Sebastian Vettel: «Wieso rudern wir zurück?»
Schuhe schnüren für den Kanada-GP
Termin mit Sebastian Vettel in einem Schuhgeschäft von Geox in Hamburg. Der dreifache Formel-1-Champion zieht eine Zwischenbilanz.
Sebastian, du führst in der WM, auf dem Weg zum vierten Titel. Aber wo stehst du wirklich?
Der Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung ist noch sehr lang. Zugegeben, bislang lief es sehr gut, aber ich will noch nicht an den Titel denken, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass im Laufe einer Saison sehr viel passieren kann.
Worüber freust du dich?
Ich freue mich, dass wir noch keine Aus- oder Unfälle gehabt haben, der Zuverlässigkeit meines Autos stimmt ebenso wie der Speed. Aber nochmals: die letzten Jahre haben oft genug bewiesen, dass sich der eine oder andere Ausfall nicht vermeiden lässt, also weiss ich, was da auf mich zukommt. Es wird Rennen geben, in welchen es nicht gut für mich läuft. Darauf muss man mental vorbereitet sein.
Was sagst du zum ganzen Reifen-Wirrwarr?
Aus meiner Sicht ist da Vieles unerklärlich. Wir hatten in Monaco ein gutes Gespräch unter den Fahrern und dann auch mit dem Autoverband FIA, was die neuen Reifen angeht – weil die bisherigen einfach ein gewisses Sicherheitsrisiko bergen. Warum man jetzt wieder zurückrudert, verstehe ich nicht. Gerade auf einer Strecke in Kanada, mit den langen Geraden und den hohen Geschwindigkeiten, hätte es Sinn gemacht, im Gedanken an die Sicherheit mit den neuen Reifen zu fahren.
Du bist vor kurzem im Simulator gesessen, im Hinblick auf den kommenden Kanada-GP. Was genau macht man da eigentlich?
Man versucht einfach, gewisse Abstimmungen schon mal durchzuspielen. Der Simulator dient auch dazu, für eine bestimmte Strecke wie jetzt Montreal wieder ein Gespür für die Bahn zu bekommen, in einen gewissen Rhythmus zu gelangen.
Wir sind hier bei einem Termin für Schuhe. Was ist an einem Rennschuh wichtig?
Mehr als man denken könnte. Denn zum Schnellfahren muss nicht nur das Auto passen, man muss sich im Wagen auch wohlfühlen, und da gehört eben die richtige Ausrüstung dazu. Ich glaube, Geox und wir haben das im Laufe der vergangenen Jahre ganz gut hingekriegt. Es ist auch nicht so, dass ein Schuh wie der andere ist: In Monaco beispielsweise ist das Gefühl für die Bremse noch wichtiger als sonst, also habe ich einen eher weichen Schuh verwendet. In Kanada haben wir einige sehr harte Bremsmanöver aus hohen Geschwindigkeiten, da verwende etwas steiferes Schuhwerk, vor allem beim linken Fuss, mit dem wir ja bremsen. Es ist überdies daran zu denken – die Rennstiefel sind nicht fürs Gehen gedacht, wir sitzen oder eher liegen ja beim Arbeiten. Das Bremsen ist ganz anders als im Strassenauto, viel brutaler. Da muss der Schuh schon den nötigen Halt geben, gleichzeitig aber auch das richtige Gefühl. Sonst geht zu viel Belastung in den Fuss und sonst spürt man den Bremspunkt zu wenig.
Von welchen Werten sprechen wir beim Bremsen?
Wir haben einige Passagen, in welchen wir in Montreal von knapp 300 km/h auf 80 oder 90 verlangsamen. Die Piste ist nicht nur für die Bremsen eine der härtesten Bahnen, sondern auch für den linken Fuss. Was die Kilozahl angeht, so liegen wir bei Werten zwischen 180 und 200 Kilo.