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Emerson Fittipaldi: «Clay war eben Clay»

Von Petra Wiesmayer
Rivalen der Rennstrecke: Fittipaldi und Regazzoni

Rivalen der Rennstrecke: Fittipaldi und Regazzoni

In seiner zweiten Kolumne für McLaren erinnert sich Emerson Fittipaldi an seinem Kampf um die Weltmeisterschaft 1974.

Die Saison 1974 war eine der am heißest umkämpften der Formel-1-Geschichte. Gleich vier Teams, McLaren, Brabham, Tyrrell und Ferrari waren Titelkandidaten und auch zwei Rennen vor Saisonende war noch alles offen. Jody Scheckter im Tyrell, Fittipaldi im McLaren und auch Clay Regazzoni im Ferrari hatten alle die Chance, die WM-Krone zu holen.

«Als wir zu den letzten beiden Rennen nach Nordamerika flogen hatte ich das Gefühl, dass ich die WM immer noch gewinnen konnte, aber Clay und Jody waren bedrohlich nahe dran», schreibt Fittipaldi und beschreibt seinen Rivalen Regazzoni als «tollen Typ abseits der Strecke, aber sobald er sein Visier schloss, veränderte er sich. Er war ein unglaublich aggressiver Fahrer und gab keinen Zentimeter nach.»

Heutzutage sei das nicht so ungewöhnlich, fährt der Brasilianer fort, «da Rennfahren so viel sicherer ist als vor gut 40 Jahren, aber in den 1970er Jahren war es ungewöhnlich. Neben Jody, Niki, Ronnie und Carlos – um die anderen Hauptpersonen im Kampf um die WM 1974 zu nennen – fühlte man sich wohl, wenn man Rad-an-Rad-Duelle fuhr. Bei Clay war das nicht der Fall.»

Beim letzten Rennen in Watkins Glen stand der Schweizer dann auch noch genau hinter Fittipaldi in der Startaufstellung. «Ich machte mir Sorgen», beschreibt Fittipaldi die Nacht vor dem Grand Prix der USA 1974. «Ich glaube, ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie so viel Druck verspürt habe, als ich schlaflos in meinem Hotelzimmer lag. Ich fühlte auch die Verantwortung. Die McLaren-Jungs hatten das ganze Jahr lang so hart gearbeitet und jetzt lag das erstrebte Ziel in Reichweite: ihre erste Formel-1-Weltmeisterschaft. Ich musste einfach gewinnen. Aber mein Auto fühlte sich nicht so gut an und konnte einfach nicht schlafen.»

Am Start kam der Ferrari besser weg und ging vor Fittipaldi in die erste Kurve, der konnte sich aber gleich danach in den Windschatten seines Rivalen hängen. «Als wir beide die lange Gerade auf Kurve 2 zufuhren, eine weitere 90-Grad-Kurve, kam die Nasenspitze meines McLaren immer näher an das Getriebe von Clays Ferrari und ich erinnere mich, dass ich dachte ‹ich glaube, da kann ich ihn kriegen und wenn ich das schaffe, dann werde ich Weltmeister.› Aber Clay war eben Clay. Er war nicht wie wir anderen», beschreibt der 66-Jährige den Ferrari-Piloten.

«Wir sagten über Clays Ferrari oft, es sei ‹das breiteste Auto in der Formel 1› und das kam daher, dass er über die gesamte Streckenbreite hin und her fuhr, nur damit man nicht vorbei kam», erinnert sich Fittipaldi. In Kurve 2 gelang es ihm dann doch, den Schweizer zu überlisten und sich nach einem Täuschungsmanöver innen neben ihn zu setzen.

«Aber wie gesagt, Clay war Clay. Er zog nach rechts, obwohl ich schon fast gleichauf mit ihm war und ich hatte keine Wahl und musste das gleiche tun. Ich war schon ganz außen auf der Strecke, aber Clay kam immer näher und ich musste noch weiter nach rechts, mit zwei Rädern auf das Gras», erzählt Fittipaldi weiter. «Ich sah hinüber und er tat das gleiche. Ich hatte keinerlei Absicht, klein beizugeben und ich glaube, das verstand er. Als wir beide bremsten zog er ganz leicht nach links um einen Unfall zu vermeiden und ich ging innen an ihm vorbei. Ich kam gut aus der Kurve raus und fuhr weg.»

Am Ende wurde Emerson Fittipaldi Vierter, Regazzoni fiel auf Rang 11 zurück. «Jody kam nicht ins Ziel. Ich war Weltmeister – meine zweite Meisterschaft und die erste für McLaren. Das war einer der besten Tage meines Lebens. Als ich auf dem Podium den Champagner versprühte und dann die Interviews nach dem Rennen gab, spielte ich mit dem Gedanken, etwas über Clays Taktiken zu sagen, die wirklich gefährlich waren. Anders kann man es nicht beschreiben. Aber ich entschied mich dagegen. Immerhin hatte ich gerade die WM gewonnen. Ich hatte auf der Strecke alles gesagt, was zu sagen war.»

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