Adrian Sutil: Misst die Rennleitung mit zwei Ellen?
Hoch das Bein – am Speed von Adrian Sutil hat es gewiss nicht gemangelt
Wieviel Pech erträgt ein Rennfahrer? Unglaublich, was in diesem Kanada-GP Adrian Sutil alles an Knüppeln zwischen die Beine geworfen wurde. Andere Formel-1-Piloten hätten nach dem Rennen geschimpft wie ein Rohrspatz. Adrian Sutil – nach seiner Auszeit in der Formel 1 als Mensch noch ruhiger und abgeklärter geworden – beschreibt das schon fast philosophisch als «grosses Abenteuer».
Abenteuer, Teil 1: Sutil will sich in Runde 6 am verhalten gestarteten Valtteri Bottas vorbeizwängen. Es ist zu diesem Zeitpunkt klar, dass der Williams (nicht der Fahrer, wohlgemerkt) eine rollende Schikane darstellt. Sutil: «Valtteri ist aus der zweiten Kurve nicht gut herausgekommen, also habe ich eine Chance gesehen. Ich habe mich an seine Innenseite gesetzt, leider geriet ich dabei an den Randstein.»
Ergebnis, Dreher, Rückfall auf Rang 13.
Ex-GP-Pilot Martin Brundle lobt: «Wie Adrian es geschafft hat, nirgends anzuschlagen, das hat mir Eindruck gemacht. Für manch anderen Piloten wäre das gewiss das Renn-Ende gewesen.»
Sutil selber bezeichnet das Malheur als «Rennzwischenfall. Zum Glück ist mir keiner in die Kiste gefahren wie ich so mitten auf der Bahn stand.»
Abenteuer, Teil 2: Durch den Rückfall ins Mittelfeld gerät Sutil in die Nähe des anderen Williams-Fahrers, Pastor Maldonado. Der vergisst in der Hitze des Gefechts seinens Bremspunkt und rattert Sutil in der Haarnadel ins Auto.
Das Team warnt den Deutschen: «Adrian, dein Heckflügel ist beschädigt.»
Abenteuer, Teil 3: Adrian kämpft weiter, hält den achten Platz gegen den aufsässigen Kimi Räikkönen. Zehn Runden vor Schluss nahen von hinten Hamilton und Alonso, der Zweit- und Drittplatzierte des Rennens. Sutil macht Platz.
Denoch erhält er kurz darauf von der Rennleitung eine Durchfahrtsstrafe – wegen Ignorierens der blauen Flagge (Hintermann überholen lassen!).
Martin Brundle: «Diese Strafe ist mir völlig unverständlich.»
Adrian Sutil auch: «Das hat mich schon etwas enttäuscht, schliesslich kämpfte ich ja selber gegen Räikkönen, also habe ich für die folgende Gerade gewartet, um die beiden passieren zu lassen.»
Die Ironie am Ganzen: Sutil selber ist im Kanada-GP mehrfach von Hinterbänklern aufgehalten worden. «Bei den Urteilen der Rennkommissare ist einfach keine Konstanz zu spüren», sagt er, und Sutil ist mit diesem Urteil nicht alleine. «Die Strafe hat mich sicher zwei Ränge gekostet.»
Pleiten, Pech und Pannen bedeuten, dass Adrians Stallgefährte Paul Di Resta mit 34:17 die doppelte Punkte-Ausbeute vorweisen kann. Aber Sutil weiss: «Mein Moment kommt. Unser Auto bleibt gut genug, um die grossen Teams zu ärgern.»