Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Sebastian Vettel: Mit 25 schon einsame Spitze

Von Peter Hesseler
Vettel kennt sich mit Schampus schon aus

Vettel kennt sich mit Schampus schon aus

Weltmeister-Serie Teil 1: Der Aufstieg des dreimaligen Champions – wie er loslegte, wie er lernte, wie er tickt.

Sebastian Vettel im Club der Grossen. 25 Jahre jung – und mit drei WM-Titeln dekoriert. 101 GP-Starts, 26 Siege, 36 Pole-Positionen.

Der derzeitige Dominator der Formel 1.

«Es ist alles so schnell gegangen», sagt Vettel. «Ich weiss ja noch, wie alles begann, 2007 in Indianapolis. Das war der wichtigste Moment meiner Karriere.»

Damals sprang er bei BMW-Sauber als Ersatzfahrer für Robert Kubica ein, der nach seinem Horrorcrash von Montreal ersetzt werden musste. Vettels Debüt war beschlossen, und der Neuling fuhr als Achter einen Punkt ein. Es mag schon eindrucksvollere Debüts in der Formel 1 gegeben haben, aber selten eine effizientere Fortsetzung. Denn nur fünfeinhalb Jahre nach seinem Debüt ist Vettel schon einer der ganz Grossen. Aufgenommen in die Loge der Dreifach-Weltmeister. Wer hier ankommt, hat schon dicke Luft zerteilt. Hier oben wird sie dünner. Bis zu diesem Punkt sind bisher nur unsterblich klingende Namen vorgedrungen: Juan Manuel Fangio, Jack Brabham, Jackie Stewart, Niki Lauda, Nelson Piquet, Alain Prost, Ayrton Senna, Michael Schumacher.

Aber keiner dieser Heroen hatte auf Anhieb drei Mal in Serie triumphiert – Vettel gelang es. Der hat sich auch nach Siegen (26) schon in die feine Gesellschaft eingeschlichen, Niki Lauda und Jim Clark (beide 25) und Juan Manuel Fangio (24) überholt. Als nächstes sind Jackie Stewart (27) und Nigel Mansell (31) an der Reihe. «Willkommen im Club», rief Dreifach-Weltmeister Nelson Piquet sofort nach Vollendung des dritten Meisterstücks vor vier Wochen in Interlagos in Richtung Vettel aus. Aber der deutsche Emporkömmling redet schon vom vierten Streich. «Ich würde mit meinem Team nächstes Jahr gerne genauso erfolgreich abschneiden wie in diesem – und den beiden vorangegangenen», sagt der Red-Bull-Renault-Pilot.

An Ehrgeiz mangelt es also keineswegs: Er strebt nach Titel Nummer 4. Und alle fragen sich: Kann dieser Vettel sogar Schumis Rekorde brechen. Kann er sieben Mal Weltmeister werden? Sein Entdecker Gerhard Berger winkt ab: «Er ist doch längst dabei.»

Wir sehen Vettel noch als Pimpf vor uns, 2005 als Fahrer von Mücke Motorsport in der Formel-3-Euroserie. Mit Zahnspange. Ein kleiner, schmächtiger, zäher Nager. Und immer die Klappe geöffnet – meistens zum Lächeln. Im Auto: grundsätzlich vorne. In der Karriere: Immer schnell weiter. Eine Saison GP2? Bloss nicht. Lieber ratz-fatz in die Formel 1.

Kaum drin, fährt er 2006 auf Anhieb rekordverdächtig, aber vorerst nur freitagmorgens – als Ersatzfahrer für BMW-Sauber. Kaum Formel-1-Stammfahrer (ab Mitte 2007), schon der erste Sieg (2008 mit Toro Rosso in Monza). Mit 21 Lenzen. Der Junge kann nicht anders.

Hier müssen wir innehalten. Denn dieser Erfolg ist bis heute unterbewertet. Bis dahin konnte man im Toro Rosso, der noch ein halber Minardi war, nur dann gewinnen, wenn der überwiegende Rest des Feldes disqualifiziert worden wäre. Vettelchen schaffte es «fair and square», wie der Brite sagt. Und die gesamte Magie, die aus dieser Grosstat hervorschien, strömte aus dem Cockpit. «Eier», sagte er hinterher knapp als Begründung. Und seine Hände hielten dabei jeweils einen imaginären Fussball auf der Handfläche.

Pardon, dieser Jargon ist verboten, seit Vettel auf dem Podest von Abu Dhabi das F-Wort über das Mikrofon verbreitete. Aber wir bleiben – resistent gegen Verbands-Gängelungen jeglicher Art – beim Hühnergelege und stellen fest: Es muss schon etwas mehr sein als Testosteron, was diesen jungen Mann antreibt. Er kann fahren. Und wie er seinen Gegnern in schnelleren Autos, zum Beispiel damals schon in Hockenheim in einem deutlich unterlegen Auto, das Leben schwer macht, zeigt früh: Er kann besonders gut vor anderen fahren.

«Schnell sein», sagt Timo Glock, «das ist keine Kunst, aber schnell vorne fahren und zu bleiben, das ist eine ganz andere Übung. Denn dort musst du unter mordsmässigem Druck schnell fahren und darfst dabei keine Fehler machen, sonst siehst du besonders dumm aus.»

Mit diesem Druck scheint Sebastian extrem gut umgehen zu können. Das sollte ihm später als Makel ausgelegt werden. Besonders auf der britischen Insel bildete sich bald das Vorurteil: Vettel kann nur von vorne gewinnen. Es ist natürlich anders, wie Vettel vielfach bewiesen hat. Zuletzt im Finale von Brasilien mit seiner Fahrt vom letzten auf den sechsten Platz – bei abenteuerlichen äusseren Bedingungen.

Und selbst wenn die britischen Erfinder des Motorsport-Journalismus Recht hätten: Andere können nicht Mal vorne fahren. Wieder andere nicht vorne bleiben. Und dann gibt es die gewaltige Zahl derer, die gar nicht erst vorne hingelangen.

Wir sehen aber auch am Beispiel Vettel: Aus Eiern allein wird noch lange kein Omelett, denn Mumm haben die Fahrer heute alle. Auch an Selbstvertrauen mangelt es dem Kerlchen nicht, wie schon Ende 2008 der sofortige Wechsel ins Toro-Rosso-Mutterschiff Red Bull Racing belegt. Kaum im Spitzenteam angelangt, fallen die Siege wie reife Pflaumen. Vettel gewinnt 2009 vier Grands Prix. Er wird Zweiter der Gesamtwertung. In Vettels Fall bedeutet das nur: Wir haben zuerst den Schweif gesehen, der Komet sollte noch folgen.

Aber was macht der Heppenheimer? Er ärgert sich. «Wenn ich mich nicht ärgern würde über einen verpassten WM-Titel, wäre ich der falsche Mann am falschen Platz», sagt er. Er will mehr. Und er holt sich mehr.

Wie, das lesen Sie hier morgen im zweiten Teil unserer Weltmeister-Serie…

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