Lando Norris (McLaren/1.): «Verstappen-Druck extrem»

Lando Norris hat alles richtig gemacht
Was für eine grandiose Leistung des 25-jährigen Engländers Lando Norris beim Formel-1-WM-Start 2025 in Melbourne: Der McLaren-Pilot erringt in einem turbulenten Grand Prix seinen fünften Sieg in der Königsklasse, seinen ersten auf dem Albert Park Circuit und gleichzeitig seine 27. Podestplatzierung in der Formel 1 – gleich viele wie Firmengründer Bruce McLaren.
In einem atemberaubenden WM-Lauf zeigt der Brite seine ganze Klasse und kreuzt als Erster die Ziellinie, vor dem drängelnden Max Verstappen (Red Bull Racing) und George Russell (Mercedes), der von einem Dreher von Oscar Piastri profitierte. Viele hatten Norris auf ihrer Rechnung, aber bei einem solch schwierigen Grand Prix wie hier kann eben alles passieren, und so ist Norris erleichtert.
Lando, erstmals Formel-1-WM-Leader, am Funk: «Uff, da war ganz schön Druck auf dem Kessel. Wir haben viel Glück gehabt mit dem Ausflug und dem Timing der Reifenwechsel. Ein Saisonbeginn nach Mass, Danke ans ganze Team.»
190. GP-Sieg für McLaren, der zwölfte für den zweitältesten GP-Rennstall in Australien, der erste im Albert-Park seit Jenson Button 2012.
Max Verstappen war der Erste, der Norris im Parc fermé zum Sieg gratulierte, dann sagte Sieger Lando: «Puh, was war ziemlich stressig. Max machte am Ende gewaltig Dampf, ich musste alles geben, um vorne zu bleiben. Das ist ein fantastischer Start in die Saison.»
«Alles hing am Seidenfaden. Ich war im Kies, der Wagen wurde leicht beschädigt, das waren ganz tückische Verhältnisse. Aber im Gegensatz zu Silverstone und Montreal 2024, als wir bei vergleichbaren Verhältnissen eben zu viele Fehler gemacht haben, hat dieses Mal alles geklappt. Ich könnte nicht glücklicher sein.»
«Es gab nie einen Moment im Rennen, in welchem ich es mir erlauben konnte, einmal tief durchzuatmen. Zunächst der Druck von Oscar Piastri, später von Max. Aber ich konnte dem allem widerstehen, und darauf bin ich stolz.»
«Ich hatte heute einen prima Rennwagen von McLaren. Aber es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte den Sieg verloren. Denn ich machte kurz vor Schluss einen Fehler in Kurve 6, sofort war Max dran. Er deutete dann ein paar Mal eine Attacke an, ich musste etwas mehr in die Rückspiegel gucken als es mir lieb war.»
«Der Sieg und die WM-Führung machen Mumm für die kommenden Rennen. Es ist nicht einfach, an einem solchen Wochenende alles auf die Reihe zu bekommen, aber wir haben es geschafft. Max und Oscar sind extrem hungrig, aber das bin ich auch. Ich weiss, wa sich kann, und ich konnte das heute zeigen. So darf es in China weitergehen.»
So lief der Australien-GP
Seit Tagen hatten die australischen Meteorologen davor gewarnt, dass es in der Millionenstadt Melbourne zu einem Wetterumsturz kommen würde, und am Sonntag war es wirklich so – Regen, Gischt, 15 Grad, Piste nur 18 Grad warm, sehr tückische Verhältnisse, Chance auf weitere Niederschläge im Grand Prix allerdings bei 40 Prozent, Luftfeuchtigkeit bei 81 Prozent.
Die Racing Bulls und Haas beschlossen: Liam Lawson (18. in der Quali) und Oliver Bearman (20.) starten aus der Boxengasse. Das gab den Teams die Möglichkeit, die Abstimmung für die nasse Bahn zu optimieren, bei Lawson zum Beispiel mit einem steiler gestellten Heckflügel. Zu verlieren hatten der Neuseeländer und der Engländer ohnehin nichts.
GP-Neuling Isack Hadjar entglitt während der Aufwärmrunde in Kurve 2 das Auto aus der Kontrolle – Einschlag in die Pistenbegrenzung, Heckflügel schräg geschlagen, Startprozedere abgebrochen. Der Pariser, in der Quali als Elfter bester Rookie, weinte bittere Tränen und wurde bei seiner Rückkehr ins Fahrerlager von Lewis Hamiltons Vater Anthony getröstet.
