Marc Surer: «Pirelli muss jetzt reagieren!»

Der Job des Formel-1-Experten ist nicht einfacher geworden. Die moderne Formel 1 ist reifendominiert, und das Wirrwarr von 82 Boxenbesuchen verzerren das Bild. Auch der frühere Grand-Prix-Pilot Marc Surer – heute in Diensten von Sky – beobachtet das mit Besorgnis.

Marc, wir hören das ganze Rennen über nur Funksprüche von Ingenieuren, die vor zu viel Reifenverschleiss warnen. Wir hören Fahrer, die über diese Reifen jammern. Die ganzen Rennen sind reifenbestimmt. Sind wir an einem kritischen Punkt angelangt?

Nein, ich glaube wir sind bereits über diesen Punkt hinaus. Ich habe schon zu Beginn des Jahres festgehalten: Pirelli hat es mit generell noch weicheren Reifen übertrieben. Grundsätzlich werden wir immer wieder Rennen haben, in welchen – sei dies wegen eines aggressiven Asphalts, sei dies wegen ungewöhnlichen Tempeaturen – ein besonders reifenbetontes Geschehen erleben. Ich kann nur hoffen, dass es nicht das ganze Jahr so weitergeht wie hier in Barcelona. Mich nervt das inzwischen. Ich will wieder einmal über die Autos reden, nicht immer nur über die Reifen.

Muss und kann Pirelli reagieren?

Sie müssten nur auf die Art reagieren, in dem sie bei der Reifenwahl auf die sichere Seite gehen. Also nicht mit den weichsten Mischungen daherkommen.

Aber hier in Barcelona waren ja die härtesten Mischungen im Einsatz.

Ja, aber dies ist auch die reifenfressendste Strecke.

Wenn ich frage, muss Pirelli reagieren, so hat das noch einen anderen Hintergrund: Auch im Rennen ist es wieder zu einer so genannten Delmanination gekommen, wenn sich also die Lauffläche vom Reifen löst, dieses Mal traf es Jean-Eric Vergne.

Stimmt, und das ist für mich wesentlich gravierender als ein abbauender Reifen. Bis jetzt sind schon ein paar Mal Reifenstücke herumgeflogen, meist an Stellen, an welchen es keine Rolle spielte. Aber auch wegfliegende Laufflächenstücke könnten mal am Wagen eine gefährliche Beschädigung erzeugen. Das ist für mich ein Sicherheits-Risiko, da muss Pirelli auf alle Fälle etwas machen. Wenn im Tunnel von Monaco eine solche Delamination passiert, dann fährt ein Fahrer in die Mauer.

Was erwartest du für den kommenden Monaco-GP?

Ein schnelles Auto ist immer ein schnelles Auto. Ich glaube, Mercedes hat in Monte Carlo eine gute Chance, das Rennen zu gewinnen. Wer im Fürstentum von ganz vorne starten kann, der hat auch Siegesmöglichkeiten. Und auf den Strassenkurs ist der Abbau der Hinterreifen ein nicht so grosses Thema wie auf anderen Rennstrecken.