F1: Kann eine Frau die Männerdomäne aufmischen?
Dancia Patrick ist die First Lady des Rennsports
Ich sollte diesen Artikel mit den Worten beginnen, dass ich sehr gerne eine Frau in der Formel 1 sehen würde. Das wäre fantastisch für den Sport. Es würde die Tür für riesige neue Fangruppen öffnen. Danica Patrick zeigte bereits den Effekt, als sie dieses Jahr bei den Daytona 500 auf die Pole und um den Sieg fuhr. Die Zuschauerzahlen schossen in die Höhe.
In den 25 Jahren, in denen ich über den Grand-Prix-Sport berichte, gab es nur eine Frau, die versuchte, sich für einen Grand Prix zu qualifizieren. Das war 1992 – vor mehr als 20 Jahren – als die Italienerin Giovanna Amati versuchte, sich zu etablieren. Sie hatte aber nicht wirklich die Erfahrung, die nötig gewesen wäre. Sie hatte eine Chance und ergriff sie. Jeder Rennfahrer hätte das Gleiche getan. Es ist nicht leicht, in die Formel 1 zu kommen. Vielleicht hätte sie sich verbessert, wenn sie etwas mehr Zeit gehabt hätte. Das kann man nicht sagen. Damon Hill, der sie bei Brabham ersetzte, überzeugte mehr. Man muss aber sagen, dass er als Williams-Testfahrer vor seinem Debüt viele Kilometer mehr gefahren war. Amati hatte nur 30 Runden in einem Benetton.
In Südafrika lag sie 3,9 Sekunden hinter ihrem Brabham-Teamkollegen Eric Van der Poele. In Mexiko nur noch 2,8 aber, da ihre Sponsorengelder nicht angekommen waren, stand sie in Brasilien unter Druck und der Rückstand vergrößerte sich auf 4,8 Sekunden. Danach wurde sie gefeuert. Hill kam in Spanien dazu und war nur 0,88 Sekunden langsamer als Van der Poele und in San Mario schlug er den Belgier im Qualifying. Danach waren beide ziemlich gleich schnell.
Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann war Lella Lombardi im Qualifying oft ebenso weit hinter ihrem Teamkollegen, als sie 1970 bei March F1 fuhr. Sie ist als erste Frau in die Geschichte eingegangen, die es in einem WM-Rennen unter die ersten Sechs schaffte. Das war beim alles andere als normalen Grand Prix von Spanien 1975, als sich einige Autos zurückzogen, weil die Barrieren nicht sicher waren und es eine Reihe von Unfällen gab, die darin gipfelten, dass Rolf Stommelens Hill über die Absperrungen flog und einige Zuschauer tötete und der Fahrer sich verletzte. Das Rennen wurde abgebrochen und es gab halbe Punkte.
Ich hatte das Glück, später in ihrer Karriere über Lella Lombardi zu berichten, als sie in der Europäischen Tourenwagenmeisterschaft Alfa Romeo GTV6 fuhr und ich hatte nie das Gefühl, dass ihre Rundenzeiten sich von denen ihrer Kollegen unterschieden. Zugegeben, die Qualität der Fahrer war nicht so hoch, aber sie schien nicht fehl am Platz zu sein.
Das Problem bei Frauen im Rennsport ist, dass sie einen riesigen Vorteil haben, Sponsoren zu finden, sobald sie auch nur annähernd konkurrenzfähig sind. Das ist ebenso unfair wie, dass Männer glauben, dass sie nicht gut genug sind, um im Grand-Prix-Sport zu fahren. Sexismus ist ein zweischneidiges Schwert.
Es wäre zum Beispiel falsch, dass ein Formel-1-Team KEINE Frau testen lässt, die die Britische Formel 3 Meisterschaft oder in der GP2 oder der Renault World Series ein Rennen gewonnen hat. Andererseits, ist es nicht diskriminierend, eine Frau testen zu lassen, die nur zwei siebte Plätze in der DTM oder einen siebten Platz in der Superleague Formula zu Buche stehen hat?
Würden Teams sich nach einem Mann mit derartigen Qualifikationen überhaupt umsehen?
Nein, er würde nicht einmal durch die Tür kommen...
«Kann es eine Frau in die Formel 1 schaffen?» sinnierte Michèle Mouton, Vorsitzende der FIA-Frauen in der Motorsportkommission und eine großartige Rallye-Pilotin der frühen 1980er Jahre. «Sicher, wenn es das richtige Mädchen ist, mit den richtigen Fähigkeiten und den richtigen Möglichkeiten. Es ist aber Fakt, dass Frauen oft nicht die gleiche Chance mit einem Top-Auto bekommen; sie können nicht genügend testen. All das braucht man, aber ich bin sicher, dass ein Mädchen das kann. Das ist aber nicht die eigentliche Frage. Die große Frage ist, ob eine Frau in der Formel 1 gewinnen kann und da bin ich mir nicht so sicher. Männer und Frauen sind unterschiedlich. Wir sind unterschiedlich gebaut und ich glaube, dass der größte Unterschied bei den Emotionen und der Empfindsamkeit liegt. Ich hatte nie ein Problem damit, an einem 100 Meter tiefen Abgrund entlang zu fahren, aber auf einer Rennstrecke, wo man mit 300 km/h auf der Geraden fährt, da fühlt man sich leicht, mehr ausgesetzt, zumindest ging es mir so. Ich glaube, dass Frauen einen größeren Selbsterhaltungstrieb haben als Männer. Das ist ein Instinkt, der bei Frauen mehr ausgeprägt ist als bei Männern. Ich glaube, das ist ausschlaggebend, wenn es um diese letzte Hundertstel Sekunde geht. Eine Frau kann es auf die höchste Ebene schaffen, aber Männer machen es einfach. Vollgas, ich hoffe, dass ich mit meiner Analyse falsch liege und, dass es nicht wirklich so ist, aber das glaube ich eben. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Rennen fahren auf einer Rennstrecke anders ist als Rallye-Fahren. Auf einer Strecke ist man in direkter Konfrontation mit den Männern und es besteht immer die Möglichkeit, dass sie dich eher abschießen als von einer Frau geschlagen zu werden!»
Ich erkenne es also durchaus an, dass Frauen in Overalls gut für ihr Team sind, um die Sponsoren anzulocken und einige sind wirklich gute Rennfahrerinnen, ich glaube aber nicht, dass es jemand hilft, irgendeinen Fahrer über sein Talent hinaus anzutreiben. Patrick hat bei den IndyCars und NASCARs bewiesen, dass sie konkurrenzfähig ist, auch wenn sie seit der Pole bei den Daytona 500 in diesem Jahr nichts Bemerkenswertes mehr vollbracht hat. Sie hat sich das Recht, die First Lady des Rennsports zu sein, verdient. Andere müssen das Gleiche tun.