemlich jung, oder? Nein, ernsthaft – ich finde es absolut grossartig, dass Hamilton in einem Ferrari sitzt. Ich spüre, dass die meisten Fans hinter ihm stehen. Ich stehe auf jeden Fall hinter ihm. Ich glaube, dass er es schaffen kann. Dieses neue Kapitel ist sehr aufregend für ihn und für Ferrari. Das wird das unglaublichste Jahr werden, das wir uns vorstellen können, wir haben jede Menge Aufregung vor uns.»
«Ich kenne noch immer viele Leute bei Ferrari, und Hamilton hat dort alle beeindruckt durch seine Präsenz und durch die Art und Weise, wie er sich dem Team vorgestellt hat. Das war ein Kulturschock für Ferrari, einen solchen Champion zu erhalten; ohne die Erfolge von Charles Leclerc und Carlos Sainz schmälern zu wollen.»
Alesi (WM-Vierter 1996 und 1997) glaubt auch: «Charles wird gewiss noch konkurrenzfähiger werden, wenn er einen solchen Champion an seiner Seite hat. Lewis wird ihn zusätzlich motivieren. Das ist die Formel 1. Man muss nicht nur schnell sein, sondern auch stark, und ich bin überzeugt davon, dass Leclerc diesen Test gegen Hamilton bestehen wird.»