Alle restlichen 19 Fahrer auf den grün markierten Intermediate-Reifen von Pirelli, als es um 15.15 Uhr Lokalzeit auf die zweite Aufwärmrunde ging. Den besten Start erwischte Lando Norris von Pole, gefolgt von Piastri und Verstappen, aber Max krallte sich sofort Piastri und rückte auf P2.
Dann Safety-Car, erster Einsatz des Deutschen Bernd Mayländer: Crash von Jack Doohan auf dem Weg zu Kurve 6, kollektives Aufstöhnen bei seinen australischen Landsleuten auf den Tribünen. Alpine-Fahrer Doohan hatte auf der rutschigen Bahn zu viel Gas gegeben, Anfängerfehler.
Reihenfolge der Top-Ten: Norris, Verstappen, Piastri, Russell, Leclerc schon auf P5, Tsunoda, Albon, Hamilton, Gasly und Alonso, der erfahrene Hülkenberg schon auf P12.
Dann auch Carlos Sainz neben der Bahn: Dem vierfachen GP-Sieger schmierte der Williams-Rennwagen in der letzten Kurve aus der Kontrolle. Der Madrilene wurde von einem unsauberen Schaltmanöver brutal erwischt.
Das Problem der Fahrer: schmierige Bahn, kombiniert mit tiefen Reifentemperaturen, glitschige Stellen auf den zahlreichen weissen Linien.
Bernd Mayländer führte das Feld mehrfach durch die Boxengasse, damit die Streckenposten den gestrandeten Williams in der letzten Runde gefahrfrei zur Seite schaffen konnten.
Zu Beginn der achten Runde wurde das Feld freigegeben, Norris vor Verstappen vor Piastri. Bei viel Wind begann die Bahn abzutrocknen. Die Fahrer suchten schon nasse Stellen, um ihre Intermediate-Reifen zu kühlen.
Die Rennleitung gab in Runde 12 den Gebrauch des verstellbaren Heckflügels frei, das nützte GP-Neuling Antonelli, um an Hülkenberg vorbeizugehen, im Kampf um P12. Piastri erhöhte den Druck auf Verstappen. In Runde 16 begann es zu nieseln.
Dann leistete sich der 18-jährige Antonelli einen Dreher (ohne anzuschlagen), Hülki daher wieder Zwölfter.
In Runde 17 rutschte Verstappen mit blockierten Rädern geradeaus (Max am Funk: «Meine Reifen sind tot»), Piastri sagte Dankeschön und rückte auf Platz 2 hoch, zwei McLaren vorne. Antonelli ging erneut an Sauber-Fahrer Hülkenberg vorbei. Dann kaufte sich der italienische Teenager auch Aston Martin-Fahrer Lance Stroll, Antonelli neu Elfter.
Die McLaren setzten sich leichtfüssig ab, Verstappen solide Dritter, alle Fahrer kämpften mit abbauenden Intermediate-Walzen.
Stand nach 28 Runden: Norris, Piastri, Verstappen, Russell, Leclerc, Tsunoda, Albon, Gasly, Alonso, Antonelli auf P11, Hülkenberg auf P13.
Piastri machte Druck auf Leader Norris, McLaren bat am Funk um Positionen halten, aber nur während Hinterbänkler überrundet werden, der junge Oscar witterte aber die Chance, die Führung zu übernehmen. Die beiden McLaren inzwischen 16 Sekunden vor Verstappen.
Wegen eines kleinen Fehlers in Kurve 6 (leicht im Kies) rutschte Piastri zurück, Abstand in Runde 33 von Norris zu Piastri bei 2,5 Sekunden. Die McLaren-Fahrer erhielten die Anweisung, dass sie frei fahren dürfen.
In Runde 34 rutschte Aston Martin-Star Fernando Alonso in die Mauer, der Spanier zu gierig auf dem Randstein und leicht im Kies – in den Boxen machten die Teams sofort Trockenreifen bereit, während es erneut eine Safety Car-Phase gab. Die ersten fünf Piloten blieben draussen, dahinter kamen Tsunoda, Albon, Hamilton, Gasly und Antonelli für Trockenreifen an die Box.
