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Adrian Sutil: «Mentaltraining ist kein Hokuspokus»

Von Agnes Carlier
Adrian Sutil: Die siebte Saison in der Formel 1 soll die Beste werden

Adrian Sutil: Die siebte Saison in der Formel 1 soll die Beste werden

Im Kopf des Force-India-Fahrers Adrian Sutil: die philosophische Seite eines Formel-1-Rennfahrers.

Sieg von Nico Rosberg im Silberpfeil in Monaco, Reifen-Affäre um Mercedes und Pirelli – das waren die grossen zwei Geschichten aus Monte Carlo.

Dabei gingen jedoch einige feine andere Stories fast unter. Wie etwa Adrian Sutils bärenstarke Fahrt zu Rang 5. Vor einem der besten Rennen seiner Karriere hat sich der in der Schweiz lebende Gräfelfinger mit uns zusammengesetzt.

«Man muss immer an das Gute glauben», sagt der Force-India-Fahrer. «Nach dem guten Saisonstart in Australien (Sutil führte, am Ende wegen Reifenproblemen aber schlecht belohnter Siebter, A.C.) gab es vier Rennen, die wir ein wenig verpatzten, aus unterschiedlichen Gründen. Ich war aber immer davon überzeugt – früher oder später klappt es wieder. Für alles gab es eine Erklärung und eine Lösung. Und wenn dir einer wie in China ins Heck fährt, musst du auch nicht gross grübeln.»

Sutil widerlegte das ungeschriebene Gesetz, wonach man in Monaco nicht überholen könne. Das liegt nicht nur am Fahrer, auch am Fahrzeug.

«Der diesjährige Force India ist schlicht das beste Formel-1-Auto, das ich je gefahren bin. Wundervoll ausbalanciert, es lenkt knackig ein, sehr angenehm zu fahren.»

Keine Kerze in St. Devote

Eine Kerze in der Kirche von St. Devote hat Sutil vor seiner tollen Fahrt zu Platz 5 nicht angezündet. «Ich würde jetzt auch keinen gelben Pulli tragen, nur weil ich den mal bei einem guten Rennen an hatte. Klar habe auch ich meine kleinen Rituale, so steige ich immer von der gleichen Seite ins Auto ein. Aber das mache ich nur, damit ich ein gutes Gefühlt habe. Das kann auch ein Gummibärchen vor dem Start sein. Beim Thema Talisman hingegen denke ich: Sagen wir, ich hätte den bei einer guten Fahrt dabei. Dann müsste er mir ja ständig zu neuen guten Fahrten verhelfen. Nein, da ist mir das positive Denken lieber – Zwischenfälle gehören zum Sport, mir ist wichtig, dass ich jeweils verstehe, was vorgefallen ist, dann blicke ich vorwärts und schaue optimistisch aufs nächste Rennen. Wenn man daran glaubt, dann kommt der Erfolg auch. Vielleicht muss ich noch zwei Jahre daran arbeiten, aber er wird kommen.»

«Geduld ist wichtig, um Erfolg zu haben, man muss an sich glauben, dabei auch sich selber treu bleiben, seinen Stärken vertrauen. Dazu gehört auch mentales Training. Das ist kein Hokuspokus, das sind logische, klar erkennbare Dinge – vielleicht hin und wieder etwas, worauf du selber jetzt gerade nicht kommst, aber der Mental-Trainer. Und das sind Zusammenhänge, die weit über den Sport hinausgehen. Das ist schon eine Lebens-Philosophie. Was genau wir da machen, das werde ich jetzt aber nicht verraten ...»

Das neue Limit – aus Afrika oder Indien

Das Wort Grenze ist dabei ein dehnbarer Begriff. Adrian Sutil weiter: «Derzeit setzen wir 22 Formel-1-Fahrer die Grenze. Aber vielleicht gibt es da draussen jemanden, der diese Grenzen neu setzen wird, aus Afrika oder aus Indien, keine Ahnung. Vielleicht weiss er selber noch gar nicht, dass er das Limit frisch definieren wird. Aber dass Grenzen nicht für die Ewigkeit sind, das gehört zum Sport, auch zu unserem.»

Gesundes Selbstvertrauen ist eines, Selbstüberschätzung jedoch etwas anderes.

Adrian Sutil findet: «Wenn du dich grundsätzlich nur für die Grössten hältst, dann ist das der Anfang vom Ende. Denn an diesem Punkt kannst du ja aufhören, an dir zu arbeiten, du bist ja eh der Grösste. Damit beginnt der Abstieg. Jeder Mensch ist vollkommen, ein Rennfahrer auch nicht, daher muss auch ich mich überall noch verbessern. Vielleicht hat man erst als alter Mann die mentale Stärke, die man heute im Cockpit bräuchte. Je älter man wird, desto weiser wird man, leider macht da der Körper dann nicht so mit.»

«Ich bin überzeugt, man muss selbstkritisch durchs Leben gehen, nur dann verbessert man sich auch. Da schätze ich es auch, wenn jemand ehrlich mit mir ist. Das Gleiche gilt für das Leben im Fahrerlager, das ja nicht so anders ist als das wahre Leben draussen: Es gibt beispielsweise immer Menschen, die einen mögen und solche, die einen nicht so mögen. Das ist für mich in Ordnung. Mir ist lieber, einer sagt mir ins Gesicht, das er mit mir nichts anfangen kann, als dass er heuchelt.»

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