Formel 1: «Dumme Regel half Verstappen»

Christian Horner: «Wir loten die Grenzen aus»

Von Günther Wiesinger
Christian Horner: «Unser gutes Recht»

Christian Horner: «Unser gutes Recht»

Red-Bull-Teamchef Horner über langfristigen Erfolg, Meister Adrian Newey und die Gefahr von Selbstzufriedenheit.

Als Teamprinzipal von Red Bull Racing trägt Christian Horner die Verantwortung für die drei Weltmeistertitel hintereinander von Sebastian Vettel. Der 39-jährige Engländer war selbst Rennfahrer; seine Motorsportkarriere begann 1994 mit Fortec in der britischen Formel 3. Das folgende Jahr verbrachte er bei ADR. 1996 wechselte er zum TOM’s Team, wo er auch in der britischen Formel 2 fuhr. 1997 gründete Horner das Arden-Formel-3000-Team. Zwei Jahre später – mit 25 Jahren – konzentrierte er sich auf die Aufgabe des Teambesitzers. 2004 gewann er mit Vitantonio Liuzzi und Robert Doornbos in der Formel 3000 die Fahrer- und Teamwertung, Red Bull war inzwischen Hauptsponsor. Als Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz für 2005 das Jaguar-Team kaufte, verpflichtete er den zielstrebigen Horner als Teamchef, der heute noch Besitzer des GP2-Teams Arden International ist. Wir haben uns mit Horner über die Geheimnisse von langfristigem Erfolg unterhalten.

Christian Horner, drei WM-Titelgewinne in Serie, dazu 28 Formel-1-GP-Siege in drei Jahren: Wie hält man bei so viel Erfolg den Biss und die Motivation aufrecht?
Jeder, der bei uns arbeitet, will die beiden Trophäen für die Fahrer und Konstrukteurs-WM weiter in der Rezeption unseres Hauptquartiers in Milton Keynes behalten. Ich denke, die Menschen haben Freude, in diesem Team mitzuwirken, sie fühlen sich als Teil davon. Deshalb geniessen wir einen guten Teamgeist und das starke Verlangen, das Erreichte zu erhalten und weitere Siege einzufahren.

Wenn man diesen Teamgeist zu den langjährigen Vereinbarungen dazuzählt, die wir mit unseren Partnern und Sponsoren haben, ermöglicht uns diese Situation eine sehr stabile Grundlage, auf der wir auch in Zukunft aufbauen können. Das hilft uns, weiter Druck zu machen und uns weiter anzustrengen.

Für einen Freigeist wie Adrian Newey: Sind für ihn stabile, strenge Reglements von Vorteil, weil neue Ideen belohnt werden? Oder stellen sie eher ein Gefängnis dar, weil man wenig technischen Spielraum entwickeln kann?
Ich glaube, Adrian wäre es immer lieber, wenn die Vorschriften mehr Spielraum eröffnen würden. Aber so ist dieser Sport! Also werden er und sein Team das tun, was die augenblicklichen Reglements erlauben. Da die Vorschriften seit 2009 stabil sind, wird es immer schwieriger, den Stein der Weisen zu finden. Aber das ist die ewige Herausforderung der Formel 1.

Wie wird bei Red Bull Racing die Arbeitslast im Technikteam zwischen dem 2013er-Auto und der neuen Ära mit der Entwicklung des 1,6-Liter-V6-Turbo-Autos für 2014 aufgeteilt?
Wie wir die Manpower-Ressourcen für 2013 und nächste Saison aufteilen, bedarf sorgfältiger Überlegungen. Wir müssen das sorgfältig abwiegen. Unsere Abteilungsleiter müssen sich momentan auf zwei Bereiche konzentrieren: 2014 im Auge behalten, ohne die Anstrengungen für 2013 zu vernachlässigen.

Ich bin überzeugt, jedes Team wird diese Aufgaben unterschiedlich handhaben. Das wird vielleicht davon abhängen, wie ihre 2013-Kampagne verläuft.

Die Teams, die sich in dieser Saison gute Chance ausrechnen, werden unaufhörlich am 2013-Auto arbeiten und Druck ausüben. Jene, deren Zukunft gesichert ist, die aber nicht in den aktuellen Titelkampf involviert sind, werden vielleicht ihre Bemühungen für 2014 schon früher bündeln.

Was ist die teuerste Lektion, die Red Bull Racing 2012 gelernt hat, welche die Truppe aber für 2013 weiter nach vorne bringt, die euch noch besser macht?
Selbst wenn wir sehr gute Wochenenden – und sehr gute Jahre – hatten, sind wir uns bewusst, dass es immer Bereiche gibt, in denen man sich steigern kann. Unsere Arbeitsweise ist offen und transparent. Wir konzentrieren uns darauf, ein Formel-1-Team zu sein – auf sonst nichts.

Unser Fokus ist sehr geradlinig auf den Rennsport ausgerichtet und darauf, aus uns selbst das Maximum herauszuholen.

In welchen Bereichen muss oder kann sich Red Bull Racing noch verbessern? Muss irgendwo mehr Personal angeheuert werden?
Wir können immer in allen Bereichen besser werden. Sobald du dir einbildest, du erledigst deine Aufgabe so gut wie möglich, bedeutet das, das ist vielleicht nicht der Fall. Selbstzufriedenheit kann sich dann breit machen. Dieses Gefühl kommt in der Formel 1 nicht gut an.

Deshalb unternehmen wir ständig alles, um besser zu werden.

Mark Webbers Renningenieur Ciaron Pilbeam hat zu Lotus gewechselt. Er wird durch Simon Rennie ersetzt, der von Lotus kommt. Gibt es darüber hinaus weitere personelle Veränderungen, die sichtbar werden? Ist Rob Marshall weiter Chefdesigner? Fungiert Peter Prodromou weiter als Aerodynamik-Chef? Bleibt Guillaume «Roc» Rocquelin Race-Engineer von Sebastian Vettel?
Wir haben das Glück, in unsere Gruppe Kontinuität beibehalten zu können. Wir gehen jetzt mit dieser Fahrerpaarung in die fünfte Saison. Und wir haben diese Kontinuität auch in allen Technik-Teams und in allen Schlüsselpositionen.

Red Bull Racing wurde mehrmals nachgesagt, man nütze manche Grauzonen des technischen Reglements sehr rigoros und geschickt aus. Siehst du diese Vorwürfe als Beleidigung– oder betrachtest du sie als Kompliment?
Wir arbeiten in der Formel 1. Hier geht es darum, Grenzen auszuloten, und zwar bis zum Äussersten. Das ist das ganze Wesen dieses Sports; darum wetteifern alle Teams. Und das ist ihr gutes Recht.

Die Vorschriften legen fest, was wir tun dürfen und was nicht. In der Formel 1 kommt es darauf an, wer die gerade noch erlaubten Dinge am besten durchschaut und sie bis zum Limit ausnützt.

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