Erst eine Runde später dann die ersten Drei Norris, Piastri und Verstappen. Die McLaren-Fahrer erhielten harte Pirelli-Reifen, Red Bull Racing entschied sich bei Max für mittelhart. Währenddessen rückte eine dunkle Wolkenwand heran.
Am Ende von Runde 41 wurde das Feld wieder freigegeben, aber Regen nahte, das ganze Feld nun auf Trockenreifen.
In Runde 44 war der Regen da, beide McLaren rutschten von der Bahn, Norris tauchte an die Box, Piastri strandete zunächst im Gras, Verstappen führte! Piastri schaffte es, sich aus dem Gras in der zweitletzten Kurve zu befreien und holte ebenfalls Intermediate-Reifen ab.
Alles auf den Kopf gestellt: Verstappen nun 9 Sekunden vor Hamilton, dann Gasly, Tsunoda und Leclerc, alle auf Trockenreifen, aber der Regen nahm zu, RBR holte den Champion an die Box.
Die Ferrari blieben auf Slicks draussen, Verstappen kam auf P5 auf die Bahn zurück.
Dann Unfall von RBR-Fahrer Liam Lawson in Kurve 2, auch Gabriel Bortoleto neben der Bahn, wieder Safety-Car. Ferrari holte Hamilton und Leclerc herein, Charles zuvor mit einem Dreher. Das Risiko, den Engländer und den Monegassen bei Regen mit Trockenreifen draussen zu lassen, bezahlte sich nicht aus.
Neue Reihenfolge: Norris, Verstappen, Russell, Albon, Antonelli, Stroll, Hülkenberg, Gasly, die Ferrari von Hamilton und Leclerc nur noch auf den Rängen 9 und 10 – mamma mia. Oscar Piastri nur noch auf Rang 13.
Freie Fahrt für die Piloten am Ende von Runde 51, die Sonne blinzelte durch die Wolken, alle Fahrer aber auf Intermediates: Norris macht beim Re-Start alles richtig, Verstappen hatte einen üblen Quersteher, konnte den Wagen aber abfangen. Weiter hinten ging Leclerc knallhart an Hamilton vorbei.
Gasly leistete sich einen Fehler, beide Ferrari gingen vorbei, Leclerc nun auf P8, Hamilton auf P9. Dann verlor Alpine-Fahrer Gasly Rang 10 an Piastri.
Norris zum Schluss unter extremem Druck von Verstappen, aber der Engländer behielt die Nerven – fünfter GP-Sieg!
Australien-GP, Albert Park Circuit Melbourne
01. Lando Norris (GB), McLaren, 1:42:06,304 h
02. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, +0,895 sec
03. George Russell (GB), Mercedes, +8,481
04. Alex Albon (T), Williams, +12,773
05. Kimi Antonelli (I), Mercedes, +15,135
06. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, +17,413
07. Nico Hülkenberg (D), Sauber, +18,423
08. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +19,826
09. Oscar Piastri (AUS), McLaren, +20,448
10. Lewis Hamilton (GB), Ferrari, +22,473
11. Pierre Gasly (F), Alpine, +26,502
12. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls, +29,884
13. Esteban Ocon (F), Haas, +33,161
14. Oliver Bearman (GB), Haas, +40,351
Out
Liam Lawson (NZ), Red Bull Racing, Unfall
Gabriel Bortoleto (BR), Sauber, Unfall
Fernando Alonso (E), Aston Martin, Unfall
Carlos Sainz (E), Williams, Unfall
Jack Doohan (AUS), Alpine, Unfall
Isack Hadjar (F), Racing Bulls, Unfall
WM-Stand (nach 1 von 24 Grands Prix)
Fahrer
01. Norris 25 Punkte
02. Verstappen 18
03. Russell 15
04. Albon 12
05. Antonelli 10
06. Stroll 8
07. Hülkenberg 6
08. Leclerc 4
09. Piastri 2
10. Hamilton 1
11. Gasly 0
12. Tsunoda 0
13. Ocon 0
14. Bearman 0
15. Lawson 0
16. Bortoleto 0
17. Alonso 0
18. Sainz 0
19. Doohan 0
20. Handjar 0
Konstrukteurspokal
01. McLaren 27 Punkte
02. Mercedes 25
03. Red Bull Racing 18
04. Williams 12
05. Aston Martin 8
06. Sauber 6
07. Ferrari 5
08. Alpine 0
09. Racing Bulls 0
10. Haas 0